Gesetzliche Grundlagen in Österreich
In Österreich ist der Schutz von Kindern vor Gewalt in mehreren gesetzlichen Grundlagen zu finden, weshalb hier auch von einer Vorreiterrolle Österreichs diesbezüglich gesprochen werden kann:
- Zum einen hat Österreich die UN-Kinderrechtekonvention ratifiziert, welche in Artikel 19 UN-KRK ein Kinderrecht enthält, das besagt, dass Kinder vor körperlicher und psychischer Gewalt, sowie vor Verwahrlosung, Vernachlässigung und Ausbeutung geschützt werden müssen. Seit 1992 ist dieses Kinderrecht, neben allen anderen Rechten der Konvention, in Österreich in Kraft.
- In Österreich gibt es außerdem seit 1989 ein in § 137 ABGB gesetzlich verankertes Gewaltverbot, welches sowohl körperliche als auch psychische Gewalt in der Erziehung verbietet.
- Und seit 2011 gibt es zusätzlich auch im Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern (Artikel 5 BVGKR) eine entsprechende Bestimmung.
Artikel 19 UN-Kinderrechtekonvention
(1) Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Gesetzgebungs‑, Verwaltungs‑, Sozial- und Bildungsmaßnahmen, um das Kind vor jeder Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung, Schadenszufügung oder Mißhandlung, vor Verwahrlosung oder Vernachlässigung, vor schlechter Behandlung oder Ausbeutung einschließlich des sexuellen Mißbrauchs zu schützen, solange es sich in der Obhut der Eltern oder eines Elternteils, eines Vormunds oder anderen gesetzlichen Vertreters oder einer anderen Person befindet, die das Kind betreut.
(2) Diese Schutzmaßnahmen sollen je nach den Gegebenheiten wirksame Verfahren zur Aufstellung von Sozialprogrammen enthalten, die dem Kind und denen, die es betreuen, die erforderliche Unterstützung gewähren und andere Formen der Vorbeugung vorsehen sowie Maßnahmen zur Aufdeckung, Meldung, Weiterverweisung, Untersuchung, Behandlung und Nachbetreuung in den in Absatz 1 beschriebenen Fällen schlechter Behandlung von Kindern und gegebenenfalls für das Einschreiten der Gerichte.
Artikel 5 Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern
(1) Jedes Kind hat das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, die Zufügung seelischen Leides, sexueller Missbrauch und andere Misshandlungen sind verboten. Jedes Kind hat das Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher und sexueller Ausbeutung.
(2) Jedes Kind als Opfer von Gewalt oder Ausbeutung hat ein Recht auf angemessene Entschädigung und Rehabilitation. Das Nähere bestimmen die Gesetze.
§ 137 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
(1) Eltern und Kinder haben einander beizustehen und mit Achtung zu begegnen. Die Rechte und Pflichten des Vaters und der Mutter sind, soweit nicht anderes bestimmt ist, gleich.
(2) Eltern haben das Wohl ihrer minderjährigen Kinder zu fördern, ihnen Fürsorge, Geborgenheit und eine sorgfältige Erziehung zu gewähren. Die Anwendung jeglicher Gewalt und die Zufügung körperlichen oder seelischen Leides sind unzulässig. Soweit tunlich und möglich sollen die Eltern die Obsorge einvernehmlich wahrnehmen.
Zentral, wenn es um den Schutz von Kindern und Jugendlichen geht, ist die Definition des Kindeswohls, welche der Gesetzgeber in § 138 ABGB sehr treffend formuliert hat:
§ 138 ABGB – Kindeswohl
In allen das minderjährige Kind betreffenden Angelegenheiten, insbesondere der Obsorge und der persönlichen Kontakte, ist das Wohl des Kindes (Kindeswohl) als leitender Gesichtspunkt zu berücksichtigen und bestmöglich zu gewährleisten. Wichtige Kriterien bei der Beurteilung des Kindeswohls sind insbesondere
- eine angemessene Versorgung, insbesondere mit Nahrung, medizinischer und sanitärer Betreuung und Wohnraum, sowie eine sorgfältige Erziehung des Kindes;
- die Fürsorge, Geborgenheit und der Schutz der körperlichen und seelischen Integrität des Kindes;
- die Wertschätzung und Akzeptanz des Kindes durch die Eltern;
- die Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes;
- die Berücksichtigung der Meinung des Kindes in Abhängigkeit von dessen Verständnis und der Fähigkeit zur Meinungsbildung;
- die Vermeidung der Beeinträchtigung, die das Kind durch die Um- und Durchsetzung einer Maßnahme gegen seinen Willen erleiden könnte;
- die Vermeidung der Gefahr für das Kind, Übergriffe oder Gewalt selbst zu erleiden oder an wichtigen Bezugspersonen mitzuerleben;
- die Vermeidung der Gefahr für das Kind, rechtswidrig verbracht oder zurückgehalten zu werden oder sonst zu Schaden zu kommen;
- verlässliche Kontakte des Kindes zu beiden Elternteilen und wichtigen Bezugspersonen sowie sichere Bindungen des Kindes zu diesen Personen;
- die Vermeidung von Loyalitätskonflikten und Schuldgefühlen des Kindes;
- die Wahrung der Rechte, Ansprüche und Interessen des Kindes sowie
- die Lebensverhältnisse des Kindes, seiner Eltern und seiner sonstigen Umgebung.