Daten & Fakten zum Thema Migration und Integration - Stand 2012
Migration ist normal - Zahlen, Daten, Fakten... Menschen, die einwandern
Österreich ist ein Einwanderungsland. 2011 betrug die EinwohnerInnenzahl von Österreich 8.420.900, rund 1.568.600 Personen davon mit ausländischer Staatsbürgerschaft. Unter „Bevölkerung mit Migrationshintergrund“ werden Menschen, die selbst oder deren Eltern im Ausland geboren sind, zusammengefasst. 2011 betraf das 1,57 Millionen Menschen in Österreich oder 18,9% der österreichischen Bevölkerung. Der Großteil der nach Österreich Zugewanderten stammt aus der Europäischen Union und der Schweiz.
Aktuell leben ca. 120.000 Menschen mit Migrationsgeschichte in Tirol, das entspricht 17% der Gesamtbevölkerung. 44.000 davon sind bereits österreichische StaatsbürgerInnen. Die Migration des eingewanderten Bevölkerungsanteils nahm in 163 unterschiedlichen Ländern ihren Ausgang, wobei ein Großteil aus dem EU-Raum und der Schweiz stammt.
Migration ist normal - Der Mensch hat sich die Welt durch Wanderung erschlossen
Der Migrationsexperte Klaus Jürgen Bade beschreibt Migration als eine Grunderfahrung der menschlichen Existenz und Grundbedingung für viele kulturelle, soziale, gesellschaftliche und zivilisatorische Entwicklungen.
„Den «Homo migrans» („wandernden Menschen“) gibt es seit es den «Homo sapiens» gibt; denn Wanderungen gehören zur Existenz des Menschen wie Geburt, Fortpflanzung, Krankheit und Tod. Migrationsbewegungen sind Antworten auf ökonomische, ökologische, soziale und kulturelle Existenzbedingungen.“ (vereinfacht nach Bade, 2002)
Der Großteil der weltweiten Migrationsbewegungen findet innerhalb eines Staatsgebietes statt. 740 Millionen Menschen bewegen sich weltweit innerhalb ihrer Landesgrenzen.
Die zentralen Gründe für Migration sind einerseits die Suche nach Arbeit und besseren Lebensbedingungen, andererseits Flucht vor politischer und religiöser Verfolgung, vor Krieg, vor Hunger, vor ökologischer Zerstörung und Vertreibung.
Migration auf Grund von klimatischen Veränderungen findet hauptsächlich innerhalb von Staatsgebieten statt. „Entwicklungsländer“ sind von den Effekten des Klimawandels besonders betroffen, weil ein großer Teil ihrer Exportwirtschaft von klimasensitiven Sektoren abhängig ist. Die weltweit ungleiche Verteilung von Ressourcen, Möglichkeiten und Lebensperspektiven ist der zentrale Motor für Migrationsbewegungen.
Kulturelle Identitäten
Kulturelle Identitäten sind in jeder Gesellschaft, auch in Tirol, sehr vielfältig. Sie können sich im Laufe der Zeit verändern.
Es wird viel von der kulturellen Differenz der MigrantInnen gesprochen. Es gibt Bilder und Erzählungen, die unsere Wahrnehmung prägen, vielleicht soweit, dass wir nur das sehen, was unser Bild der kulturell anderen MigrantInnen bestätigt.
Wichtig ist jedoch nicht, welcher Gruppe ein Individuum angehört, sondern wann welche Identität in den Vordergrund tritt und als wichtig oder unwichtig angesehen wird. Oft werden Menschen als Trägerinnen und Träger einer Kultur angesehen und auf diese fixiert. Nicht selten wird kulturelle Identität zu einer Etikette, die verwendet wird, um Andere als anders zu kennzeichnen. Interes-sant ist die Frage, wann wir von kultureller Identität sprechen um die eigene Identität zu definieren?
Steckbrief. „Ich würde sagen, ich bin ein Hipphopper. Beatboxing, das ist mein Ding. Bin in Innsbruck geboren und fühle mich vor allem als Innsbrucker. Hier sind meine Leute und hier fühle ich mich wohl. Ich sehe auch Filme und lese Bücher über den Rap und den Hiphop in Amerika: MalcomX und so… finde ich cool. Hier ist mei-ne Heimat, ich fühle mich aber auch mit der Heimat meiner Eltern verbunden. Mit der Sprache und so… Man kann ja viele Heimaten haben, oder? Meine kulturelle Identität? Das ist das, was ich bin.“
Die Kulturbrille
Die Kulturbrille setzten wir uns selten auf, wenn es darum geht, uns und unser Verhalten selber zu erklären.
Die Kulturbrille setzen wir uns oft auf, wenn es darum geht, andere zu erklären.
Die Kulturbrille ist modisch geworden. Heute wird viel mit Kultur erklärt: globale Konflikte, Konflikte in der Nachbarschaft, Bildungsprobleme, Missverständnisse, soziale Fragen, …
Die Kulturbrille ist oft wie eine sehr dunkle Sonnenbrille: alles wirkt irgendwie finster und bedrohlich. Vieles sehen wir dann nicht.
Die Kulturbrille reduziert Menschen auf eine Kultur: Woher haben wir aber die Informationen über diese Kulturen? Ein verallgemeinerndes Wissen über andere Kulturen stammt meistens aus Bildern, Halbinformationen und Geschichten, mit denen wir aufgewachsen sind und die immer wieder erzählt werden.
Die Kulturbrille ist oft ein Versteck. Auch ein Versteck für hässliche Dinge, für diskriminierende oder sogar rassistische Meinungen… dies passiert, wenn Menschen oder Menschengruppen eine Kultur als wesenhaftes Merkmal zugeschrieben und dieses als „minderwertig“ angesehen wird.
„Sobald Kultur als unveränderliche, wesenhafte Eigenschaft von Menschen und im Zusammenhang größerer sozialer Einheiten, etwa als Nationalkultur und dadurch statisch gedacht wird, liegt der Rede und dem Gebrauch von „Kultur“ ein Verständnis zugrunde, das ähnlich ist wie das der Rassenkonstruktionen.“
(Kalpaka/Mecheril)
Arbeit schafft Migration schafft Arbeit
Arbeitskräftemangel zur Zeit des Wirtschaftswunders
Die Beschäftigung ausländischer ArbeitnehmerInnen in Tirol spielte bis in die 1950er Jahre eine bescheidene Rolle. 1950 lag der AusländerInnenanteil an den Beschäftigten in Tirol bei 2,9%, wobei vor allem Deutsche und SüdtirolerInnen in Tirol arbeiteten. Durch den Wirtschaftsaufschwung der 1950er und 60er Jahre kam es in Österreich und in Tirol zu einem Mangel an Arbeitskräften. Vor allem in Branchen mit schlechten Arbeitsbedingungen, schlechter Entlohnung und saisonalem Charakter (Bau, Gastgewerbe, Textilbranche) konnte der Bedarf an Arbeitskräften nicht mehr gedeckt werden.
Aus dem Jahresbericht der Kammer der gewerblichen
Wirtschaft 1960:
„Der Arbeitskräftemangel in den wichtigsten Zweigen der Tiroler gewerblichen Wirtschaft hatte sich im Jahre 1960 soweit verschärft, dass ein Leistungsabfall sowohl quantitativ wie auch qualitativ eingetreten war. (…) Zwischen 60 und 90% der gewerblichen Betriebe sind in ihrer quantitativen und qualitativen Leistung durch die Unmöglichkeit, die benötigten Arbeitskräfte (und zwar bei den Männern nicht nur Facharbeiter sondern auch Hilfsarbeiter) zu erlangen, mehr oder weniger schwer beeinträchtigt.“
Arbeitskräftemangel hemmt Wohnbau
(Tiroler Tageszeitung 7.11.1961)
Zuwanderung und Arbeitsmarkt
Der Soziologe August Gächter betont, dass Österreich von niedrigqualifizierten Eingewanderten immer profitiert hätte und dass die Zuwanderung von niedrig qualifizierten Arbeitskräften eine Voraussetzung für den Aufstieg vieler BürgerInnen in Österreich war, ist und sein wird. Außerdem verweist Gächter darauf, dass Österreich bereits seit langem eine qualifizierte Einwanderung hat, die sich vor allem aus den Flüchtlingsströmen um 1980, 1990 und 2000 speiste. Das zentrale Problem ist, dass die Qualifikationen von MigrantInnen nicht anerkannt und genutzt werden.
Diskriminierung: Chancen bei der Arbeitssuche hängen stark von der Herkunft der BewerberInnen, ihrem Namen und ihrem Akzent ab: BewerberInnen mit Migrationshintergrund werden bereits bei der Einladung zum Bewerbungsgespräch häufig benachteiligt.
Dequalifizierung: 28% der qualifizierten ausländischen Arbeitskräfte sind in Österreich unter ihrem Ausbildungsniveau beschäftigt. Die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse gestaltet sich in Österreich äußerst schwierig.
Ausländische Staatsangehörige, die ganzjährig erwerbstätig sind, verdienen durchschnittlich 15% weniger als österreichische Staatsangehörige. 26% der ausländischen Bevölkerung sind armutsgefährdet (11% der Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft).
AsylwerberInnen dürfen in Österreich nicht arbeiten und können ihr Wissen und Qualifikationen am Arbeitsmarkt nicht einbringen.
Vielfalt in der Tiroler Wirtschaft
Insgesamt gibt es in Tirol 3.170 UnternehmerInnen mit Migrationsgeschichte.
Unternehmen aufgeteilt nach Sprachgruppen:
40% der befragten Unternehmen möchte wachsen. 80% der Befragten fühlen sich gut integriert.
Daten aus der Studie der Wirtschaftskammer Tirol, Stand 31.12.20091
Arbeit schafft Migration schafft Arbeit
Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften in den 1960er Jahren
Der österreichweite Mangel an Arbeitskräften führte 1961 zu einem Abkommen zwischen der Wirtschaftskammer und ÖGB. Durch dieses Abkommen wurde die Aufnahme ausländischer Arbeitskräfte vereinbart und geregelt.
Österreich schloss 1962 ein Anwerbeabkommen mit Spanien, 1964 eines mit der Türkei und 1966 eines mit Jugoslawien. Die Wirtschaftskammer gründete die „Arbeitsgemeinschaft für die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte“, errichtete in Istanbul und Belgrad Anwerbestellen und holte aktiv Arbeitskräfte nach Österreich. Firmen konnten ihren Bedarf an Arbeitskräften über die Arbeitsämter an die Arbeitsgemeinschaft melden und die Zuteilung von ausländischen Arbeitskräften über die Anwerbestellen anfordern. Fachliche und gesundheitliche Eignung wurden von der Anwerbekommission mittels Selektionsverfahren überprüft.
In Tirol 10.570 Fremdarbeiter beschäftigt Ende August betrug das Verhältnis zwischen offenen Stellen und Vorgemerkten 11:1 (Tiroler Tageszeitung 22.10.1969)
Mangel an Arbeitskräften größer als je zuvor Entwicklung wird durch Arbeitszeitverkürzung noch verstärkt – Industrie: Mehr ausländische Arbeitskräfte Gebot der Stunde (Tiroler Tageszeitung 19.8.1969)
Arbeitskräftemanko von 21.400 prognostiziert Fremdarbeiterkontingent um 15.000 aufgestockt – 11.000 Österreicher in die BRD (Tiroler Tageszeitung 6.2.1971)
Zuwanderung und Arbeitsmarkt am Beginn des 21. Jahrhunderts
Aktuell fordern Wirtschaft und Industrie wieder eine aktive Zuwanderungspolitik. Im Gegensatz zu den 1960er Jahren wird 2010 allerdings die weltweite Anwerbung von sehr gut qualifizierten Arbeitskräften propagiert.
„Wir sollten uns ein Beispiel an Kanada und Australien nehmen und uns trauen, ein Bekenntnis zu einer qualifizierten Zuwanderung abzugeben. Wir sollten uns die Besten aussuchen. Sonst sind aufgrund des Überalterungsprozesses und des Geburtenrückganges die Sozialsysteme massiv unter Druck. (…) Ausbildung, qualifizierte Zuwanderung und Halten der qualifizierten Menschen in Österreich sind daher die Gebote der Stunde und der kommenden Jahrzehnte.“
(Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl, Presseaussendung vom 30.7.2010)
„Derzeit wandern international mobile, gut ausgebildete Arbeitskräfte an Österreich und Europa vorbei in Länder wie Australien, Kanada oder USA. Österreich ist beim Qualifikationsniveau der Zugewanderten innerhalb der OECD an letzter Stelle. (…) Neben einer aktiven Migrationspolitik bedarf es umfassender Aktivitäten im Bereich Integration, damit auch die bereits in Österreich lebenden Menschen mit Migrationshintergrund besser in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können.“ (Wirtschaftskammer Österreich, Presseaussendung 30.07.2010)
MigrantInnen & der Sozialstaat Österreich
Nach einer Studie des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz1 zahlen MigrantInnen um die 1,5 Mrd. EUR in die Sozialsysteme mehr ein als sie Leistungen erhalten.
Einzahlungen:
Die Sozialbeiträge der unselbständig beschäftigten
MigrantInnen (ArbeitnehmerInnen- und ArbeitgeberInnenbeiträge) ................. 2,2 Mrd. EUR
Restliche Sozialleistungen.......................................................................... 2,0 Mrd. EUR
Einzahlungen insgesamt............................................................................. 4,2 Mrd. EUR
Auszahlungen:
Pensionsauszahlungen an MigrantInnen 2008 .............................................. 1,0 Mrd. EUR
Restliche monetäre Sozialleistungen........................................................... 1,7 Mrd. EUR
Auszahlungen insgesamt............................................................................ 2,7 Mrd. EUR
Diskriminierung:
bedeutet, dass eine Handlung beobachtbar ist und dass es nachweisbar ist, dass eine Person oder eine Gruppe schlechter behandelt wird als eine andere:
Es passiert, dass Jugendlichen der Einlass in eine Diskothek verwehrt wird, weil sie als „nicht-österreichisch“ oder „nicht weiß“ angesehen werden.
Es passiert, dass kopftuchtragende Frauen oder Menschen mit Akzent einen Arbeitsplatz trotz guter oder besserer Qualifikation nicht bekommen.
Es ist ein Faktum, dass Menschen, die nicht die Staatsangehörigkeit Österreichs oder eines EU-Staates haben, in Österreich keinen Grund und Boden erwerben dürfen und vielfach mit unsicherem Aufenthaltstitel leben müssen.
Vorurteil:
verallgemeinernde Zuschreibung mit negativer Wertung in Bezug auf Eigenschaften und Fähigkeiten.
Diskriminierung/Ausgrenzung:
verallgemeinernde Zuschreibung in Bezug auf Eigenschaften und Fähigkeiten, negative Wertung und ausgrenzende Handlungen.
In all diesen Fällen kann von Diskriminierung gesprochen werden. Wenn eine Diskriminierungspraxis systematisch angewandt wird und mit strukturellen wie institutionellen Machtverhältnissen verwoben ist, kann man von struktureller Diskriminierung sprechen.
Einige Diskriminierungserfahrungen und Diskriminierungspraktiken:
·Ständig gefragt zu werden: Woher kommst Du?
·Ständig Sorgen um den Aufenthaltstitel haben zu müssen.
·Von MitschülerInnen, LerherInnen, KollegInnen, Vorgesetzten, usw. als „fremd“, „anders“, „nicht dazugehörig“ behandelt zu werden.
·Ständig mit der Trennung zwischen „Einheimischen“ und „AusländerInnen“ leben zu müssen.
·Als EinzigeR von der Polizei kontrolliert zu werden.
·Nicht in alle Lokale hineingelassen zu werden.
·Den Abend danach gestalten zu müssen, in welche Lokale man als AusländerIn rein kommt.
·Schwierigkeiten bei der Annerkennung von Studien und Qualifikationen zu haben.
·Mit geringer Leistungserwartung von Lehrenden konfrontiert zu werden.
·Trotz vergleichbarer Leistungen mit geringeren Chancen in der Schule und am Arbeitsmarkt rechnen zu müssen.
·Negative Berichterstattung über „AusländerInnen“ in den Medien ausgesetzt zu sein.
·Körperliche Übergriffe, Beleidigungen, abwertende Blicke zu erfahren.
„Je mehr BürgerInnen mit Zivilcourage ein Land heute hat, desto weniger HeldInnen wird es morgen brauchen“ (Franca Magnani)
Wie ist Ihr Verhältnis zu systematischen Diskriminierungspraktiken in der Migrationsgesellschaft Österreich?
Was können Sie ändern? Was wollen Sie ändern?
Mit wem können Sie das gemeinsam angehen?
Weil Migration Zukunft ist, brauchen wir...
… die Anerkennung von im Inland und im Ausland erworbenen Qualifikationen, weil „[…] in Deutschland und Österreich auf dem Arbeitsmarkt die Erwartung vorherrscht, dass Migranten und deren Nachkommen eher gering qualifiziert sind. Bildungserfolge von Migranten und deren Nachkommen werden entsprechend noch nicht ausreichend honoriert.“ (Thomas Liebig, OECD-Experte für Migration und Arbeitsmarktintegration)
… die Anerkennung der brachliegenden Potenziale von Zugewanderten, denn „ein attraktiver Wirtschafts und Innovationsstandort kann es sich schlicht nicht leisten, Jugendlichen mit Migrationshintergrund schlechte Bildungs-, Berufs- und Aufstiegschancen zu bieten.“ (Herbert Paierl, Präsident des management clubs)
… den Abbau von direkter und indirekter Diskriminierung bei der Arbeitssuche. Diese demotiviert die Menschen und verhindert, dass die Wirtschaft und die gesamte Gesellschaft von den Potenzialen der Zugewanderten profitieren können.
… die Förderung von Potenzialen, statt sich am Bildungsstand der Eltern zu orientieren. „Politik muss es schaffen, die Aufstiegsmotivation der Bürger offen zu halten, weil eine Gesellschaft, die den Glauben an den Aufstieg verloren hat, kaputtgeht.“ (Heinz Bude, Soziologe, Universität Kassel)
Migration ist Zukunft
„Migration ist Bestandteil des Lebens in einer modernen Welt.“ (Kofi Annan)
Laut Prognosen der Statistik Austria wird die einheimische Bevölkerung in den nächsten Jahrzehnten zunehmend schrumpfen. Besonders negativ wird sich die Entwicklung auf die Gruppe der Erwerbstätigen auswirken. Die Altersgruppe der 15 bis 60-Jährigen wird ab 2015 langfristig zahlenmäßig sinken. Bis zum Jahr 2050 ist ein Rückgang auf 13,4% zu erwarten.
Der Mangel an jungen qualifizierten Arbeitskräften könnte durch Zuwanderung gedeckt werden. Als Folge dieser demographischen Entwicklung wird Österreich durch mehr Vielfalt geprägt werden. Dies bringt positive Veränderungen, birgt aber auch Konfliktpotenzial in sich.
Unterschiedliche Wurzeln, gemeinsame Wünsche...
Ich möchte, dass meine Kinder zu lebensfrohen, ehrlichen und selbstlosen Menschen werden, die ein sinnerfülltes Leben führen. (Daniela Sch.)
Ich wünsche mir, dass meine Kinder glückliche Menschen werden und auch die Menschen in ihrer Umgebung glücklich machen, egal ob sie ein leichtes Leben führen oder für jede einzelne Sache kämpfen müssen. Ich werde immer hinter meinen Kindern stehen. (Anh-Que H.)
Ich möchte, dass meine Kinder souveränen Erwachsene werden. Sie sollen immer den Mut haben ihren Wünschen zu folgen und in Freiheit leben. Und auch die Freiheit von anderen respektieren. (Mehtap C.)
Ich möchte meinen Sohn zu einem verantwortungsbewussten Erwachsenen erziehen, ihm die beste Ausbildung ermöglichen, die es in Österreich gibt – welche Ausbildung das ist, soll er sich selber aussuchen. Mir ist wichtig mein Kind im christlichen Glauben zu erziehen, er soll Gott lieben und respektieren. (Rita A.)
Ich wünsche mir für meine Kinder eine gute Ausbildung. Sie sollen ehrliche und unabhängige Menschen werden, sie sollen respektvoll gegenüber anderen Menschen sein und in Frieden leben und das auch immer würdigen. (Nazife K.)
Ich wünsche mir für meine Kinder eine gute Ausbildung und dass sie in Sicherheit leben können. (Supak G.)
Die neue Heimat gestalten
Ein Teil der zugewanderten TirolerInnen hat hier Vereinigungen gegründet, um Traditionen ihrer Herkunftsländer aufrecht zu erhalten: Die “Igbo Cultural Society in Austria” verfügt über einen Standort in Tirol und organisiert Initiativen, um das Igbo Kulturerbe zu bewahren, der „Alevitische Kulturverein“ in Imst sieht seine Hauptaufgabe in der Erhaltung der alevitisch-bektaschitischen Kultur. Die „Austro-British-Society-Tyrol“ trifft sich zu „Afternoon Tea and Coffee“ und feiert jährlich den “Queen`s Birthday“. Der bosnische Kulturverein „Zlatni Ljiljani“ organisiert unter anderem traditionelle Tanzveranstaltung und viele weitere Vereine tragen durch ihre Arbeit und Aktivitäten zu einem vielfältigen, kulturellen Leben in Tirol bei.
Das gleiche machen auch ÖsterreicherInnen in der Ferne:
Ein Teil der Ausgewanderten hat im Ausland Vereinigungen zur Aufrechterhaltung österreichischer Traditionen gegründet: In Brasilien veranstaltet zum Beispiel der „Sportklub Austria“ (Club Social Y Deportivo Austria) ein „Weinlesefest“. In Belgien haben die „Austria Freunde“ 2010 bereits das 25. Austria Festival veranstaltet und die Mitglieder der „Austrian Association of Hawaii“ treffen sich zu Kaffeeklatsch und Gulasch Party. Die österreichische „St. Georgs Gemeinde“ in Istanbul bietet einen christlichen Begegnungsort für ÖsterreicherInnen in der türkischen Metropole an.
Migration ist auch Flucht
Internationale Fluchtbewegungen
Nach Angaben der Jahresstatistik des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) waren Ende des Jahres 2009 weltweit etwa 43,3 Millionen Menschen auf der Flucht. Darunter befanden sich 27,1 Millionen Binnenvertriebene, 15,2 Millionen anerkannte Flüchtlinge und 983.000 Asylsuchende. Diese Statistik verzeichnet lediglich jene Flüchtenden, die durch die UNO betreut werden. Die tatsächliche Zahl der Menschen, die auf der Flucht sind, ist weitaus höher.
Die Hauptherkunftsländer von Flüchtlingen, waren im Jahr 2009: Afghanistan (2,9 Millionen), Irak (1,8 Millionen) und Somalia (678.300).
Die Menschen fliehen vor politischer Verfolgung, Krieg oder vor der Verknappung von lebensnotwendigen Ressourcen. Die meisten von ihnen, etwa 80%, leben in den Flüchtlingslagern Asiens und Afrikas. Manche kommen nach Europa, einige wenige auch nach Österreich. An der Spitze der Aufnahmeländer rangierten im Jahr 2008 Pakistan (1,8 Millionen) und Syrien (1,1 Millionen).
Aufnahmeländer – Flüchtlinge und Personen in flüchtlingsähnlicher Lage pro 100 EinwohnerInnen
Leben auf der Flucht
Stimme der Betroffen:
„Behandelt uns wie Menschen! Wir wollen ein normales Leben und wir wollen arbeiten! Erkennt unsere Kinder als zu dieser Gesellschaft gehörend und als Gleiche an! Schaut euch an, was in unseren Ländern passiert, entscheidet nicht ohne Kenntnis und kopflos! Wir sind aus guten Gründen geflohen, wir können und wir gehen nicht zurück! Trefft eine Entscheidung und lasst uns nicht jahrelang im Ungewissen! Wir wollen nicht mehr warten!“ (Forderungen von Flüchtlingsfrauen
im Rahmen einer psychotherapeutischen Frauengruppe, Ankyra – Zentrum für interkulturelle Psychotherapie, Diakonie Flüchtlingsdienst)
Stimme der ExpertInnen:
„Viele Flüchtlinge waren und sind enttäuscht über die große Ablehnung, die ihnen in Österreich entgegenschlägt. […] Asylwerber standen unter Generalverdacht und wurden pauschal kriminali-
siert und manchmal mit blankem Rassismus konfrontiert. Das ist nicht Geschichte, das ist harter Alltag. […] Nach langen und vielen Jahren des Wartens erhielten einige einen positiven Asylbescheid.
Dies war und ist immer ein Anlass für ein großes Freudenfest. […] Erstaunlich und bewundernswert, wie sehr MigrantInnen Österreich lieben und stolz sind, wenn sie die österreichische Staatsbürgerschaft haben.“ (Jussuf Windischer, Caritas Referat Migration & Integration, Caritas Integrationshaus)