Erfahrungen bei der Begleitung der Ausstellung Integration im Blick
Das besondere Setting der Ausstellung in Schaufenstern der Innenstadt war eine Herausforderung und ermöglichte gleichzeitig eine Öffnung von Führungen, die sonst in abgeschlossenen Räumen stattfinden. Teilweise nahmen vorübergehende Passant_innen aus Interesse Kontakt auf oder stellten sich daneben und hörten zu. Somit waren sponante Auseinandersetzungen mit den Themen rund um Migration und Integration im öffentlichen Raum möglich.
Kurze Irritationen (wie die Wortspiele) können den eigenen Blick bereits verändern. Aufgrund einiger Feedbacks von Schüler_innen konnte ich schlussfolgern, dass bestimmte gesellschaftliche Normen und Selbstverständlichkeiten ins Wanken kamen oder zumindest hinterfragt werden durften. Zum Beispiel, dass Skifahren nicht das einzige ist, was die Tiroler Identität ausmacht, sondern dass es viel mehr verschiedene Teile einer Identität gibt, die nicht auf einen Anteil reduziert werden sollten. Eine Schülerin betonte, dass besonders Frauen nicht auf das Bild der Tirolerin vor dem Herd auf einer Hütte festgelegt werden wollten. So wurden die Themen des Festlegens, Festgelegt-Werdens und der (kulturellen) Zuschreibungen angesprochen und verschiedene Perspektiven dazu kamen zur Sprache.
Eine Sensibilisierung für die ungleiche Verteilung von Zugängen und Möglichkeiten versuchte ich bei dem ersten Spiel zu Privilegien und Benachteiligung, bei dem die Schüler_innen ein Schaubild stellten, anzuregen. Diese Perspektive wurde vereinzelt von Schüler_innen selbst wieder aufgegriffen und in der Feedbackrunde am Schluss von Einigen hervorgehoben. Die Spiele waren sehr wichtig, denn die Schüler_innen waren aktiv involviert und konnten einen Bezug zu sich selbst und ihrem Leben herstellen. Die Wortspiele fanden allgemein einen sehr positiven Rückklang bei den Teilnehmenden.
Jana Elhardt
Als zentrale Stärke der Ausstellung „Integration im Blick“ erwies sich aus meinem Einblick als Guide ihr Potential, Irritation zu stiften. Vermittelt über die unterschiedlichen Zugänge zu einem Schlagwort erregten die Schaufenster mit ihren Wortspielen, künstlerischen Exponaten, Informationstafeln und Sprüchen bei den verschiedensten AusstellungsbesucherInnen interessante und mitunter intensive Reaktionen.
Ab wann ist eine Familie eigentlich eine Familie? Wie kommen so viele stereotype Vorstellungen in unseren Kopf? Kann Denken angepasst werden? Fragen wie diese wurden in den Führungen thematisiert, und die Unterschiedlichkeit und Uneinigkeit der Antworten führte unter den TeilnehmerInnen oft zu überraschten, irritierten Blicken. Diese Blicke drückten aus, was Ziel der Ausstellung war: den Denkanstoß geben, dass der stark besetzte Begriff „Integration“ noch weit davon entfernt ist geklärt zu sein.
Angestoßen durch die Ausstellung wurde in den Diskussionen der BesucherInnen offensichtlich, wie sehr integrative Prozesse mit unseren Denkprozessen zusammenhängen. „Integration braucht Umdenken“ wurde für mich als Guide und meine Gruppen zum Leitmoment der Führungen.
Mit der Ausstellung konnte erreicht werden, dass Kinder, Erwachsene und SeniorInnen an den Punkt des Stutzens und der Irritation geführt wurden. Ein Punkt, an dem man erst mal nicht weiter weiß, an dem das bisherige Wissen aufhört. Ein Punkt, an dem das Überdenken beginnt.
Claudia Schütz
Hinter der Ausstellung „Integration im Blick“ lag ja die Intention verschiedene Blicke auf das Thema „Integration“ zu zeigen. Das sollte anhand von unterschiedlichen Kunstwerken, die in 18 Schaufenstern der Innsbrucker Innenstadt präsentiert wurden, geschehen.
Die Schaufenster boten viel Raum und Möglichkeit zur Interpretation und zur Auseinandersetzung. Sie boten neben den einzelnen Kunstwerken auch Wortspiele, Sätze die zum Nachdenken anregen und Tafeln mit Fakten und Informationen zu Themen wie Heimat, Migration, Zugehörigkeit und Einiges mehr.
Somit boten auch die Führungen viel Spielraum für Reflexion und Diskussion.
Die Führungen zu machen, stellte eine neue und ungewöhnliche Herausforderung dar. Das Spezielle war, dass die Ausstellung ja mitten im Stadtgeschehen in unterschiedlichen Schaufenstern platziert war. So mitten in der Stadt, im Trubel unter anderen FußgängerInnen und dem Straßenverkehr war es manchmal ganz schön schwer, genug Platz und die notwendige Aufmerksamkeit zu schaffen. Aber genau dieses Mitten im Stadtraum hat die Ausstellung auch so interessant gemacht. Während der Führungen kam es somit auch zu Interaktionen mit PassantInnen. Von Fragen wie „Was macht ihr da?“ oder „Gibt’s hier was gratis?“ aber auch interessiertem Nachfragen und Mit-Reflektieren bis zu Mitmachen bei einem Gruppenspiel kam bei meinen Touren alles vor. Die Ausstellung war zwar mitten in der Stadt, aber dennoch sehr unaufdringlich. So habe ich auch die Führungen gestaltet.
Für mich boten die Kunstwerke, die die KünstlerInnen zur Verfügung gestellt haben, wie auch die anderen Elemente der Ausstellung, die Möglichkeit der angenehmen Auseinandersetzung mit Themen wie Integration, Zugehörigkeit und gesellschaftlichen Normierungen. Diese Themen sind teilweise sehr aufgeladen und werden in den Medien oft einseitig diskutiert. Bei den Führungen war es möglich diese einseitige Präsentationsart aufzubrechen und damit vielleicht auch das ein oder andere Umdenken anzuregen und scheinbare Normalitäten in Frage zu stellen.
Da die Ausstellung nicht in einem gesonderten Raum, wie beispielsweise in einer Kunstgalerie stattfand, waren diese Impulse zum Nachdenken eingebettet in ein alltägliches Setting. Teilweise war es traurig, vielleicht schockierend, irritierend, bestätigend und immer wieder auch amüsant. Die Führungen haben trotz der Schwere der einzelnen Themen auch viel Spaß und Freude bereitet. Innerhalb der Gruppen war die Stimmung angenehm, was mit Sicherheit auch eine ernsthafte Auseinandersetzung und das freie Sprechen in der Gruppe ermöglicht hat.
Die Gruppen bei meinen Führungen waren alle unterschiedlich und somit hatte auch jede Führung ihren ganz eigenen Charakter. Ich hatte eine SeniorInnengruppe, Frauen aus einer Erwachsenenbildungseinrichtung, jugendliche SchülerInnen und die Menschen, die zu der wöchentlich stattfindenden Open Tour kamen. Es war immer wieder spannend sich auf die unterschiedlichen Gruppen und die einzelnen Personen einzulassen. Die Open Tour hat sowohl mit einer Person, wie auch mit über zehn Interessierten stattgefunden.
Die Interpretationen, Diskussionen und Beiträge waren manchmal sehr unterschiedlich aber immer wieder auch ähnlich. Viele waren bereit genau hinzuschauen und auch offen und interessiert Neues zu erfahren und zuzulassen.
Was die Einzelnen für sich mitgenommen haben, ist schwer einzuschätzen. Vor allem bei großen Schulklassen war es nicht möglich einen eindeutigen Eindruck zu gewinnen. Die Rückmeldungen, die ich bekam, waren durchwegs positiv und ließen darauf schließen, dass gute Denkanstöße geboten wurden.
Anja Omor