Archivglossar - G
Gauselbstverwaltung
Das Ostmarkgesetz vom 14. April 1939 richtete die sieben übriggebliebenen österreichischen Länder in Form von Reichsgauen als staatliche Verwaltungsbezirke sowie - nach preußischem Vorbild - als Selbstverwaltungskörperschaften ein. Die ihnen zugestandenen öffentlichen Aufgaben waren bescheiden. Im Prinzip erschöpfte sich die Gauselbstverwaltung in der Verwaltung des früheren Landesvermögens, in unserem Fall der Länder Tirol und Vorarlberg. An der Spitze der Gauselbstverwaltung stand der Reichsstatthalter, die eigentlichen Geschäfte führte der Gauhauptmann, der vom Reichsminister des Inneren auf 12 Jahre ernannt wurde und dem ein Gaukämmerer unterstellt war. Dem Reichsstatthalter als Chef der Gauselbstverwaltung standen Gauräte beratend zur Seite, im Falle des Reichsgaus Tirol und Vorarlberg waren es neun hohe Parteifunktionäre. Auch die unteren staatlichen Verwaltungsbezirke, die Landkreise, wurden als Selbstverwaltungskörperschaften eingerichtet, die aber noch mehr als die Gauselbstverwaltung über die Landräte in die staatliche Organisation integriert waren.
Geheimer Rat
Aus dem Erzherzog Maximilian III. als Gubernator für Tirol und die Vorlande (1602-1619) von der habsburgischen Erbengemeinschaft beigestellten Assistenzrat entwickelte sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts der Geheime Rat mit Sitz in Innsbruck. Er war - in Analogie zum früheren Hofrat - die oberste Verwaltungs- und Justizinstanz für Tirol und die Vorlande, ihr waren andere zentrale Organe, Regierung und Kammer, untergeordnet. Mit Geheimer Rat, Regierung und Kammer war für fast 200 Jahre das klassische Trias von zentralen Verwaltungsbehörden in Innsbruck gegeben. Im Zuge der maria-theresianischen Verwaltungsreformen wurden Geheimer Rat und Kammer 1749 aufgelöst, an ihre Stelle trat die Repräsentation und Kammer, der zugleich die adminstrativen Aufgaben der Regierung zugesprochen wurden.
Gemein (Gemeinde)
Auch in Tirol wurden Wald und Weide seit alters vorwiegend kollektiv genutzt. Grund und Boden,als Wald und Weide gemeinschaftlich bewirtschaftet, wurde als „Gemain“ oder „Gemein“ bezeichnet. Der bekanntere Begriff „Allmende“ für diesen agrargemeinschaftlichen Grund und Boden war in Tirol nicht üblich. Ausgeübt, behauptet und verteidigt gegenüber Ansprüchen Dritter wurden diese kollektiven Nutzungsrechte von bäuerlichen Siedlungen, die sich vorwiegend als „Nachbarschaften“ begriffen. Innerhalb dieser Nachbarschaften waren diese Nutzungsrechte nicht an Personen, sondern an den Besitz von Haus und Hof, somit an Liegenschaften, die einen bäuerlichen Betrieb ausmachten, gebunden. Getrennt von ihrer „Stammliegenschaft“ durften die damit verbundenen Nutzungsrechte nicht veräußert werden. Bedingt durch die wachsende Bevölkerung, die trotz Zunahme von Handel und Gewerbe in den Städten und Märkten auf die Landwirtschaft als Nahrungsquelle und Erwerbszweig angewiesen war, wuchs einerseits die Zahl der Nachbarschaften (etwa indem sich die Bergsiedlungen von den Talsiedlungen loslösten und eine Teilung der Gemein durchsetzen), andererseits innerhalb der Nachbarschaften die Zahl der Nutzungsberechtigten, weil die Höfe geteilt wurden, aus Huben wurden Halb-, Viertel-, ja Achtelhuben. Da Wald und Weide beschränkte Ressourcen waren,wurde die Problemlage dadurch verschärft, dass die in den Dörfern seit dem Spätmittelalter anwachsende, aus Taglöhnern, Bergknappen und kleinen Gewerbetreibenden sich zusammensetzendeSchicht der Söllhäusler und Untersassen, die auf ein Zubrot aus der Landwirtschaft angewiesen waren, gleichfalls Ansprüche auf die Gemein stellten, wobei sie auf den vehementen oder zumindest hinhaltenden Widerstand der ansässigen Bauern stießen. Zum größten Konkurrenten wuchs allerdings die landesfürstliche (Forst)verwaltung heran in ihrem Bestreben, die Saline Hall, die anderen Bergwerke und die Verhüttungsbetriebe ausreichend mit Holz versorgt zu wissen. Zu diesem Zweck wurden „Amtswälder“ beansprucht, in denen Holznutzungsrechte gänzlich ausgeschlossen waren, eingeschränkt wurden oder nur auf Gnade und Widerruf (Gnadenhölzer) gewährtwurden, und obendrein ein Anspruch auf ein landesfürstliches Obereigentum an allen „gemeinen“ Wälder erhoben.
Die wichtigsten im Zusammenhang mitGemein und Nachbarschaft stehenden Nutzungsrechte waren bei Weide, siedlungsnahen Hutweiden und Hochweiden im Gebirge (Almen oder Alpen) das Recht, Vieh auf die Weide zu treiben („Blumbesuch“), wobei bestimmte Weiden für Pferde, Stiere und Ochsen (Galtvieh), Kühe, Schafe und Schweine vorgesehen waren. Das Ausmaß der Nutzung war auf die „Hausnotdurft“, den Eigenbedarf des nutzungsberechtigten Betriebes beschränkt, in der Regel auf jenes Vieh, das der Bauer über Winter in seinem Stall durchgefüttert hatte. Beim Wald wurden gleich mehrere Hauptnutzungen angesprochen, obgleich auch hier die Regel der „Hausnotdurft“ galt. Als solche galten der Holzbezug, der Streubezug und die Weide im Wald. Mit Abstand am wichtigsten war der Holzbezug. Der Bauer durfte sich aus dem „gemeinen“ Wald das für Haus und Hof benötige Bau- und sonstige Nutzholz sowie Brennholz besorgen. Das Gleiche galt für die Waldstreu, die mangels Stroh vielerorts in den Ställen benötig wurde.Ein nicht zu unterschätzender Faktor waren die Waldweiderechte, die überall dort zum Tragen kamen, wo es zu wenig Hutweiden gab, auf denen jenes Vieh, das nicht auf den Almen gesömmert wurde, grasen konnte. Als solche Weidegründe über Sommer dienten vor allem die siedlungsnahen Wälder, die wegen der permanenten Beweidung lichte Niederwälder waren und ansonsten nur dazu taugten, Brenn- und Zaunholz aus ihnen zu gewinnen.
Alles in allem waren diese gemeinschaftlichen Nutzungsrechte an der Gemein, besonders was den Wald betraf, eine komplexe Angelegenheit, weil zum einen mitunter mehrere Nachbarschaften auf ein und dieselbe Gemein zugriffen, zum anderen verschiedene und mitunter abgestufte Nutzungsrechte innerhalb einer Nachbarschaft vorkamen. Und all das beruhte vorwiegend auf Herkommen und Gewohnheit, selten durch örtliche Dorf-oder Gemeindeordnungen normiert, noch seltener durch Verträge, meist Folge von Rechtsstreitigkeiten, schriftlich fixiert und eingehender geregelt. Verkompliziert wurde das durch die von den Nachbarschaften initiierten und behördlich zu genehmigenden Waldteilungen, wodurch die so genannten Teilwälder geschaffen wurden. Bisheriger (unverteilter) gemeiner Wald einer Nachbarschaft wurde parzelliert und die einzelnen Waldparzellen per Los den bisherigen nutzungsberechtigten Höfen zugewiesen. Der ausschließliche Holz- und Streubezug auf diesen Waldparzellen stand dem jeweiligen Hof zu, alle anderen Nutzungsrechte wurden auch weiterhin in den Teilwäldern kollektiv von der Nachbarschaft ausgeübt. Angesicht des Umstandes, dass die wirtschaftlicheExistenz,mangels eigener Wälder und Weiden, der meisten bäuerlichen Betriebe, besonders wenn sie auf die Viehwirtschaft spezialisiert hatten,von diesen Nutzungsrechten an der Gemein abhingen, und dass unterbäuerliche Schichten wie die Söllleute auch Rechte an der Gemein beanspruchten, hatte der Komplex Gemein heikle ökonomische und soziale Dimensionen. Verschärfend trat hinzu, dass im frühen 19. Jahrhundert die bisher weitgehend belanglose Frage auftauchte, wer Eigentümer jener Wälder sei, die bisher als Gemein- oder Gemeindewälder kollektiv genutzt wurden. Siehe auch Forstregulierungspatent 1847 und Servitutenablösung und Servitutenregulierung.
Gemeinde
Abgesehen von der Stadt und dem Markt, die in ihrer Selbstorganisation sowie wirtschaftlich und sozial bevorrechtet waren, liegt die Hauptwurzel der ländlichen Gemeinde in Tirol in der "Gemain". Darunter ist jener Grund und Boden zu verstehen, der von den Bauern, den "Nachbarn", gemeinsam genutzt wurde. In der Regel handelte es sich um extensiv bewirtschaftetes Land, um Wälder, Auen, Weiden und Almen, über das der Landesfürst das Obereigentum behauptete. Somit glichen die Gemeinden auf dem Land bäuerlichen Genossenschaften, hatten sie den Charakter von bäuerlichen Wirtschaftsverbänden an sich. Nur wer mit Haus und Hof ansässig war, hatte Anteil an der Gemain und galt als Mitglied der Gemeinde, die nach innen demokratisch organisiert, aber nach außen - gegenüber den Nicht(land)besitzenden - abgeschottet war. In der Grafschaft Tirol war der "Staat" auf regionaler Ebene über die Gerichte, die Verwaltungs- und Justizbehörden in einem waren, präsent. Nach unten fehlte ihm aber jede Verwaltungsstruktur, und daher mussten wohl oder übel die Nachbarschaften oder Gemeinden als Ansprechpartner und Vollzugsgehilfen einspringen, um die öffentliche Sicherheit zu garantieren, Milizionäre für das Wehraufgebot zu rekrutieren und die Steuern umzulegen und einzuheben. Daher schreibt die Tiroler Landesordnung von 1573, bis in das 18. Jahrhundert die maßgebliche Gesetzessammlung der Grafschaft Tirol, ausdrücklich vor, jeder Gerichtsbezirk habe sich in ein, zwei, drei oder mehr Viertel, Stäbe, Oblaien oder Malgreien zu untergliedern. Auf dem Land hätten die Nachbarschaften, jene Personen somit, die Grund und Boden besitzen, für jedes Viertel oder wie immer einen oder zwei Viertelmeister und vier, sechs oder acht ortsansässige "Verständige" mit Zustimmung der Obrigkeit zu wählen oder abzuordnen. In der Praxis wurde das längst schon gespielt. Tirol war übersät mit Gemeinden, wobei diese Bezeichnung selten fiel, je nach Region sprach man von Nachbarschaft, Oblai, Stab, Malgrei, Kreuztracht, Rotte, Viertel, Hauptmannschaft, Riegat usw. Wie sich diese Gemeinden organisierten, was sie innerhalb ihrer Gemeinschaft regelten, war mehr oder weniger ihnen überlassen. Eine einheitliche Gemeindeorganisation sollte erst das 19. Jahrhundert bringen, wobei die noch immer bestehenden rechtlichen Unterschiede zwischen Stadt, Markt und Landgemeinde allmählich eingeebnet wurden. Auf die Gemeinden haben der Landesfürst und der Staat insofern Einfluss genommen und sie mitgestaltet, vor allem hinsichtlich ihres Gebietsumfanges, als sie diese als Steuerobjekte oder Steuergemeinden heranzogen. Meist, aber nicht immer fielen in Tirol Nachbarschaft und Steuergemeinde zusammen.
Aufbauend auf dem, was sich durch Jahrhunderte als Nachbarschaften behauptet und als Steuergemeinden verfestigt hatte, konnte der Staat im 19. Jahrhundert einen einheitlichen Ordnungsrahmen für das Gemeindewesen zimmern. Ein erster wichtiger Schritt dazu war in Tirol das Gemeindegesetz von 1819, das allerdings gravierende Nachteile hatte: Mehr oder weniger wurde die Gemeinde zum staatlichen Vollzugsorgan degradiert, weiters wurden die Gemeinden mit öffentlichen Aufgaben eingedeckt, die zu erfüllen sie meist nicht in der Lage waren, weil es an rechtlichen Kenntnissen, administrativer Erfahrung und nötiger Infrastruktur mangelte. Erst die Tiroler Gemeindeordnung von 1866, basierend auf einem Reichsgesetz von 1862, schuf dann im Prinzip jene Gemeinde als autonomes und demokratisches Gemeinwesen, wie wir es heute kennen.
Die Gemeinden haben im österreichischen Verwaltungsaufbau eine zweifache Funktion: In Angelegenheiten des eigenen (autonomen) Wirkungsbereiches handeln sie frei von Weisungen, sie unterliegen hier lediglich der staatlichen Aufsicht. Die Gemeinden sind in die Hierarchie der Verwaltungsorgane eingebunden und besorgen staatliche Aufgaben für den Bund und die Länder (übertragener Wirkungsbereich) und sind daher an deren Weisungen gebunden. Das Bundesland Tirol zählt 279 Gemeinden.
Gericht
Seit dem Spätmittelalter war die Grafschaft Tirol in die Sprengel der Gerichte aufgerastert. Unter dem Gericht an sich ist die unterste territoriale Einheit für Justiz und Verwaltung zu verstehen. Ein Gericht hatte innerhalb seines Sprengels die Zivil- und Strafgerichtsbarkeit auszuüben und die Verwaltung wahrzunehmen. Die meisten Gerichte (vereinzelt auch als Hofmark, Hofgericht, Stadtgericht bezeichnet) fielen in die Kategorie der Niedergerichte, denn ihre Kompetenz als Strafgericht war eingeschränkt. Gerichte mit Hoch- und Blutgerichtsbarkeit, die schwere Verbrechen ahndeten und bestraften, den Menschen an Leib und Leben gehen durften, wurden in Tirol als Landgerichte bezeichnet. Als Justizorgane waren die Gerichte kollegial organisiert. Laienrichter (Gerichtsgeschworene) fanden und sprachen unter dem Vorsitz des Richters die Urteile. Die Verwaltung lag allein in den Händen des Richters oder/und eines Pflegers. Der 1817 in Tirol geschaffene einheitliche Typus des Landgerichts hatte mit den alten Landgerichten wenig gemein, er war vielmehr die unterste staatliche (landesfürstliche) Instanz der Verwaltung und der Justiz in einem, die dann von 1854 bis 1868 als Gemischtes Bezirksamt weiterlebte. Sowohl die heutigenBezirkshauptmannschaften als Verwaltungsbehörden wie auch die Bezirksgerichte als Justizbehörden stehen in der Tradition der Gerichte.
Grundbuch
Im Grundbuch sind, so ist zwingend vorgeschrieben, alle sich auf Grund und Boden beziehenden Rechte einzutragen. Das Grundbuch wurde in Tirol erst 1897 gesetzlich eingeführt und hat das Verfachbuch nach und nach in seiner Funktion als provisorischer Ersatz des Grundbuches abgelöst. Das Grundbuch wird vom Bezirksgericht für seinen Gerichtssprengel geführt. Das Grundbuch besteht aus dem Hauptbuch, der Urkundensammlung und der Grundbuchsmappe. Das Hauptbuch ist gegliedert nach Katastralgemeinden, innerhalb der Katastralgemeinde nach Einlagezahlen, innerhalb der Einlagezahl nach A-Blatt (Gutsbestandsblatt), B-Blatt (Eigentumsblatt) und C-Blatt (Lastenblatt). Das Grundbuch (Hauptbuch) ist in Österreich flächendeckend als EDV-Datenbank abrufbar. Das "alte" Grundbuch (vor der EDV-Umstellung) liegt in Tirol derzeit noch bei den Bezirksgerichten samt Urkundensammlung und Grundbuchsmappe auf.
Grundbuchanlegungsprotokoll
Das Grundbuchanlegungsprotokoll diente zur Umstellung vom Verfachbuch auf das heutige Grundbuch. Aufgebaut ist es innerhalb der Sprengel der Bezirksgerichte nach Katastralgemeinden, innerhalb der Katastralgemeinde nach Post-Nummern (bei Anlage des Grundbuchanlegungsprotokolls wurde jedem Grundeigentümer eine solche zugewiesen), die nicht ident ist mit der Einlagezahl des Grundbuches.
Grundbuchblätter
Die Grundbuchblätter haben nichts zu tun mit dem von den Bezirksgerichten geführten Grundbuch. Es handelt sich bei den Grundbuchblättern vielmehr um Personalunterlagen aus dem Bereich des Militärs, genauer der k. u. k. Armee. Über jeden zum Wehrdienst eingezogenen Mann wurde ein Grundbuchblatt geführt. In ihm ist die militärische Laufbahn eines Soldaten dokumentiert, seine aktive Wehrdienstzeit (Präsenzdienst), seine Waffenübungen als Reservist, Beförderungen und Auszeichnungen, seine Kriegsdienstleistung während des Ersten Weltkriegs. Das Tiroler Landesarchiv besitzt rund 46.000 Grundbuchblätter von Wehrpflichtigen der k. u. k. Armee aus dem Bereich des heutigen Bundeslandes Tirol sowie rund 38.000 Grundbuchblätter von Wehrpflichtigen der k. u. k. Armee aus dem heutigen Südtirol und dem Trentino. Letzterer Bestand weist starke Lücken auf.
Grundentlastung
Die allgemeine Grundentlastung war die wichtigste Agrarreform in den österreichischen Ländern. Auch in Tirol war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts der bäuerliche Grundbesitz mit Grundrenten belastet, die aus Rechtstiteln wie Grundherrschaft, Vogtei, Zehentherrschaft usw. flossen. Im modernen Sinne waren Grundzins, Vogteiabgabe, Zehent oder wie immer Reallasten, wobei den dahinter steckenden Rechtstiteln in Tirol jedes herrschaftliche Moment längst abhanden gekommen war. Unter Reallast ist eine dinglich wirkende Belastung eines Grundstückes mit der Haftung für bestimmte, in der Regel wiederkehrende Leistungen des jeweiligen Grundeigentümers zu verstehen. Die Grundentlastung in Tirol fußte auf zwei Reichsgesetzen des Jahres 1848 und einer Ministerialverordnung aus dem Jahre 1849. Unentgeltlich aufgehoben wurden alle dem Untertänigkeitsverhältnis entspringenden und auf Grund und Boden haftenden Leistungen. Eine auf der Grundherrschaft basierende rechtliche Abhängigkeit war in Tirol seit langem abgekommen, daher spielte diese Bestimmung hier, im Gegensatz zu anderen österreichischen Ländern, in der Praxis keine Rolle. Aufgehoben wurden ferner, aber gegen Entgelt, alle jene Leistungen (Natural-, Arbeits- und Geldleistungen), die auf Grundherrschaft, Zehent-, Schutz-, Vogtei- und Bergherrlichkeit beruhten, einschließlich der Besitzänderungsgebühren. Zu diesem Zweck wurde die Leistung jeweils kapitalisiert, ein Drittel des Grundentlastungskapitals wurde zu Lasten des Berechtigten (der Grundherrschaft usw.) abgezogen. Grundsätzlich wurde zwischen "billiger Entschädigung" und "Ablösung" unterschieden. Im ersteren Fall hatten je zur Hälfte das Land und der Verpflichtete (Bauer) das verbleibende Kapital zurückzuzahlen, im zweiteren der Verpflichtete allein. In die Kategorie der zu entschädigenden Leistungen fielen etwa Zehente, Robote (Arbeitsleistungen), Laudemial- oder Besitzwechselgebühren, in die Kategorie der abzulösenden Leistungen der Grundzins beim Erbbaurecht. Um die Grundentlastung abzuwickeln, wurden in Tirol eigene Behörden eingerichtet: eine Landeskommission, Kreis- und Bezirkskommissionen. Die Abzahlung der Grundentlastungskapitalien lief über einen eigenen Fonds, der den Berechtigten Schuldverschreibungen der öffentlichen Hand (Obligationen) ausstellte. Die Bescheide oder Erkenntnisse der Grundentlastungslandeskommission wurden den Landgerichten (Bezirksgerichten) zugestellt, die diese Urkunden in einer eigenen Abteilung der Verfachbücher (Grundentlastungsprotokolle oder Verfachbuch II. Teil) sammelten und hinterlegten. Die Frage der Dienstbarkeiten oder Servitute wurde bald darauf im Rahmen der Servitutenregulierung angegangen.
Grundherrschaft
Die ursprüngliche Funktion der Grundherren, abgeleitet aus dem Eigentum und dem Besitz an Grund und Boden, über die diesen bearbeitenden und nutzenden Personen oder Bauern zu herrschen, ist in Tirol rasch verblasst. Die personale Beziehung, wie sie sich früher in der mit der Grundherrschaft verbundenen Leibherrschaft manifestiert hatte, wurde bereits zum Ausgang des Mittelalters zu einer solchen zwischen Obereigentümer und Untereigentümer versachlicht. Allein der sprachliche Wandel vom Grundherrn zur Grundherrschaft verdeutlicht diesen Vorgang. Die Bauern streiften ihre existentielle Abhängigkeit von ihren Grundherrschaften ab. Die in Tirol am verbreitetsten grundherrlichen (Land)leiheformen - Erbbaurecht und das sich diesem seit dem Spätmittelalter annähernde Freistiftrecht - begünstigten und stärkten die Besitzrechte der Bauern. In der Frühen Neuzeit war in weiten Teilen Tirols die Grundherrschaft bereits in die Rolle eines Rentenbeziehers gedrängt. Die Grundherrschaft besaß lediglich das Recht auf Bezug des Grundzinses und anderer jährlicher Leistungen (Weisat sowie Arbeitsleistungen, die als Fron oder Robot bezeichnet wurden) und behauptete bescheidene Vorbehalte, wenn grundherrlich gebundene Liegenschaften von den Grundholden oder Bauern veräußert wurden. Das Recht, Verträge aus- oder mitzufertigen, die grundherrlich gebundene Liegenschaften betrafen, war den Grundherrschaften bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts unbenommen. Manche größere Grundherrschaften haben es auch wahrgenommen und diese Verträge in eigenen Verfachbüchern evident gehalten. Die mit Abstand größte Grundherrschaft in Tirol war die des Landesfürsten. Adel und kirchliche Anstalten wie Bistümer, Klöster und Pfarren finanzierten sich im erheblichen Maße durch ihre Grundherrschaften, auch das städtische Bürgertum begann seit dem Spätmittelalter in Grundrenten zu investieren. Die grundherrlichen Rechte wurden 1848/49 im Zuge der Grundentlastung aufgehoben.
Grundsteuer
Die Grundsteuer zählt, wie könnte es in einer agrarischen Gesellschaft anders sein, zu ältesten Steuern, und war in Tirol bis in das 19. Jahrhundert eine der wichtigsten Einnahmequellen des Landesfürsten bzw. des Staates. Dem Ursprung nach war sie „Hilfe in der Not“, sie war keine regelmäßige oder ständige, also Jahr für Jahr fällige Abgabe. An- und eingefordert wurde sie aus konkretem Anlassfall, vor allem wenn dem Land Krieg drohte. Deswegen war das Grundsteuersystem eng verflochten mit der Organisation der Landmiliz, dem zivilen Wehraufgebot von Bauern, Städtern und Adeligen, die im Ernstfall das Land zu verteidigen hatten. Das Recht, dem Landesfürsten eine solche „Hilfe in der Not“ in Form der Grundsteuer zu bewilligen, hatten in der Grafschaft Tirol seit dem Spätmittelalter deren Landstände. Zu diesem Zweck musste der Landesfürst einen Landtag einberufen und dort seine Steuerforderung vorbringen und argumentieren. Die Grundsteuer setzte sich einerseits aus der Adels- oder Dominikalsteuer und andererseits aus der Gemeinen oder Rustikalsteuer, auch Glebalsteueroder kurz Gleba genannt, zusammen. Besteuert wurden sowohl der (land)wirtschatlich genutzte Grund und Boden (Rustikalsteuer) an sich als auch die auf diesen Grund und Boden lastenden ständigen Abgaben oder Grundrenten wie in Geld oder Naturalien zu leistende Grund-, Vogteizinsen, Zehnten usw., weiters Arbeiten und Dienste (Fron oder Robot), die zwecks Besteuerung mit einem gewissen Faktor kapitalisiert wurden (Adelssteuer). Die Grundsteuer war eine kontingentierte Steuer, es wurde jeweils die auszuschreibende Steuersumme (z.B. 120.000 Gulden) festgelegt. Als Umlegungsschlüssel für die Grundsteuer (zugleich für das Wehraufgebot der Landmiliz) dienten „Steuerknechte“, seit 1511 5.000 an der Zahl, wovon 1.800 der Adelssteuer und 3.200 der Rustikalsteuer zugewiesen waren. Bei der Rustikalsteuer wurde dieses Kontingent an 3.200 Steuerknechten auf die einzelnen Gerichte, die als Steuerbezirke dienten, nach Umfang des dortigen Grundbesitzes umverteilt. Für jedes Gericht war die Zahl der Steuerknechte genau festgelegt. Zwecks weiterer Umlegung der Grundsteuer musste der Grundbesitz und seine Besitzer innerhalb der Gerichte mittels Steuerbeschreibungen oder Steuerbereitungen, später Katastern (Grundsteuerkatastern) erfasst werden. Die Grundsteuer firmierte unter dem Begriff Landsteuer, bewilligt und ab dem späten 16. Jahrhundert auch eingehoben und verwaltet wurde sie bis 1849 von den Tiroler Landständen.Seit den 1570er Jahren war diese Landsteuer eine regelmäßige, also Jahr für Jahr fällige Steuer, weil die Landschaft damals und auch späterhin Schulden vom Landesfürsten übernahm, die sie mit diesen Einnahmen abzutragen gedachte, was aber nicht gelingen sollte. Bezeichnet wurde diese regelmäßige Grundsteuer als ordinari Landsteuer, daneben wurden dem Landesfürsten von Fall zu Fall eine „außerordentliche“ extraordinari Landsteuer bewilligt. Mit kräftigen Abstrichen – das Steuerbewilligungsrecht ging den Landständen verloren, die Dominikalsteuer war mit der Grundentlastung 1848/49 Geschichte – bestand dieses System der Grundsteuer bis in zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Grundzins
Der Grundzins eine Abgabe an einen Grundherren oder eine Grundherrschaft für das Überlassen von Grund und Boden zur (land)wirtschaftlichen Nutzung, die jährlich an bestimmten Terminen außerhalb der Erntezeit, im Spätherbst und im Frühjahr, zu leisten waren. Die mittelalterliche Naturalwirtschaft bedingte und erforderte, dass der Grundzins aus Naturalien sich zusammensetzte, landwirtschaftlichen Produkten aus Ackerbau und Viehzucht wie Getreide (Weizen, Roggen, Gerste, Hafer), Wein, Flachs, geräuchertes Fleisch, Eier, Käse, Schmalz usw., mitunter auch gewerblichen Produkten wie Leinen und Loden, mithin alles Produkte, welche die Grundherrschaft selbst verbrauchte oder vermarktete. Schon früh konnten neben den Naturalzins, als Teil des Grundzinses, eine Geldzahlung treten, häufig bezeichnet als „Steuer“. In Gegenden mit Mischwirtschaft aus Ackerbau und Viehzucht wurden die Abgaben aus Lebendvieh, Eiern usw. in den grundherrschaftlichen Urbaren eigens als „Weisat“ ausgewiesen. Bei den in Tirol am meisten verbreiteten grundherrschaftlichen Grundleihen, dem Erbbaurecht und dem Freistiftrecht, war der Grundzins fixiert, es war genau festgelegt, welche Naturalien in welchem Ausmaß abzuliefern waren bzw. wie viel Geld jährlich an die Grundherrschaft zu zahlen war, und der Grundzins war auf Grund Herkommen und Brauch unabänderlich, er durfte von der Grundherrschaft nicht nach Belieben erhöht werden. Im Spätmittelalter ist in Tirol die Tendenz unübersehbar, den aus Naturalien bestehenden Grundzins in eine Geldabgabe umzuwandeln. Hauptverantwortlich dafür ist die Diversifizierung der Grundherrschaften, neben Adel, Klöstern und Stiften erwarben zwecks Geldanlage städtische Bürger, Spitäler, Zünfte, Bruderschaften, Filialkirchen grundherrschaftliche Rechte, die an Geld- und nicht an Naturalbezügen interessiert waren. Auch viele kleine adelige Grundherrschaften stiegen aus Gründen der Praktikabilität auf Geldbezüge beim Grundzins um. Große Grundherrschaften allerdings, welche die Kapazitäten hatten, nachgefragte Produkte wie Getreide und Wein einzulagern und zu vermarkten, behielten den Naturalbezug bei. Langfristig begünstigte die schleichende Inflation die vielen Bauern, die lediglich Geld als Grundzins zu leisten hatten, umgekehrt mussten die Grundherrschaften massive Einkommensverluste hinnehmen. In weiten Teilen Tirols war der Grundzins ein fester oder „benannter“ Zins oder Abgabe, Geld und Naturalien sind zahlenmäßig exakt fixiert. Im Gegensatz dazu war der so genannte Teilbau ein „unbenannter“ Grundzins, der beim Ernteertrag ansetzte. In Tirol findet er sich nur im Zusammenhang mit dem Weinbau, etwa im Etschtal unterhalb von Bozen. Dort mussten die Weinbauern ihrer Grundherrschaft ein Drittel oder die Hälfte des gekelterten Weins als Grundzins abtreten. Im Zusammenhang mit der Grundherrschaft stehen auch Fron oder Robot sowie die Besitzwechselgebühren.
Gubernium
An die Stelle der Repräsentation und Kammer trat 1763 das Gubernium in Innsbruck als oberste Behörde der allgemeinen Verwaltung der Grafschaft Tirol, die ihrerseits den in Wien residierenden Zentralbehörden der österreichischen Erbländer (Hofkanzlei usw.) unterstellt war. Räumlich erstreckte sich die Zuständigkeit dieser landesfürstlichen oder staatlichen Landesstelle ab 1782 auch auf das Land Vorarlberg, das drei Jahrzehnte im Verband mit Vorderösterreich gestanden hatte. Das Gubernium, das zu Zeiten der Fremdherrschaft in Tirol zwischen 1806 und 1814 aufgelöst war, war für die ganze Verwaltung in Tirol und Vorarlberg zuständig, einschließlich der Kultus- und Unterrichtsangelegenheiten, der Gewerbepolizei, der Sicherheitspolizei usw. Angelegenheiten politischer Natur und der politischen Polizei waren ab 1782 dem Vorstand der Behörde, dem Gouverneur, vorbehalten (Akten des Präsidiums, Geheime Präsidialakten). 1782 wurde das beim Gubernium angesiedelte Berufungsgericht, das o.ö. und v.ö. Revisorium, aufgelöst, ebenso die als Justizinstanz agierende Regierung, damit waren auf Landesebene Justiz und Verwaltung getrennt. Allerdings wird diese Einheitsverwaltung des Guberniums mit der Zeit aufgeweicht, im Bereich des Bau-, Forst- und vor allem des Finanzwesens wurden eigene Behörden errichtet. Das Gubernium wurde 1850 durch die Statthalterei abgelöst.