- Ziel: Zeitgerechte Bildungsangebote, um den digitalen und ökologischen Herausforderungen zu begegnen
- Vermehrt ältere Personen und Personen mit Migrationshintergrund am Arbeitsmarkt
- Aktivierung von Reserven gewinnt an Bedeutung
- Trend zu „New Work“: Auch Unternehmen sind gefordert
- „Strategie für den Arbeitsmarkt Tirol 2030“ als Grundlage für weitere Schritte
Künstliche Intelligenz, neue Arbeitsmodelle und der demografische Wandel – Faktoren wie diese beeinflussen den heimischen Arbeitsmarkt nachhaltig. Doch mit welchen Entwicklungen ist in den kommenden Jahren genau zu rechnen? Und wie kann angemessen auf diese Herausforderungen reagiert werden? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigten sich die Teilnehmenden des Arbeitsmarktsymposiums „So arbeitet Tirol 2030 – Visionen. Trends. Chancen.“. Dieses fand heute, Dienstag, im Landhaus in Innsbruck statt. Auf Einladung von Arbeitslandesrätin Astrid Mair und dem Arbeitsmarktservice (AMS) Tirol diskutierten rund 110 ExpertInnen aus verschiedensten Bereichen der Wirtschaft, der Sozialpartner, des AMS und weiteren arbeitsmarktpolitischen Akteuren über Veränderungen und neue Herausforderungen am Arbeitsmarkt. Denkanstöße für die Diskussionen lieferten Vorträge von Johannes Kopf, Vorstand des AMS Österreich, Helmut Mahringer vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und Karin Rosendorfer vom Management Center Innsbruck (MCI).
Fähigkeiten fördern und Arbeitsmarkt inklusiver gestalten
„Der Arbeitsmarkt befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Themenbereiche wie die Digitalisierung, ‚New Work‘ oder auch der demografische Wandel werden Einfluss auf die Arbeitsmarktpolitik nehmen. Diesen unvermeidlichen Veränderungen müssen wir uns stellen. Doch statt sie nur als Herausforderung zu sehen, sollten wir sie als Chance begreifen, um Tirol als attraktiven Arbeits- und Wirtschaftsstandort weiter zu stärken“, so LRin Mair, die weiter ausführt: „Für mich persönlich sind zwei Kernthemen entscheidend: ‚Fähigkeiten fördern‘ und ‚den Arbeitsmarkt inklusiver gestalten‘. Wenn Politik und alle Beteiligten auf Augenhöhe zusammenarbeiten, kann Tirol den Wandel aktiv mitgestalten und als innovativer Standort weiterhin vorne mitspielen. Dazu gilt es, die Veränderungen zu analysieren und passgenaue Lösungen zu entwickeln – genau das haben wir heute im Rahmen dieses Symposiums getan. Das Symposium und die Vorträge haben wertvolle Denkanstöße geliefert und gleichzeitig bestätigt, dass wir in Tirol mit der ‚Strategie für den Arbeitsmarkt Tirol 2030‘ auf dem richtigen Weg sind.“
Aktuell werden bereits zahlreiche Maßnahmenfelder der Strategie bearbeitet und Projekte umgesetzt. Inputs aus dem heutigen Symposium werden dokumentiert, in die bestehenden Maßnahmenfeldgruppen rückgemeldet und mit den laufenden Aktivitäten abgeglichen. „Damit möchten wir die Umsetzung der Strategie an die Bedürfnisse der sich wandelnden Zeit anpassen“, so LRin Mair.
Arbeitszeitverkürzung und Demografie haben Auswirkungen auf Arbeitsmarkt
Mit einer Arbeitslosenquote von 3,7 Prozent lag Tirol im September an der Spitze aller Bundesländer. Im Oktober war Tirol trotz der gestiegenen Saisonarbeitslosigkeit mit einer geschätzten Arbeitslosenquote von 5,3 Prozent immer noch unter den Top drei (Österreich: 6,9 Prozent im Oktober). AMS-Vorstand Johannes Kopf erklärt: „Tirol profitiert besonders von einem guten Branchenmix und nicht nur vom Tourismus. Das macht den Arbeitsmarkt dieses Bundeslandes resilient gegen unterschiedliche Herausforderungen.“ Trotzdem verweist Kopf darauf, dass man sich nicht auf dem Status quo ausruhen dürfe, denn auch Tirol sei von zwei Entwicklungen betroffen, die mittelfristig negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, die Wettbewerbsfähigkeit und den Wohlstand haben können: einerseits die Arbeitszeitverkürzung, andererseits die Demografie. Prognosen der Statistik Austria zeigen, dass bis 2050 rund 4,1 Prozent weniger Personen im erwerbsfähigen Alter dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen werden als heute.
„Um auch morgen noch genügend Arbeitskräfte zu haben, braucht es neben gezielter Zuwanderung ein Bündel an Maßnahmen, in Österreich genauso wie in Tirol. Dazu zählt unter anderem, dass wir alle länger im Erwerbsleben bleiben, Frauen nach der Karenz rascher zurückkehren und mehr Stunden arbeiten, das Potenzial geflüchteter Personen besser genützt wird, die Chancen durch Automatisierung und KI genutzt werden und Betriebe nachhaltig in die Qualifizierung ihrer Beschäftigten investieren.“
Wer sind die Arbeitskräfte von morgen?
Aktuelle Prognosen des WIFO zeigen, dass in den kommenden Jahren mit einem Zuwachs an Erwerbstätigen am Arbeitsmarkt zu rechnen ist. Durch den demografischen Wandel gibt es jedoch klare Veränderungen in der Zusammensetzung des Arbeitskräfteangebots nach Alter, Geschlecht, Ausbildungsniveau und Nationalität, wie Helmut Mahringer ausführt: „Im Arbeitskräfteangebot wird es zunehmend mehr Ältere und darunter viele Frauen geben, mehr Hochqualifizierte sowie mehr Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund. Abnehmen wird besonders die Zahl der Personen mit abgeschlossener Lehre und die nachrückenden jungen Kohorten sind zu klein, um im Bereich der Erstausbildung ausreichend gegensteuern zu können. Bei einer anhaltend steigenden Nachfrage nach Arbeitskräften wird es in Teilen der Wirtschaft deutlich schwieriger, geeignete Arbeitskräfte zu rekrutieren. Daher gewinnt die Nutzung des bestehenden Arbeitskräfteangebots und die Aktivierung von Reserven an Arbeitskräften an Bedeutung.“
Genau hier setzt die Strategie für den Arbeitsmarkt Tirol 2030 an: Die Strategie sieht verschiedenste Maßnahmenfelder vor, um die Erwerbsbeteiligung zu erhöhen und unter anderem die sogenannte „stille Reserve“ – seien es Frauen mit Kindern, ältere Personen oder auch Personen mit Migrationshintergrund – in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Beispiele dafür sind die in Arbeit befindlichen Maßnahmenfelder, wie die Weiterentwicklung der Kinderbetreuungsangebote, die Arbeitsmarktintegration von zugewanderten Personen oder der Abbau von Rollenbildern am Arbeitsmarkt.
Fit für den Arbeitsmarkt von morgen durch Aus- und Weiterbildung
Eine wichtige Erkenntnis des Symposiums war die hohe Bedeutung treffsicherer Unterstützungsangebote zur Aus- und Weiterbildung, um so die Arbeitskräfte für den Arbeitsmarkt von morgen vorzubereiten. „Gerade im Bereich der Aus- und Weiterbildung geht es darum, die Angebote laufend zu evaluieren und zu prüfen, ob die Treffsicherheit stets gegeben ist“, so LRin Mair. Entsprechend ist die Aus- und Weiterbildung auch ein wesentliches Arbeitsfeld der Strategie für den Arbeitsmarkt Tirol 2030: Besondere Rücksicht wird dabei auf die künftig immer wichtiger werdenden digitalen und ökologischen Anforderungen genommen.
„Um den Fachkräftebedarf der Zukunft zu decken, müssen unsere Bildungsangebote stärker auf die digitalen und ökologischen Herausforderungen ausgerichtet werden. Dabei setzen wir auf flexible Lernformate und maßgeschneiderte Fördermöglichkeiten, die den Erwerb neuer Kompetenzen für alle ermöglichen – insbesondere für jene, die bislang weniger Zugang zu Aus- und Weiterbildung hatten“, verweist LRin Mair auf bereits umgesetzte Kursförderungen wie das Bildungsgeld update und den Weiterbildungsbonus Tirol und führt weiter aus: „Auf Basis des heutigen Symposiums werden wir auch weiterhin mit Bildungsträgern zusammenarbeiten, damit neue Kursangebote im Rahmen unserer Kursförderungen förderbar sind und so bedarfsgerechte Angebote möglich werden.“
„New Work“ – neue Formen des Arbeitens
„New Work“ zielt auf offenere, lernende Organisationen mit mehr Selbstbestimmung, Einfluss und Handlungsfreiheit für MitarbeiterInnen. Beispiele aus dem Bereich „New Work“ sind flache Hierarchien genauso wie gelebtes Jobsharing (eine Vollzeitstelle, die auf mehrere Personen aufgeteilt wird), ausgebaute Ruheräume, Kinderbetreuung im Unternehmen oder Gewinnbeteiligung. Damit sollen Mitarbeitende mehr Sinn in ihrer Tätigkeit, höhere Wertschätzung und höheren Selbstwert erfahren, was wiederum zu gesteigerter Arbeitszufriedenheit und Leistungsbereitschaft sowie mehr Innovationskraft und Agilität führt.
„New Work ist unsere neue Realität, der wir uns stellen müssen. Nicht nur Millennials wollen mehr Sinn in ihrer Arbeit sehen und den (gesellschaftlichen) Auftrag ihres Unternehmens erkennen können. Wir müssen mehr denn je das Potenzial aller verfügbaren Arbeitskräfte unabhängig von Herkunft und Alter effektiv einsetzen und nützen. Dieser Prozess ist nicht einfach, denn er bedarf eines Kultur- und Bewusstseinswandels“, so Karin Rosendorfer vom Management Center Innsbruck.
LRin Mair ergänzt: „Zudem beobachten wir, dass immer mehr Arbeitssuchende neue und zeitgemäße Arbeitsmodelle wünschen. Hier sind die Unternehmen gefragt, attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen. Die Aufgabe der Politik ist es wiederum, für Unternehmen am Wirtschaftsstandort Tirol und ihre Arbeitskräfte die besten Rahmenbedingungen zu schaffen. In der Strategie für den Arbeitsmarkt Tirol 2030 haben wir ein Maßnahmenpaket für die Entwicklung neuer Beschäftigungsmodelle definiert. Dieses sieht etwa die Etablierung von Job- und Topsharing oder die Unterstützung von Co-Working-Initiativen vor.“
Über die Strategie für den Arbeitsmarkt Tirol 2030
Die Strategie für den Arbeitsmarkt Tirol 2030 wurde im Jahr 2022 gemeinsam mit Sozialpartnern und Interessensvertretungen erarbeitet. Die Strategie umfasst insgesamt drei Strategiefelder, die wiederum in neun Ziele mit insgesamt 21 Maßnahmenfelder gegliedert sind. Die gesamte Strategie zum Nachlesen findet sich hier.