Andere zu Wort kommen lassen? Eine Widersprüchliche, aber notwenige Praxis
Oscar Thomas-Olalde, wissenschaftliche Begleitung
Im Ausstellungprojekt „VIELFALT daheim IN TIROL“ geht es um eine politische und gesellschaftliche Wirklichkeit, die voller Widersprüche und Mehrdeutigkeiten steckt. Wie kaum eine anderes Thema stehen Migration und Integration im Zentrum medialer Aufmerksamkeit, politischer Debatten und gesellschaftlicher Diskussionen, jedoch bleiben die eigentlichen Fragen oft unausgesprochen.
Man könnte z. B. den Eindruck gewinnen, Österreich wäre von einer „Massenzuwanderung“ betroffen. „Migration“ im Sinne von Neuzuwanderung ist statistisch gesehen jedoch kein großes Thema. 2009 betrug der Wanderungssaldo (Zuwanderung abzüglich Abwanderung) von Drittstaatsangehörigen kaum 9.000 Personen für ganz Österreich. Im selben Jahr wanderten 5.000 österreichische StaatsbürgerInnen ins Ausland ab. Das Schlagwort „Integration“ wird ebenfalls heftig diskutiert, aber selten offen gesagt, was man darunter verstehen soll. Eine „Desintegration“1 wird beklagt und gefordert, MigrantInnen sollen sich integrieren und zu ÖsterreicherInnen werden. Andererseits machen viele Neu-ÖsterreicherInnen die Erfahrung, dass ihre empfundene und gelebte Zugehörigkeit zu Tirol und ihre österreichische Staatsbürgerschaft im Alltag nicht anerkannt werden. Was also wird hier eingefordert? Worum geht es eigentlich?
Ein zweiter Blick auf die oft sehr emotionalen Diskussionen und Argumentationsmuster lässt erkennen: Begriffe wie „Zuwanderung“, „Migration“ und „Integration“, die durch die Medien und die Aussagen von PolitikerInnen so vertraut erscheinen, erweisen sich als bequeme Platzhalter für Fragen, die selten ausgesprochen werden, aber ständig im Raum stehen. Wer darf sich zu dieser Gesellschaft zugehörig fühlen? Wem wird diese Zugehörigkeit (rechtlich, gesellschaftlich, medial, öffentlich) zuerkannt? Sind mehrfache Zugehörigkeiten denkbar?2 Wer hat letztlich das Recht, Zugehörigkeiten an- oder abzuerkennen?
Die Brisanz dieser Fragen wurde im Laufe des Ausstellungsprojekts immer deutlicher. Von Beginn an stand der Anspruch im Mittelpunkt, die Vielfalt der Tiroler Gesellschaft sichtbar zu machen, die Vielfalt von migrantischen Lebenswelten aufzuzeigen und die persönlichen „Integrationsstrategien“ und „Integrationsleistungen“ in den Vordergrund zu stellen. Das Projekt wollte den „Integrationsvordergrund“, und nicht den „Migrationshintergrund“ vieler in Tirol lebender Menschen in den Mittelpunkt rücken. Eine zweiter Grundsatz war, Strukturen zu schaffen, in denen MigrantInnen für sich selbst sprechen und sich gleichberechtigt beteiligen können. Das Ziel war nicht, eine Ausstellung „über“ MigrantInnen zu entwickeln, sondern einen Prozess zu ermöglichen, in dem MigrantInnen als ExpertInnen ihrer eigenen Lebensrealität und für das Thema „Migration“ gemeinsam mit den KünstlerInnen darüber entscheiden konnten, wie ihre Themen angesprochen und dargestellt werden.
Diese beiden Grundsätze der Ausstellung lassen sich mit zwei Begriffen zusammenfassen: Repräsention und Partizipation. Sie sind von großer Bedeutung für die Frage: Was braucht eine vielfältige Gesellschaft, um zukunftsfähig zu werden?
Repräsentation und Partizipation in Migrationsgesellschaften
Das aus dem französischen und lateinischen stammende Wort „Repräsentation“ bedeutet sowohl Vertretung als auch Darstellung. In der Politik, aber z. B. auch in den Sozialwissenschaften ist „Repräsentation“ ein zentraler Begriff, denn es geht um die Frage, wie bestimmte Gruppen in Gesellschaft und Politik vertreten sind und wie sie medial dargestellt werden. Das Konzept der Ausstellung „VIELFALT daheim IN TIROL“ ging von der Feststellung aus, dass in unserer Gesellschaft die Möglichkeiten zur selbstbestimmten Darstellung und Vertretung für Menschen mit Migrationshintergrund eingeschränkt sind. Anders gesagt: die Chancen, sich selbst zu präsentieren und von sich selbst zu sprechen, sind in unserer Gesellschaft (wie in vielen modernen Migrationsgesellschaften) ungleich verteilt. Es verhält sich dabei höchst widersprüchlich: MigrantInnen sind zugleich über- und unterrepräsentiert.
Zum einen sind MigrantInnen überrepräsentiert; es wird endlos „über“ sie gesprochen, berichtet und diskutiert. Es gibt kaum gesellschaftliche und politische Themen, von der Diskussion um die Pisa-Studienergebnisse über Fragen der Stadtentwicklung bis zur Sicherheitspolitik, in denen nicht das Schlagwort „Integration“ in die Runde geworfen wird. Verallgemeinernde Bilder über „die“ MigrantInnen sind in den Medien allgegenwärtig, allzu oft werden MigrantInnen als einheitliche, unterschiedslose Gruppe dargestellt, die es so nicht gibt. Dieser Überrepräsentation als unzulässig verallgemeinerte Gruppe steht eine Unterrepräsentation von MigrantInnen als Sprechende gegenüber. MigrantInnen sind in der politischen und medialen Öffentlichkeit als selbst handelnde und sprechende Menschen (etwa als MedienmacherInnen oder politische VertreterInnen) kaum sichtbar, und haben weitaus seltener als „Einheimische“ die Möglichkeit öffentlich zu sagen, wer sie sind und was sie beschäftigt.
Obwohl die Themen Migration und Integration allgegenwärtig sind, fehlt es an biographischen und gesellschaftspolitischen Zugängen. Es wird vom Kollektiv “MigrantInnen“ berichtet, ohne über konkrete Lebensgeschichten, unterschiedliche Sichtweisen und Positionen zu sprechen. Es hat sich eine gewisse Gewohnheit des Sprechens und Sehens entwickelt, in der abstrakte Bilder von „Fremdheit“, „Sicherheit“, „Integration“, „Desintegration“, „Integrationsunfähigkeit“, „kulturellen Unterschieden“, „Sprachdefizit“ oder „Islam“ vorherrschen. Diese Bilder geben Auskunft über die Vorstellungen, wer als „anders“ bzw. „nicht anders“, als „zugehörig“ bzw. „nicht-zugehörig“ gelten kann und darf.
Bilder sind ein zweischneidiges Schwert, denn sie wirken in entgegengesetzte Richtungen. Zum einen bilden sie gesellschaftliche Wirklichkeiten ab, zum anderen erschaffen und verstärken sie gerade jene Wirklichkeiten, die sie darstellen. Bilder von MigrantInnen und Migration erschaffen „Erzählungen“, die unsere Wahrnehmung und Aufmerksamkeit leiten und unsere Auseinandersetzungen mit Migration und Integration bestimmen. Damit wird eine künstliche, aber wirkmächtige Trennlinie zwischen dem „Wir“ und „den Anderen“ erzeugt. Es wird eine angeblich klare Unterscheidung getroffen zwischen jenen, die als „nicht-dazugehörig“, „fremd“ und als „Andere“ gelten sollen, und jenen, die sich als „selbstverständlich dazugehörig“, als „nicht-anders“, als „Einheimische“ definieren dürfen.3 Vor diesem Hintergrund erscheint der Anspruch, eine gerechtere Repräsentation zu ermöglichen, äußerst schwierig, denn Repräsentation heißt nicht nur Darstellung, sondern immer auch Vertretung. Wenn MigrantInnen selbst zu Wort kommen sollen, stellen sich somit wieder neue Fragen. Welche MigrantInnen sollen hier zu Wort kommen? Wer darf in wessen Namen und mit welcher Berechtigung sprechen? An Fragen der Repräsentation knüpfen unmittelbar die Fragen der Partizipation an.
“Partizipation“ stammt vom lateinischen Adjektiv „particeps“ (Anteil haben, beteiligt, teilnehmend) und steht für die aktive Beteiligung, Teilhabe und Mitbestimmung, aber auch für den Akt, andere teilhaben zu lassen. Im Sinne von „Einbeziehung“ ist Partizipation ein widersprüchlicher Akt, denn sie ist immer eingebettet in bestehende Machtverhältnisse. Sofern Partizipation nicht ein von einer gesellschaftlichen Minderheit erkämpftes politisches Recht ist, hat sie ihren Ursprung in der freiwilligen Absicht der Mehrheit, einen Teil ihrer Macht mit der „Minderheit“ zu teilen. So gesehen ist Partizipation nur möglich, weil zu Beginn die Machtverhältnisse und Gestaltungsmöglichkeiten klar verteilt sind. Man kann anderen nur das Wort erteilen, wenn man selbst am Wort ist und dies außer Frage steht. Partizipation als zugestandene Teilhabe setzt auf der einen Seite Einladende voraus, die bestimmen, was in wie weit geteilt wird, und auf der anderen Seite Eingeladene, die das Angebot zur Teilhabe annehmen – oder auch nicht. Partizipation allein führt nicht automatisch zu einer gerechteren Repräsentation oder gar zu Gleichberechtigung. Umgekehrt heißt es aber auch nicht, dass Partizipation nur zur Verfestigung ungleicher Machtverhältnisse führt, denn sowohl Einladende als auch Eingeladene treten in einen Prozess ein, in dem sich die Ausgangspositionen, Absichten und Handlungsmöglichkeiten verändern können. Das Ergebnis von partizipativen Prozessen ist also offen: sie können zur Verfestigung der gegebenen Verhältnisse oder zu ihrer Veränderung führen.
Diese Überlegungen sind für einen selbstkritischen Rückblick auf die Ausstellung „VIELFALT daheim IN TIROL“ wichtig, denn das Projekt hatte eben dieses Ziel: neue Möglichkeiten der Partizipation und Selbstrepräsentation anzubieten. Was auf theoretischer Ebene klar war, wurde auch im Verlauf des Projekts spürbar: Der Anspruch einer gerechteren Repräsentationspraxis und Partizipation ist widersprüchlich, aber notwendig.
Anspruch und Praxis
Sowohl in den Vorüberlegungen als auch bei der Entwicklung des Projekts ging es darum, neue Möglichkeiten und gerechtere Verhältnisse der Repräsentation zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zu schaffen. MigrantInnen sollten nicht als Thema, sondern als Sprechende vertreten sein. Deshalb wurden Menschen mit Migrationshintergrund in allen Ebenen einbezogen, auch im Projektteam selbst (allerdings nicht oder nur indirekt aufgrund ihrer Migrationsgeschichte).
Die Exponate der Ausstellung entstanden in unterschiedlich gestalteten und unterschiedlich intensiven Zusammenhängen. Zwei Exponate („Der Entgrenzer“ und die Fotoserie „Ich bin ein Tiroler – Ich bin eine Tirolerin“) wurden in Zusammenarbeit mit einer pädagogischen Einrichtung und einem Jugendzentrum gestaltet. Diese Exponate wollen vor allem die kulturelle Vielfalt Tirols aufzeigen. Beide Arbeiten spannen einen inhaltlichen Bogen zwischen der kulturellen Vielfalt, die in „Der Entgrenzer“ durch die Bezüge und Herkünfte von in Tirol lebenden Menschen verdeutlicht wird, und der zu Tirol empfundenen Zugehörigkeit der Jugendlichen, denen aufgrund ihres Aussehens im öffentlichen Raum jedoch Fremdheit zugeschrieben wird.
Eine weitere Möglichkeit zur Partizipation bot ein Fotoworkshop im Herbst 2010, aus dem ebenfalls Exponate für die Ausstellung entstanden. Die Einladung erfolgte über Vereine, die im Bereich Migration und Integration tätig sind, über Plakate und gedruckte Einladungen, die an Partnereinrichtungen verteilt wurden. Über diese Kanäle wurden Menschen als MigrantInnen angesprochen und eingeladen, ihre nächste Umgebung (Arbeit, Freizeit, Schule, öffentlichen Raum) aus der eigenen Perspektive fotografisch darzustellen. Es gab keine inhaltlichen Vorgaben, dadurch konnten die TeilnehmerInnen nicht nur über sich sprechen, sondern auch ihre eigenen Lebenswelten darstellen und ihren persönlichen Blick auf Tirol als Gesellschaft einbringen.
Die dritte, zeit- und arbeitsintensivere Form der Partizipation war die Teilnahme an den Arbeitsgruppen, aus denen die Mehrzahl der künstlerischen Exponate entstand. Die Einladung wurde wieder über unterschiedliche Wege an mögliche Interessierte ausgeschickt. Die Arbeitsgruppen bestanden aus jeweils einer/einem KünstlerIn (der Migrationshintergrund war hier nicht ausschlaggebend), einer/einem TeilnehmerIn mit Migrationshintergrund und einer Sozialwissenschaftlerin, die den Gesprächs- und Arbeitsverlauf moderierte und dokumentierte. Die Arbeitsgruppen waren der Raum für Gespräche, Verständigung und Auseinandersetzung, in dem gemeinsam Ideen zur Darstellung der Lebensgeschichte der MigrantInnen, ihrer Erfahrungen und Perspektiven auf „Integration“ entwickelt werden konnten.
Ein unausweichliches Dilemma?
Gerade in den Arbeitsgruppen wurden die Widersprüche sichtbar, die der Praxis der Partizipation und Aufforderung zur Selbstrepräsentation eingeschrieben sind. Es fanden intensive Auseinandersetzungen statt, in denen die Rollen (KünstlerIn, MigrantIn, Sozialwissenschaflerin) festgelegt, ausverhandelt, in Frage gestellt und umdefiniert wurden. Manche Arbeitsgruppen waren von Offenheit geprägt, andere durch mehr oder weniger deutliche Konflikte um das Rollenverständnis. Die am Projekt beteiligten KünstlerInnen suchten auf unterschiedlichen Wegen nach Möglichkeiten, die Themen, Erfahrungen und Erzählungen der Menschen mit Migrationshintergrund künstlerisch umzusetzen. Die Sozialwissenschaftlerinnen veränderten im Verlauf der Arbeitsgruppen oft ihre Rolle und wurden zu Übersetzerinnen, Beraterinnen und selbst zu Künstlerinnen. Die Rollen, Selbstverständnisse und Handlungsräume von Menschen mit Migrationshintergrund veränderten sich ebenfalls auf unterschiedliche Art und Weise. Einige wurden selbst künstlerisch aktiv, andere blieben in der Rolle, Auskunft über die eigenen Erfahrungen und Perspektiven zu geben. Jene, die als Menschen mit Migrationshintergrund angesprochen und beteiligt waren, waren im Gegensatz zu den beiden anderen jedoch in einer eigentümlich fremddefinierten Ausgangsposition. Ein Teilnehmer brachte es auf den Punkt: „Es ist komisch, alle haben ihre Rollen, der eine ist Künstler, die andere ist Sozialwissenschaftlerin – und ich? Welche ist meine Funktion, meine Kompetenz? ‚Migrant‘ zu sein?“
„MigrantIn” oder „Nicht-MigrantIn” sind Kategorien, die oft unabhängig von Staatsbürgerschaft, tatsächlicher Migrationsgeschichte oder der empfundenen und bekundeten Zugehörigkeit wirken. Viele MigrantInnen machen die Erfahrung, dass es nicht genügt, die Sprache der Mehrheitsbevölkerung zu sprechen oder die Staatsbürgerschaft zu besitzen. Auch die selbstempfundene Zugehörigkeit allein, sich als „ÖsterreicherIn“ zu fühlen, reicht nicht. Diese Zugehörigkeit muss erst von anderen „zugestanden“, sozial anerkannt werden. „MigrantIn“ zu sein, ist somit eine soziale Kategorie. Man könnte sagen, dass jene Menschen zu „MigrantInnen“ werden und „MigrantInnen“ bleiben, die als solche „angerufen“ werden. Der Begriff Anrufung ist eher aus dem religiösen Umfeld bekannt. Die Philosophin, Literatur- und Sprachwissenschaftlerin Judith Butler4 übernahm ihn in Anlehnung an den französischen Philosophen Louis Althusser und setzt ihn mit dem Konzept der „Subjektivität“ in Verbindung: erst mit der Ansprache durch andere und unsere Reaktion darauf werden wir zu bestimmten Subjekten, z. B. zu „MigrantInnen“ oder zu „Einheimischen“.
Die Anrufung als MigrantIn und die Einladung, die eigene Position zu bestimmen, bewirken immer auch, dass Menschen auf eine Identität festgelegt werden, unabhängig davon, wie partizipativ die Strukturen tatsächlich sein mögen. Diese Identität ist im Fall von Menschen mit Migrationshintergrund mit jenen vorherrschenden Bildern und Erzählungen verbunden, von denen eingangs die Rede war. Während die Rolle der KünstlerInnen und der Sozialwissenschaftlerinnen über Fähigkeiten und Aufgaben, über ihr „Tun“ bestimmt war, war die Rolle der MigrantInnen über das „Sein“ definiert. Ein „Sein“, das nicht frei von Bildern, Erzählungen und Erwartungen ist; ein vordefiniertes „Sein“, von dem Andersheit und Differenz erwartet wird.
Damit stehen wir vor dem Dilemma der Partizipation. Wie können wir einzelnen Menschen und Gruppen, die als Minderheiten gesehen und behandelt werden, die Möglichkeit des Selbst-Sprechens und der Selbstdarstellung bieten, ohne sie auf die Rolle der „Nicht-dazu-Gehörigen“ festzulegen? Die postkolonialen Wissenschaftlerinnen María do Mar Castro Varela und Nikita Dhawan weisen darauf hin, dass es unmöglich ist, diesem Problem einfach auszuweichen, indem man auf Repräsentation verzichtet.5
Im Projekt „VIELFALT daheim IN TIROL“ wurden neue Räume der Auseinandersetzung und der persönlichen Mitteilung eröffnet. Für manche Menschen war das Projekt eine Möglichkeit, sich selbst darzustellen, von sich und für sich selbst zu sprechen. Andere machten die Erfahrung, dass ungleich verteilte Voraussetzungen und Möglichkeiten des Sprechens, sowie die Festlegung auf eine bestimmte Rolle (z. B. als MigrantIn) die Selbstmitteilung und -darstellung erschweren, ja unmöglich machen können. Am Ende wissen
wir: wir haben mit dieser Ausstellung nicht „MigrantInnen zu Wort kommen lassen“. Wir haben Räume geschaffen, in denen viele Menschen mit und ohne Migrationshintergrund sich artikulieren konnten, in denen sich aber auch ungleiche gesellschaftliche Verhältnisse wiederholten. Es ist notwendig unsere widersprüchlichen Denk- und Handlungsweisen der Kritik und Selbstkritik zu unterziehen, sodass sie nicht unhinterfragt bleiben, sondern zumindest irritiert und in Frage gestellt werden. Somit war die Ausstellung „VIELFALT daheim IN TIROL“ eine widersprüchliche, aber notwendige Praxis.
1 Geisen, Thomas (2010): Vergesellschaftung statt Integration. Zur Kritik des Integrationsparadigmas. In: Mecheril, Paul / Dirim, Ínci / Gomolla, Mechtild / Hornberg, Sabine / Stojanov, Krassimir (Hg.): Spannungsverhältnisse. Assimilationsdiskurse und interkulturelle-pädagogische Forschung. Münster: Waxmann, S. 13–34, S. 14
2 Mit mehrfachen Zugehörigkeiten sind sogenannte „Und-Identitäten“ gemeint. Ist es z. B. möglich, sich als TirolerIn und WeltbürgerIn oder TirolerIn und BosnierIn zu bezeichnen?
3 Vgl. Broden, Anne / Mecheril, Paul (2007): Migrationsgesellschaftliche Re-Präsentationen. Eine Einführung. In: Broden, Anne / Mecheril, Paul (Hg.): Re-Präsentationen. Dynamiken der Migrationsgesellschaft, Düsseldorf: IDA-NRW, S. 7–28
4 vgl. Butler, Judith (1995): Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts. Berlin: Berlin Verlag, S. 165ff.
5 Castro Varela, María do Mar / Dhawan, Nikita (2007): Migration und die Politik der Repräsentation, In: Broden, Anne / Mecheril, Paul (Hg.): Re-Präsentationen. Dynamiken der Migrationsgesellschaft, Düsseldorf: IDA-NRW, S. 32