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Was genau ist verboten?
Artikel 19 der Kinderrechtekonvention enthält ein Kinderrecht, das besagt, dass Gewalt in der Erziehung nichts verloren hat. Demnach müssen Kinder vor körperlicher und psychischer Gewalt, sowie vor Verwahrlosung, Vernachlässigung und Ausbeutung geschützt werden. In Österreich gibt es außerdem seit 1989 ein in §137 ABGB gesetzlich verankertes Gewaltverbot, welches sowohl körperliche als auch psychische Gewalt in der Erziehung verbietet. Seit 2011 gibt es zusätzlich auch im Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern (Artikel 5 BVGKR) eine entsprechende Bestimmung.
Eine Ohrfeige, eine Beleidigung, Vernachlässigung, unangenehme Berührungen etc. ... Gewalt kann viele Formen annehmen. Nicht selten treten die unterschiedlichen Formen der Gewalt aber auch nebeneinander auf.
Körperliche Gewalt
... ist eine der sichtbarsten und deutlichsten Formen der Gewalt. Allerdings hinterlassen auch viele der alltäglichen Gewaltanwendungen keine sichtbaren Spuren oder aber die Anzeichen werden nicht als Ergebnisse von Gewalthandlungen erkannt.
Psychische Gewalt
... bedeutet, dass Kinder ausgegrenzt, eingeschüchtert, gedemütigt, verspottet, missachtet, unterdrückt etc. werden. Kinder und Jugendliche werden durch derartige Handlungen verängstigt und ihnen wird ein Gefühl der Wertlosigkeit vermittelt.
Sexualisierte Gewalt
... beschreibt Handlungen, bei denen Kinder und Jugendliche ganz bewusst und absichtlich zu Objekten sexueller Bedürfnisse Erwachsener gemacht werden.
Vernachlässigung
... liegt dann vor, wenn über einen längeren Zeitraum Versorgungsleistungen ausbleiben, also grundlegende körperliche und seelische Bedürfnisse des Kindes nicht oder nur unzulänglich befriedigt werden.
Was macht Gewalt mit Kindern?
Welche Form von Gewalt auch immer, jede hat negative Auswirkungen auf die Gesundheit, die psychosoziale Entwicklung und das Selbstwertgefühl der betroffenen Kinder und Jugendlichen. Inzwischen ist unbestritten und durch zahlreiche Studien und Fachexpertisen bestätigt: jegliche Form von Gewalt richtet großen körperlichen und seelischen Schaden an. Schläge und Ohrfeigen, aber auch Beleidigungen, Demütigungen und Ausgrenzung können katastrophale Auswirkungen für das spätere Leben der Kinder haben. Die Tatsache, ausgeliefert zu sein, hinterlässt eine nicht zu unterschätzende emotionale Verunsicherung. Angst und Schuldgefühle sind die Folge, das Selbstwertgefühl der Kinder und Jugendlichen wird untergraben und das Vertrauen in zwischenmenschliche Beziehungen zerstört.
Aber nicht nur direkt erlebte Gewalt schädigt Kinder: Wo Kinder geschlagen werden, ist häufig auch Gewalt unter Erwachsenen an der Tagesordnung. Viele junge Menschen erleben als Zeuginnen und Zeugen massive körperliche Übergriffe zwischen den Eltern mit, ohne vielleicht selbst Opfer körperlicher Übergriffe zu werden. Auch diese beobachtete Gewalt hat immense nachteilige Folgen für die gesamte Entwicklung und natürlich Auswirkungen auf das spätere Verhalten.
Wie erkenne ich Gewalt an Kindern und Jugendlichen?
Kinder, die von Gewalt betroffen sind, schweigen häufig sehr lange aus Scham oder auch aus Angst vor den Konsequenzen. Nicht selten haben sie aber auch Angst, dass ihnen nicht geglaubt oder die Gewalt sogar verharmlost wird. Zudem haben sie aber auch in vielen Fällen Angst, ihre Eltern zu verraten oder gar zu verlieren - diese Angst gibt Kindern das Gefühl, hilflos und ohnmächtig zu sein. Viele suchen die Schuld bei sich und die Hemmschwelle, sich in einem solchen Fall Hilfe zu holen, ist leider sehr groß.
Der Umgang mit Gewalterfahrungen kann aber von Kind zu Kind sehr unterschiedlich sein.
Wichtig ist es zunächst, die Signale, die Kinder aussenden, um auf sich aufmerksam zu machen, wahrzunehmen. Es ist oft nicht einfach, die verschlüsselten Botschaften der Kinder zu erkennen und richtig zu deuten. Außerdem können ihre Reaktionen sehr unterschiedlich aussehen: Manche Kinder reagieren mit Aggression, andere wiederum mit Teilnahmslosigkeit oder Rückzug. Es kann aber auch sein, dass manche Kinder sich scheinbar "normal" verhalten. Zudem kann es vorkommen, dass bei Kindern auch psychische oder körperliche Symptome auftreten, die natürlich nicht immer im Zusammenhang mit der erlebten Gewalt stehen müssen, aber dennoch Anzeichen dafür sein können.
Was brauchen Kinder, die Gewalt erlebt haben?
Das womöglich wichtigste ist, den Kindern das Gefühl zu vermitteln, dass ihnen geglaubt wird, sie ernst genommen und verstanden werden. Kinder, die Gewalt erleben, brauchen vor allem Personen, die den Mut aufbringen, hinzuschauen und zu handeln! Wenn sich Kinder einer erwachsenen Person anvertrauen und von Übergriffen - sei es zu Hause oder auch in einer Einrichtung - berichten, führt das nicht selten zu einer Überforderung. Es braucht deshalb neben dem Mut auch das Wissen um die Dynamik von Gewalt und Missbrauch, um sensibel und adäquat handeln zu können.
Häufig gehen helfende Personen davon aus, dass betroffene Kinder nur Freude und Erleichterung empfinden, wenn die Situation aufgedeckt wird. Insbesondere wenn es um häusliche Gewalt geht, sind Kinder aber einer Flut von teils widersprüchlichen Gefühlen ausgesetzt - diese reichen von der Erleichterung, dass ihnen geholfen wird, über die Hoffnung, dass sich was bessert, bis hin zur Angst, dass man bestraft wird, weil man etwas gesagt hat oder der Scham, dass in der Familie so etwas passiert. Dennoch ist es wichtig, in Konakt mit dem betroffenen Kind zu bleiben! In weiterer Folge gilt aber: Wer schnell helfen will, muss langsam und gut überlegt handeln!
Überreaktionen, ungeplantes und in seinen Folgen nicht durchdachtes Vorgehen könnte dem Kind schaden und es zusätzlich sehr belasten. Beratungsstellen und Einrichtungen, die sich mit dem Thema beschäftigen, können hier gute Unterstützung und Hilfe anbieten!
Eines dürfen wir in einer solchen Situation aber nie vergessen: Kinder, die Gewalt von ihren Eltern erfahren haben, wollen diese grundsätzlich nie verraten. Und auch Eltern, die ihren Kindern Gewalt antun, haben liebenswerte Seiten. Egal was den Kindern angetan wurde, sie werden ihre Eltern immer lieb haben! Dies gilt es im Rahmen eines Hilfeprozesses stets zu bedenken.
Was kann ich im Verdachtsfall tun?
Damit das Recht auf gewaltfreie Erziehung auch im Alltag umgesetzt werden kann, braucht es vor allem von Erwachsenen Zivilcourage und Mut, hinzuschauen und einzugreifen, wenn Kinder Hilfe brauchen! Wenn Sie den Verdacht haben, dass ein Kind Gewalt erfährt, sprechen Sie mit dem Kind und sagen Sie ihm, was ihnen aufgefallen ist und dass Sie sich Sorgen machen. Bieten Sie ihre Hilfe an und ziehen Sie Fachleute hinzu oder nehmen Sie eine Beratung in Anspruch.
Hilfe & Unterstützung (Links)
- Kinder- und Jugendhilfe (Jugendämter)
- Tiroler Kinder und Jugend GmbH - Prävention Beratung Begleitung Schutz
- Weitere Informationen zu diesem Thema gibt es hier: Infomaterial und Broschüren