Integrationsmonitor 2017
Umfrage zeigt Stimmungslage und Einstellungen der TirolerInnen zu Migration, Asyl und Integration
Die Themen Migration, Asyl und Integration sind auch in Tirol bis in die Gemeinden hinein von starken Emotionen geprägt. In einer vom SORA Institut durchgeführten Umfrage mit 701 TirolerInnen wurde ihre Einstellung zu Zuwanderung, Flüchtlingen und MigrantInnen sowie dem Zusammenleben erhoben.
„Der Integrationsmonitor kann die Spaltung der Gesellschaft in sogenannte ‚Flüchtlingsgegnerinnen bzw. -gegner‘ und ‚Flüchtlingsbefürworterinnen bzw. -befürworter‘ – wie es in öffentlichen Diskussionen oft den Anschein haben mag – nicht empirisch nachweisen“, betont Sozial- und Integrationslandesrätin Christine Baur. „42 Prozent der Tirolerinnen und Tiroler sind positiv gegenüber Flüchtlingen eingestellt. Rund die Hälfte der Befragten ist zwiegespalten: 48 Prozent vertreten sowohl ablehnende als auch unterstützende Positionen gegenüber Flüchtlingen. Bei ihnen spricht man von sogenannten Value Shifters. Zehn Prozent geben an, eine negative Einstellung zu Flüchtlingen zu haben“, berichtet Christoph Hofinger vom SORA Institut. Demnach können sich die Menschen nicht in rein Fremdenfeindliche auf der einen und unter allen Umständen Hilfsbereite auf der anderen Seite einteilen lassen. „Zahlreiche Befragte haben in ein- und derselben Befragung sowohl für Abschottung und Abgrenzung als auch für Hilfe und Offenheit plädiert“, so Hofinger. Tatsächlich sei es so, dass Befragte sowohl eine Schließung der Grenze befürworten können, aber dennoch auch der Meinung sind, dass die Aufnahme und menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen unsere Pflicht ist.
Die deutliche Mehrheit der Befragten (64 Prozent) empfindet nach eigenen Angaben sowohl positive als auch negative Gefühle gegenüber Flüchtlingen. Insbesondere die Einschätzung der zukünftigen Entwicklung der Lebensqualität in Tirol sowie die Frage, ob man den meisten Menschen vertrauen oder nicht vertrauen kann, hängt mit der Einstellung gegenüber Zuwanderung und Flüchtlingen zusammen. Hinzu kommen soziodemografische Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Wohnort, die teilweise auch mit der Einstellung gegenüber Zuwanderung oder Flüchtlingen zusammenhängen.
Gutes Zeugnis für Flüchtlingsaufnahme in Tirol
Ein weiteres Ergebnis des Integrationsmonitors ist, dass der Flüchtlingsaufnahme und den in diesem Bereich handelnden Institutionen und AkteurInnen ein überwiegend gutes Zeugnis ausgestellt wird: „Vor allem die Arbeit der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sowie die Hilfsorganisationen werden positiv bewertet – dies zeigt, dass die Arbeit all jener, die direkt mit Flüchtlingen zu tun haben und nah am Leben der Befragten agieren, besonders wertgeschätzt wird“, betont Hofinger. Auch bei den lokalen und regionalen Institutionen – der eigenen Wohngemeinde (66 Prozent), der Tiroler Landesregierung (64 Prozent) oder der Tiroler Sozialen Dienste GmbH (55 Prozent) – teilt mehr als die Hälfte der Befragten diese Ansicht und bewertet diese Institutionen gut.
Pragmatisch-offener Zugang
Bemerkenswert ist, dass Befragte in jenen Gemeinden, die Flüchtlinge aufgenommen haben, die Flüchtlingsaufnahme in Tirol eher besser werten als Befragte in jenen Gemeinden, die keine Flüchtlinge aufgenommen haben: In Gemeinden mit Flüchtlingen beurteilen 66 Prozent der Befragten die Flüchtlingsaufnahme in Tirol mit „gut“, in Gemeinden ohne Flüchtlinge stimmen dieser Aussage 59 Prozent zu. Noch besser fällt die Beurteilung aus, wenn nach der Flüchtlingsaufnahme in der eigenen Gemeinde gefragt wird. Ein großer Teil an Befragten (74 Prozent) ist zudem der Ansicht, dass sich durch die Aufnahme von Flüchtlingen das Zusammenleben in der Gemeinde seit dem Jahr 2015 nicht verändert hat. Grundsätzlich zeigt sich, dass jene 72 Prozent der Befragten, in deren Gemeinde Flüchtlinge aufgenommen wurden, einen pragmatisch-offenen Zugang zur Thematik haben.
Zusammenleben zwischen Einheimischen und Zugewanderten überwiegend mit „gut“ bewertet
„Oft ist es die Alltagserfahrung mit Migrantinnen und Migranten in der eigenen Umgebung, die das Zusammenleben zwischen Einheimischen und Zugewanderten als positiv bewerten lässt“, sagt Hofinger. Rund ein Drittel der Befragten (30 Prozent) hat zumindest mehrmals in der Woche beruflich mit Zugewanderten zu tun. Bei gut einem Fünftel der Befragten ist das auch im privaten Umfeld (21 Prozent) oder in der eigenen Nachbarschaft (19 Prozent) der Fall. Sowohl für das Bundesland Tirol (52 Prozent) als auch in etwas höherem Ausmaß für die eigene Wohngemeinde (59 Prozent) wird das Zusammenleben zwischen Einheimischen und Zugewanderten überwiegend mit „gut“ bewertet.
Auswirkungen von Zuwanderung unterschiedlich beurteilt
„Die Auswirkungen der Zuwanderung auf Tirol werden je nach konkretem Bereich unterschiedlich beurteilt“, betont Hofinger. Während Zuwanderung für die Vielfalt und Offenheit (42 Prozent) in Tirol und das Wirtschaftswachstum (37 Prozent) mehrheitlich als positiv betrachtet wird, zeigt sich bezüglich der Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt oder das Sozialsystem überwiegend Skepsis. „Die Ergebnisse des Integrationsmonitors beweisen einmal mehr, dass entgegen der öffentlichen Wahrnehmung die Themen Flucht und Migration nicht großteils Ängste und Ablehnung hervorrufen. Die Tirolerinnen und Tiroler sind sehr wohl in der Lage, sich aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen ein eigenes Bild zu machen. Denn gerade diese persönliche Erfahrung und der direkte Kontakt sind wichtig, um voreilige Schlüsse zu verhindern“, so LRin Baur abschließend.