Integrationsenquete 2024: Den Raum zum Öffentlichen machen

Stadt Innsbruck, Haus der Begegnung der Diözese Innsbruck und Tiroler Integrationsforum veranstalteten gestern, Donnerstag, die 14. Integrationsenquete

  • Privilegien und Diskriminierungen des öffentlichen Raumes im Fokus

Wer nutzt den öffentlichen Raum? Ist er tatsächlich für alle offen oder gibt es bewusste oder unbewusste Hürden? Welche Räume zeigen gesellschaftliche Privilegien auf und sind sich die NutzerInnen dessen bewusst? Inwieweit spielen Faktoren der Intersektionalität und Digitalisierung eine Rolle? Wie können die vielfältigen Nutzungen des öffentlichen Raumes reibungslos miteinander funktionieren? Diesen Fragestellungen widmete sich die gestern, Donnerstag, stattgefundene 14. Integrationsenquete im Landhaus in Innsbruck.

Die Integrationsenquete wurde von Land Tirol, Stadt Innsbruck, dem Haus der Begegnung der Diözese Innsbruck sowie dem Tiroler Integrationsforum organisiert. Neben politischen VertreterInnen und ExpertInnen nahmen auch zahlreiche Interessierte an der Veranstaltung teil.

„Für mich ist der öffentliche Raum nicht nur ein physischer Ort, sondern auch die Bühne für gesellschaftliche Prozesse, die den öffentlichen Diskurs prägen. Aus diesem Grund müssen diese Räume sozial gerecht und zugänglich für alle Teile der Gesellschaft gemacht werden. Gerade im Kontext der Integration spielt der öffentliche Raum eine zentrale Rolle, weil er Orte schafft, an denen Begegnungen zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kulturen und Lebensstile stattfinden können. Öffentliche Räume sind ein Begegnungsort für Diversität: Öffentliche Plätze, Parks und andere Freiflächen bieten Raum für ungeplante und alltägliche Begegnungen zwischen verschiedenen sozialen Gruppen. Diese Begegnungen fördern den interkulturellen Austausch und helfen, Vorurteile abzubauen, indem Menschen in ihrem Alltag miteinander in Kontakt treten“, betont Integrationslandesrat LHStv Georg Dornauer im Rahmen der Veranstaltung.

Für Soziallandesrätin Eva Pawlata ist öffentlicher Raum aus sozialpolitischer Sicht ein entscheidender Faktor für Teilhabe und Chancengleichheit: „Menschen kommen zusammen, tauschen sich aus und üben ihre Rechte aus. Es ist deshalb entscheidend, dass dieser Raum für alle Menschen – unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Alter oder Behinderung – zugänglich ist. Barrieren, ob physische wie fehlende Barrierefreiheit oder strukturelle wie soziale Ausgrenzung, dürfen im öffentlichem Raum keinen Platz haben. Daher müssen wir sicherstellen, dass öffentliche Räume Orte des Austauschs und der Inklusion sind, an denen sich alle Menschen sicher und willkommen fühlen.“

„Es ist entscheidend, dass die Politik aktiv zuhört und die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt. Der öffentliche Raum betrifft uns alle, und nur durch den Dialog mit der Bevölkerung können wir die vielfältigen Bedürfnisse und Herausforderungen verstehen. Indem wir die Perspektiven der Menschen einbeziehen, können wir nachhaltige Lösungen entwickeln, die die Integration fördern und Barrieren abbauen – denn ein gelungener öffentlicher Raum ist der Schlüssel zu einer lebendigen und gerechten Stadt“, so die für Integration zuständige Innsbrucker Stadträtin Janine Bex.

Wie gestaltet man eine Stadt/den öffentlichen Raum?

Die Landschaftsplanerin, Sozialanthropologin und Teilhaberin des Büros tilia, Heide Studer, gab einen Einblick in Stadtplanungskonzepte und diskutierte verschiedenste Aspekte, die es bei (Neu-)Gestaltungen von öffentlichen Räumen zu berücksichtigen gilt. Sie erklärte den Prozess der Transformation der Öffentlichkeit und referierte unter anderem über die Auswirkungen des Klimawandels und andere Parameter, die einerseits private Räume beeinflussen und Personen in und aus öffentlichen Räumen drängen können, aber andererseits auch das Erleben öffentlicher Plätze verändern und Städte vor neue Herausforderungen stellt. Gleichzeitig betonte sie die Wichtigkeit einer ausgewogenen Zusammensetzung von stadtplanerischen Entscheidungsgremien, um Partizipationsprozesse zu optimieren und dadurch verschiedene Lebensrealitäten bestmöglich berücksichtigen zu können.

Anschließend verwies die Architektin, Forscherin und Aktivistin Niloufar Tajeri auf die Tatsache, dass öffentlicher Raum nie neutral ist, ebenso wenig wie architektonische Gestaltung. Sie stellte die Frage in den Raum, wann Gestaltung Teil demokratischer Konflikte sein kann und betonte die Wichtigkeit von partizipatorischen Konflikten am Beispiel der Berliner Hermannplatzes. Öffentliche Räume bestehen aus sozialen Beziehungen und politischen Praktiken, so Tajeri. Oft entstehen Verdrängungseffekte einkommensschwacher Menschen durch strukturelle Veränderungen. Schließlich gehe es um die Frage, wer braucht den öffentlichen Raum und nicht, wer will den öffentlichen Raum.

Wie schafft man Zugänge zum öffentlichen Raum?

Am Nachmittag wurden von zwei Vertreterinnen des maiz – Autonomes Zentrum von und für Migrantinnen wichtige Perspektiven von migrierten und geflüchteten Frauen auf den öffentlichen Raum erörtert. Anschließend gab Wolfgang Andexlinger, Leiter des Innsbrucker Amtes für Stadtplanung, Mobilität und Integration Einblicke in Stadtplanungsprozesse der Innsbrucker Stadtverwaltung und skizzierte die Inhalte am Beispiel des Innsbrucker Marktviertels.