Archivglossar - L
Landesausschuss
In den 60-er Jahren des 19. Jahrhunderts kommt es, geschichtlich vorgeprägt durch den Dualismus und das (Gegensatz)paar Landesfürst und Landstände, im Zuge der Demokratisierung und Konstitutionalisierung der Habsburger Monarchie zu einer "autonomen" Landesverwaltung. Den Ländern werden Rechte übertragen und in Form der Landtage gesetzgebende Körperschaften zugestanden. In Gesetzgebung und Verwaltung waren deren Kompetenzen bescheiden, angesiedelt im Bereich der Landwirtschaft, der öffentlichen Bauten und Sozialfürsorge, soweit sie aus Landesmitteln bestritten wurden; weiters im Rahmen der Reichsgesetze in Gemeinde-, Kirchen- und Schulangelegenheiten. Exekutiv- und Verwaltungsorgan des Tiroler Landtages war der Tiroler Landesausschuss, somit eine kollegial organisiertes Landesorgan, dem der Landeshauptmann vorstand. Sein staatliches Pendant auf Landesebene (ebenso in Vorarlberg) war die Statthalterei in Innsbruck, der die Bezirkshauptmannschaften unterstanden. Der Aufgabenbereich des Tiroler Landesausschusses erschöpfte sich weitgehend in der Wirtschaftsverwaltung, in der Verwaltung des Landesvermögens, der Landesfonds und Landesstiftungen. Weiters hatte der Landesausschuss die Aufsicht über die Gemeinden in deren eigenem (autonomen) Wirkungsbereich. Dem Tiroler Landesausschuss folgte 1919 in seiner Funktion als Landesbehörde und oberstes Organ der Landesverwaltung die Tiroler Landesregierung, der Statthalterei Innsbruck in ihrer Funktion als (bundes)staatliche Behörde der Landeshauptmann von Tirol (in Vorarlberg der Landeshauptmann in Vorarlberg) nach mit - wie bisher - jeweils eigenen Ämtern. Durch Bundesverfassungsgesetz 1925 wurde diese doppelgleisige Verwaltung auf Länderebene beseitigt. In jedem der österreichischen Länder wurde ein einheitliches Amt der Landesregierung geschaffen.
Landesgericht
Die Landes- und Kreisgerichte stehen in Tirol und Vorarlberg in der recht jungen Tradition der Stadt- und Landrechte bzw. der Kollegialgerichte. 1850 wurden das Stadt- und Landrecht Innsbruck und die Kollegialgerichte Bozen, Trient, Rovereto und Feldkirch durch das Landesgericht Innsbruck und die Landes- bzw. Kreisgerichte Feldkirch, Bozen, Trient und Rovereto ersetzt.
Das Landesgericht war und ist Zivilgericht und Strafgericht erster und zweiter Instanz. Im Zivilverfahren befindet ein Einzelrichter über Klagen über einer bestimmten Wertgrenze (derzeit Euro 10.000) und über bestimmte Sonderfälle. Weiters ist es für Insolvenzverfahren (Konkurs, Ausgleich) zuständig. Beim Landesgericht wird auch das Firmenbuch (früher Handelsregister) geführt. Das Landesgericht wird auch als Arbeits- und Sozialgericht tätig (ein Berufsrichter, zwei Laienrichter). Berufungen und Rekurse gegen Entscheidungen der Bezirksgerichte gehen an einen 3-Richter-Senat des Landesgerichts.
Im Strafverfahren wird das Landesgericht als Gerichtshof erster Instanz tätig. Ein Einzelrichter entscheidet über Delikte, die mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht und nicht den Schöffen- oder Geschworenengerichten zugewiesen sind. Ein Schöffengericht (zwei Berufsrichter, zwei Laienrichter) entscheidet über Verbrechen, die mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind. Schwere Delikte wie Mord, bewaffneter Raub, Geiselnahme, Landesverrat usw. sind einem Geschworenengericht aus drei Berufsrichtern und acht Geschworenen vorbehalten. Beim Landesgericht sind auch die Untersuchungsrichter angesiedelt, die die Voruntersuchung führen und gegebenfalls die Untersuchungshaft verhängen. Überdies entscheidet das Landesgericht als Gerichtshof zweiter Instanz über Berufungen gegen Strafurteile der Bezirksgerichte.
Landeshauptmann
Der Landeshauptmann ist ursprünglich ein landesfürstlicher Funktionsträger, und ist es stets geblieben, dem erst allmählich Aufgaben innerhalb der Tiroler Landstände zuwuchsen. Bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts lässt sich das Amt des Hauptmanns an der Etsch nachweisen, der später auch die Funktion eines Burggrafen von Tirol übernehmen sollte. Diesem Hauptmann oblagen zweierlei Aufgaben im Süden der Grafschaft, die sich um das Burggrafenamt konzentrierte. Bei Abwesenheit des Landesfürsten vertrat er diesen und führte die Geschäfte, zugleich war er dort für die Landesverteidigung verantwortlich. Durch diese politischen und militärischen Funktionen, die auch die Landstände berührten, sowie durch den Umstand, dass die Hauptleute aus den vornehmsten Tiroler Adelsfamilien rekrutiert wurden, wurden sie immer stärker in die Sphäre der Landstände gezogen. Sie waren ständige Beisitzer und Vorsitzende des Hofrechtes in Meran, dann Bozen, das im 15. Jahrhundert völlig in den Einflussbereich der Landstände geriet. Ernannt hat aber weiterhin der Landesfürst den Landeshauptmann. Lange Zeit stand nicht der Landeshauptmann, sondern der Landmarschall, der Träger eines landesfürstliches Erbhofamtes, an der Spitze der Stände.
Erst in den 20-er Jahren des 18. Jahrhunderts übersiedelte der Landeshauptmann aus dem Burggrafenamt nach Innbruck und stand dort der Innsbrucker Aktivität vor, sein Stellvertreter der Bozner Aktivität und dem Adeligen Hofrecht in Bozen. Wie stark die Landstände politisch an Bedeutung gegenüber der staatlichen Verwaltung verloren hatten, ist auch an der Rolle des Landeshauptmanns abzulesen. Von 1774 bis 1860 (mit einer Unterbrechung von 1790 bis 1806) war dieses Amt dem höchsten staatlichen Beamten im Land, dem Gouverneur bzw. Statthalter, übertragen. In der ab 1860/61 konstitutionellen und demokratisierten Grafschaft Tirol führte der vom Kaiser ernannte Landeshauptmann im Landtag den Vorsitz und war zugleich Mitglied und Chef des Tiroler Landesausschusses.
Seit 1919, im Rahmen des republikanischen Bundesstaates, ist die Funktion des Landeshauptmanns merklich aufgewertet worden. Der Landeshauptmann wird vom Landtag mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Der Landeshauptmann ist Träger der mittelbaren Bundesverwaltung, als solcher ist er an die Weisungen der Bundesminister gebunden und der Bundesregierung verantwortlich. (Unter mittelbarer Bundesverwaltung, ein österreichisches Spezifikum, ist der Umstand zu verstehen, dass der Bund gewisse ihm eigene Agenden in den Bundesländern nicht durch eigene Organe, sondern durch die Landeshauptleute und Landesorgane [Bezirkshauptmannschaften] vollziehen lässt.) Zugleich ist der Landeshauptmann Vorsitzender und Mitglied der höchsten Landesbehörde, der Landesregierung, die dem Landtag verantwortlich ist. Agenden der mittelbaren Bundesverwaltung können auch von den übrigen Mitgliedern der Landesregierung wahrgenommen werden, wobei sie aber an die Weisungen des Landeshauptmanns gebunden sind.
Landesregierung
Die Tiroler Landesregierung ist das oberste Organ der Vollziehung des Landes Tirol und verwaltet für das Land Tirol als Träger von Privatrechten das Landesvermögen. Sie besteht aus dem Landeshauptmann, dem ersten und zweiten Landeshauptmannstellvertreter sowie mindestens zwei und höchstens fünf weiteren Mitgliedern (Landesräten). Ihre Geschäfte besorgt die Landesregierung gemäß ihrer Geschäftsordnung monokratisch (durch ein damit beauftragtes Mitglied der Landesregierung) oder kollegial, wobei sie ihre Beschlüsse einstimmig fasst. Jene Aufgaben, die der gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung durch die Landesregierung bedürfen, sind im § 2 Absatz 3 ihrer Geschäftsordnung taxativ aufgezählt. Die Mitglieder der Landesregierung müssen zum Landtag wählbar sein, sie müssen diesem aber nicht angehören.
Landesschulrat
Auf Grund des Reichsgesetzes vom 25. Mai 1868, betreffend das Verhältnis der Schule zur Kirche, ging die Kompetenz der Leitung und der Beaufsichtigung des Erziehungswesens sowie der Volksschulen und Lehrerbildungsanstalten in den Kronländern von den Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung auf die eigens geschaffenen kollegialen Schulbehörden über, und zwar, dem k.k. Unterrichtsministerium nachgeordnet, auf den Landesschulrat als oberste Schulbehörde, den Bezirksschulrat für jeden Schulbezirk und einen Ortsschulrat für jede Schulgemeinde. Dieser hierarchische Aufbau kam aber nicht sogleich zum Tragen, weil die näheren Bestimmungen über die personale Zusammensetzung dieser neuen Schulbehörden sowie die Abgrenzung ihrer Wirkungsbereiche den Landesgesetzgebern überlassen werden musste. In Tirol entbrannte ein von klerikalen und konservativen Kreisen entfachter "Schulstreit". Die Folge war, dass lediglich ein Landesschulrat als Provisorium eingerichtet werden konnte. Erst 1892 erließ der Tiroler Landtag ein Schulaufsichtsgesetz, das unter anderem die Zusammensetzung des Landesschulrates, der Bezirksschulräte und der Ortsschulräte regelte und der katholischen Kirche ein Mitaufsichtsrecht einräumte. An Aufgaben waren dem Landesschulrat gestellt: Überwachung der Bezirks- und Ortsschulräte; Aufsicht und Leitung der Gymnasien und Realschulen, der Privat- und Spezialschulen sowie der Lehrerbildungsanstalten; Begutachtung von Lehrplänen und Lehrmitteln für Volks-, Mittel- und Fachschulen; Erstattung von Jahresberichten über den Zustand des gesamten Schulwesens. Als Rechtsgrundlagen der Landesschulräte und Bezirksschulräte, die Bundesbehörden sind, gelten derzeit: die Bundesverfassung; das Bundesschulaufsichtsgesetz 1962 und - als Ausführungsgesetz in Tirol - das Landesschulaufsichtsgesetz 1963.
Landesschützen (Kaiserschützen)
In Folge der Ausgleichsverhandlungen mit Ungarn 1867 wandelte sich das Habsburger Reich in die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn, die im Grunde aus zwei Staaten sich zusammensetzte, der österreichischen und der ungarischen Reichshälfte. Verklammert wurden diese durch die Dynastie und bestimmte gemeinsame Angelegenheiten wie Außenpolitik und Heer und die damit zusammenhängenden Finanzen. Davon abgesehen hatte jede der beiden Reichshälften ihr eigenes Parlament und ihre eigene Verwaltungsorganisation von den Ministerien abwärts. Im militärischen Bereich gab es weiterhin das gemeinsame k(aiserliche) und k(önigliche) Heer, das dem k. u. k. Kriegsministerium unterstand. Um den ungarischen Wünschen nach einer „nationalen“ Armee nachzukommen, stimmte Kaiser Franz Joseph I. 1867 der Schaffung einer zusätzlichen Verteidigungsorganisation, der Honvéd (= Heimatverteidigung oder Heimwehr), zu. Wohl oder übel musste auch in der österreichischen Reichshälfte aus Gründen der Symmetrie ein militärisches Pendant zur Honvéd eingerichtet werden, und zwar 1869 die so genannte Landwehr. Aufgebaut wurden in Folge zwei Territorialarmeen defensiven Charakters, die das gemeinsame Heer zu unterstützen hatten. Für beide, Landwehr wie Honvéd, waren eigene Landesverteidigungsministerien in Wien bzw. Budapest zuständig. Die k. k. Landwehr war über viele Jahre praktisch ein Milizheer für den Fall der Mobilisierung bei Kriegsgefahr, denn der Präsenzdienst umfasste lediglich eine Grundausbildung von acht Wochen, die bei Einheiten des k. u. k. Heeres zu absolvieren war, und es wurde daher auch kein ständiges Kaderpersonal benötigt. Ungefähr ein Fünftel der auf Grund der allgemeinen Wehrpflicht jährlich einberufenen Rekruten ging an die Landwehr, 4/5 an das k. u. k. Heer. Während bei diesem die Wehrpflicht aus 12 Jahren bestand (3 Jahre Präsenzdienst oder Dienst bei der Truppe, 7 Jahre Reserve beim k. u. k. Heer und anschließend 2 Jahre Reserve bei der Landwehr), kannte die Landwehr zwar auch eine Wehrpflicht von 12 Jahren, die, abgesehen von der mehrwöchigen Grundausbildung im ersten Jahr, in der Reserve zu erfüllen war. Die Landwehr, die sich auf die Waffengattungen Infanterie und Kavallerie beschränkte (ab 1906 erhielt die Landwehr auch eigene Artillerie-Regimenter), war, was ihre infanteristischen Truppen betraf, nicht wie beim k. u. k. Heer in Regimentern sondern lediglich in Bataillonen organisiert. In den 1880 und 1890er Jahren wurde die Landwehr zu einem vollwertigen Armee ausgebaut, deren Einheiten auch an vorderster Front (erste Linie) eingesetzt werden konnten. 1889 wurden die bestehenden Landwehrbataillone in Regimentern zusammengefasst, zugleich wurde ihr wie beim Heer eine Ersatzreserve zugestanden. Der wichtigste Schritt, durch den die Landwehr von einer Miliz- zu einer stehenden Truppe umfunktioniert wurde, erfolgte 1893 mit der Einführung des zweijährigen Präsenzdienstes (und weiteren 10 Jahren in der Reserve). Damit war die Landwehr, gleich der Honvéd, vollends eine eigenständige militärische Organisation und durchaus respektable Armee, zum Teil besser und moderner ausgerüstet und bewaffnet als das das gemeinsame k. u. k. Heer, weil die Parlamente in Österreich bzw. in Ungarn für „ihre Armeen“ leichter Budgetmittel bewilligten als für das gemeinsame Heer.
Tirol und Vorarlberg wurden in das System der österreichischen Landwehr einbezogen, wobei aber den beiden Ländern insofern eine Sonderrolle zugestanden wurde, dass die Landtage hierzu eigene Gesetze (Landesverteidigungsgesetze) beschließen durften und mussten. Auch duften die Landwehrtruppen hier den angestammten Namen „Landesschützen“ beibehalten. Gesetzlich etabliert wurde die Landwehr unter den üblichen Konditionen in Tirol und Vorarlberg 1871. Errichtet wurden 10 Bataillone Landesschützen Infanterie, die sich aus den ihnen zugewiesenen politischen Bezirken ihre Mannschaft zu ergänzen hatten. Z. B. ergänzte sich das Pustertaler Landesschützenbataillon VI aus den politischen Bezirken Brixen, Bruneck, Lienz und Ampezzo. Ein solches Landesschützenbataillon sollte rund 1.250 Mann stark sein. Zugleich wurde 1871 im Rahmen der Landesschützen eine Kavallerietruppe aufgestellt („Reitende Landesschützen“), zwei Kompanien oder Eskadronen umfassend, 1906 auf drei Eskadronen vergrößert. Vorgesehen waren diese reitenden oder berittenen Landesschützen (ab 1910 Reitende Tiroler Landesschützen-Division) nicht für den kavalleriestischen Kampfeinsatz sondern für Ordonnanz- und Meldedienste und für die Aufklärung. 1893 wurden die infanteristischen Landesschützenbataillone in drei Regimentern zusammengefasst, 1901 auf zwei Regimente reduziert; 1909 wurde das Landesschützenregiment Nr. III wieder errichtet. Vor Kriegsbeginn gab es somit das Landesschützenregiment I (Trient), II (Bozen) und III (Innichen). Theoretisch sollten sich die Landesschützen aus Tirol und Vorarlberg rekrutieren, da aber die Rekruten für die Kaiserjäger vorgingen, gab es erhebliche Rekrutierungsprobleme für die Landesschützen, so dass zu ihnen auch Männer aus Salzburg, Oberösterreich und Niederösterreich, phasenweise sogar aus den Sudetenländern eingezogen wurden. Diese Rekrutierungspraxis führte schon vor dem Krieg dazu, dass die Landesschützen viel stärker landsmannschaftlich durchmischt waren wie die Kaiserjäger. Der zweijährige Präsenzdienst für die Landesschützen wurde 1895 eingeführt. 1906 wurden die Landesschützen in eine Gebirgs- und Grenzschutztruppe umgewandelt. Ihre Aufgabe war es, im Bereich Tirol die Grenze gegen Italien zu bewachen und zu beschützen. JedemRegiment und dessen Bataillonen war zu diesem Zweck ein eigener Grenzabschnitt zugewiesen. Ausbildung, Ausrüstung und Bewaffnung waren alpinistisch ausgerichtet. Mit Ausnahme des Winters waren die Einheiten in grenznahen Einsatzräumen in provisorischen Lagern untergebracht. (Die drei Landesschützenregimenter gehörten zusammen mit dem kärntnerischen Landwehr-Infanterieregiment Nr. 4 (Klagenfurt) und dem steirischen Landwehr-Infanterieregiment Nr. 27 (Laibach) zu den k. k. Landwehr-Gebirgstruppen.)
Damit erhielt Österreich lange nach den französischen Alpenjägern und den italienischen Alpini eine Gebirgstruppe. Noch im August 1914 wurden die drei Landesschützenregimenter nach Galizien an die russische Front verlegt, wo sie in den nächsten Monaten gewaltige Verluste erlitten, geschätzt werden 10.000 Mann, darunter rund 5.000 Tote. Ein Ersatz an Mannschaft allein aus Tirol und Vorarlberg war nicht mehr möglich, ab 1915 waren alle Kader- und Ersatzgarnisonen der drei Regimenter in Oberösterreich stationiert (Wels, Enns und Schärding). Es ist daher anzunehmen, dass die Tiroler in den Reihen der Landesschützen gegenüber den Nichttirolern in die Minderheit gerieten. Im Sommer 1915 wurden die drei Regimenter, die zum Teil neu formiert werden mussten, aus der Nordostfront herausgezogen und an die Italienfront verlegt, wo sie im Juli/ August 1915 an der 2. Isonzoschlacht teilnahmen. Erst danach kamen sie an die Gebirgsfront in Tirol, wo sie fortan ihre Stärken als Gebirgstruppen ausspielen konnten. Im Jänner 1917 verlieh Kaiser Karl ihnen den Ehrentitel „Kaiserschützen“, die drei Regimenter führten ab nun die Bezeichnung Kaiserschützenregiment. An die 15.500 Landesschützen/ Kaiserschützen (darunter über 500 Offizieren) kostete der Krieg das Leben.
Landstände (Landschaft)
Auch vormoderne Herrschaft kam nicht ohne Konsensbildung aus. Mittelalterliche Landesherren hatten sich an den Grundsatz zu halten, dass das, was alle angeht und allen Lasten abverlangt, von allen bewilligt werden muss. Es war durchaus im Interesse der Landesfürsten, dass sich die politischen Eliten, allen voran der landsässige Adel, aber auch die wirtschaftlich wichtigen Städte korporativ organisierten, damit sie in Krisensituationen als vorübergehende Regenten vor allem mit Geld in Form von Steuern und mit Kriegsdiensten einspringen konnten. Die Landstände repräsentierten und vertraten das Land und verkörperten es zugleich. Im Laufe des Spätmittelalters verfestigten sich in der Grafschaft Tirol die Landstände zu einer Körperschaft, die sich in vier Kurien gliederte: Adel, landesfürstliche Städte und (vereinzelt) Märkte, Prälaten (die Bischöfe von Brixen und Trient und deren Domkapitel, die Vorstände der vornehmen Klöster und Stifte) sowie - was einer besonderen politischen Konstellation in Tirol zu verdanken war - die ländlichen, von den Bauern dominierten Gerichtsgemeinden. Die Willensbildung der Landschaft ging auf den (offenen) Landtagen vor sich, wo alle vier Stände zusammentraten. Einberufen durfte den Landtag, anlässlich der Erbhuldigung und sonst je nach Erfordernis in unregelmäßigen Abständen an wechselnden Orten, allein der Landesfürst. Eine Selbstversammlung der Landstände, wie 1525 geschehen, galt als Akt des Widerstands und Zeichen des Aufruhrs. Auf den Landtagen ließ der Landesfürst seine Anliegen und (Geld)forderungen vorbringen und handelte sie mit mehr oder weniger Erfolg aus, die Landstände ihrerseits brachten ihre Gravamina oder Beschwerden vor. Mit modernen Parlamenten dürfen diese Tiroler Landtage nicht verwechselt werden, dazu fehlten ihnen zwei wesentliche Kompetenzen: die Gesetzgebung und die Kontrolle über die landesfürstliche Regierung. Das wichtige Recht, dem Landesfürsten nach Gutdünken die Grund- oder Landsteuer zu bewilligen und ihn mit diesen Geldern zu alimentieren, konnten sich die Tiroler Landstände bis ins späte 18. Jahrhundert bewahren. Damit verbunden spielten die Landstände eine gewichtige Rolle in der Steuerverwaltung und in der Organisation der Landesverteidigung. Ihren Höhepunkt hatten die Landstände im 16. Jahrhundert überschritten, sukzessive verloren sie an Einfluss zugunsten des Landesfürsten und seiner Verwaltung. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren die Landstände ein Schatten ihrer selbst, gedrückt in die Rolle eines staatlichen Erfüllungsgehilfen.
Landständische Organe
Wie unter dem Eintrag Landschaft (Landstände) erwähnt, war der (offene) Landtag, gleichsam die Vollversammlung, das wichtigste Forum der Tiroler Landschaft oder Landstände. Der Landeshauptmann (an der Etsch), ursprünglich ein rein landesfürstlicher Funktionsträger, war zugleich ein landesfürstliches und ein landschaftliches Exekutivorgan. Das in Meran, dann in Bozen angesiedelte Adelige Hofgericht entglitt dem Landesfürsten und geriet in den Einflussbereich der Tiroler Landschaft. Dort hatte unter anderem der südlich des Brenner beheimatete Tiroler Adel seinen Gerichtsstand.
Im 16. Jahrhundert schufen sich die Landstände beratende und exkutive Organe, die seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts den Landtag in den Hintergrund treten lassen. Ein Großer Ausschuss wurde erstmals 1519 gewählt, ein Engerer Ausschuss 1570 zum ersten Mal einberufen. Zudem wurde ab 1573 ein Kontrollkollegium tätig, der Steuer-Compromiß, der die Tilgung der von den Landständen übernommen Staatsschuld abzuwickeln und die Rechnungslegung des Generaleinnehmers zu überprüfen hatte. 1722/23 wurde in Innsbruck eine nördliche oder Innsbrucker Aktivität eingerichtet, in Bozen eine südliche oder Bozner Aktivität, 1774 die Innsbrucker Aktivität in einen perpetuierliche Aktivität umgewandelt. 1790 tagte nach jahrzehntelanger Absenz zum letzten Mal der offene Landtag und führte wieder den Großen Ausschuss (Postulatkongress) und den Engeren Ausschuss sowie die Bozner und Innsbrucker Aktivität ein.
Unter Bayern wurde 1808 dieses landschaftliche System der Repräsentation und Verwaltung gekappt. Österreich stellte 1816 zum Teil wieder die alte landständische Verfassung her. Reaktiviert wurden der Große Ausschuss als beratendes Organ unter dem Namen Ausschusskongress (Postulatkongress), der letztmals 1847 tagte, sowie die bis 1861 bestehende Aktivität in Innsbruck als dessen Exekutivorgan.
Landsturm
In der Grafschaft Tirol behauptete sich bis in das 19. Jahrhunderte ein ziviles, also von der der Bevölkerung und den Landständen getragenes Landesverteidigungssystem. Dieses hatte sich im Spätmittelalter entwickelt, erhielt mit dem Tiroler Landlibell von 1511 eine feste gesetzliche Basis und wurde seit dem 16. Jahrhundert laufend durch Zuzugsordnungen und Defensionsordnungen präzisiert und reformiert. Ausgerichtet war es allein auf die Abwehr und Bekämpfung eines in das Land einfallenden Feindes durch das Land und seine Menschen. Im Wesentlichen beruhte dieses Landesverteidigungssystem auf drei Säulen: 1. Auf dem gestaffelten Aufgebot oder Zuzug der Landmiliz, die maximal 20.000 Mann umfasste; 2. Seit dem späten 17. Jahrhundert auf dem zusätzlichen Aufgebot der Scharf- oder Scheibenschützen, später Standschützen genannt, die sich in Kompanien formierten; 3. Im äußersten Notfall konnte in den betroffenen Gebieten alle wehrfähigen Männer verpflichtend zum Kampf aufgerufen werden, damit kam der sogenannte Landsturm zum Einsatz. In den langen Friedensperioden drohte der Verteidigungswille zu erschlaffen, zumal damit ein großer organisatorischer und finanzieller Aufwand verbunden war, denn die für die Landmiliz vorgesehenen Männer, die innerhalb des Gerichtsbezirkes aus der Schar potentiell milizpflichtiger Männer mittels Los ermittelt wurden, sollten durch regelmäßige Standeskontrollen (Musterungen) überprüft und gelegentliche kleine und kurze Übungen militärisch ausgebildet werden. Für die Tiroler Landstände waren diese Verteidigungslasten ein eleganter Vorwand, sich, was Begehrlichkeiten nach finanziellen und personellen Beiträgen zum stehenden oder regulären Militär des Habsburger Reiches, Zahlungen wie Mannschaftsstellungen, betraf, nach Möglichkeit zu entziehen. Mit der Aufstellung eines Regiments Kaiserjäger, eines Truppenkörpers des stehenden Heeres des österreichischen Kaiserreiches, 1815/16 und mit den Heeresreformen der späten 1860er Jahre, welche die Einführung der allgemeinen Wehrpflichtund die Aufstellung der k. k. Landwehr, zu der in Tirol und Vorarlberg die Landesschützen als Truppenkörper zählten, in der österreichischen Reichshälfte ( in der ungarischen die Honvéd) als weiteres stehendes Heer (neben den gemeinsamen Streitkräften Österreich-Ungarns, der k. u. k. Armee) mit sich brachten, war das herkömmliche Landesverteidigungssystem passé. Die Landmiliz (auch Landesverteidigungsmannschaft und Landesschützen im 19. Jahrhundert genannt) war Geschichte, auch die Standschützen nicht mehr als potentielle Landesverteidiger vorgesehen. Es blieb nur der Landsturm, der zuletzt in den Landesverteidigungsgesetzen von 1864 und 1871 gesetzlich geregelt worden war. Dieses Aufbieten aller wehrfähigen Männer im Alter von 18 bis 45 Jahren, nur im Kriegsfall und beschränkt auf den Heimatbezirk und den Nachbarbezirk, war weiterhin ein Tiroler und Vorarlberger Spezifikum. Damit war es vorbei, als 1886 in Österreich-Ungarn der Landsturm eingeführt wurde. Er war Teil der „bewaffneten Macht“, also des Militärs, der Landwehr bzw. Honvéd, und erfasste alle wehrfähigen männlichen Staatsbürger im Alter von 19 bis 42 Jahren (seit Mai 1915 von 18 bis 50 Jahren), die nicht dem k. u. k. Heer und der k. k. Landwehr (als aktive Soldaten und Reservisten) angehörten. Im Prinzip umfasste der k. k. Landsturm Männer, die nicht oder noch nicht den Militärdienst abgeleistet hatten, und in der Masse ausgediente Militärreservisten ab ca. 32 Jahren. Aufgabe der Gemeinden war es, die landsturmpflichtigen Männer ihres Zuständigkeitsbereiches in eigenen Verzeichnissen, Sturmrollen genannt, in Evidenz zu halten. Der Landsturm durfte ausschließlich im Kriegsfall und für die Dauer des Krieges aufgeboten werden, wobei er auch außerhalb des eigenen Zuständigkeits- und Aufbringungsbereiches eingesetzt werden konnte. Konzipiert war der Landsturm als territoriale Verteidigungsmannschaft, die zugleich den kämpfenden Einheiten des Heeres und der Landwehr Hilfsdienste leisten sollten, indem sie vor allem in der Etappe und im Hinterland Bewachungs- und Sicherungsdienste leisteten. Vorgesehen war aber auch, dass aus dem Landsturm Ersatz für die Landwehr gestellt werden musste. Die militärisch ausgebildeten Landsturmpflichtigen (die früheren Reservisten von Heer und Landwehr) sollten in Auszugsbataillonen, die übrigen in Territorialbataillonen zusammengefasst werden. Zwecks Erfassung und für die Aufbietung des Landsturms im Kriegsfall waren Tirol und Vorarlberg in 10 Landsturmbezirke eingeteilt, die 1901 auf zwei reduziert wurden: den Landsturmbezirk I Innsbruck (Nordtirol und Vorarlberg) und den Landsturmbezirk II Bozen (Tirol südlich des Brenner).
Bei Kriegsbeginn im August 1914 wurde in Tirol und Vorarlberg der Landsturm einberufen und Teile davon an die Front beordert, was sich für die betroffenen Truppen zum Desaster auswachsen sollte. Im Landsturmbezirk I (Nordtirol und Vorarlberg) wurden zwei Regimenter aufgestellt, deren Mannschaft sich aus ausgedienten Reservisten zusammensetzen. Das Landsturmregiment I (Innsbruck) hatte sich ab Oktober 1914 am Feldzug gegen Serbien zu beteiligen, wo es derartige Verluste erlitt, dass es auf ein Bataillon reduziert werden musste. Als Landsturmbataillon I war es ab Mai 1915 an der Italienfront im Einsatz. Das Landsturmregiment II (Imst) wurde sogleich im August 1914 nach Galizien an die russische Front geschickt. Das durch Kämpfe personell stark ausgezehrte Regiment marschierte geschlossen in russische Gefangenschaft, als im März 1915 die österreichisch-ungarische Festung Przemysl kapitulierte, zu deren Verteidigungsmannschaft es ab Ende September 1914 gehörte hatte. Aus Ersatzkompanien der besagten Regimenter I und II wurde ein Landsturmbataillon (Nr. 27) zusammengestellt, das ebenfalls an der serbischen Front geworfen wurde und dort schwere Verluste hinnehmen musste. Es wurde als Bataillon neu formiert (Landsturmbataillon IV/2) und stand ab Juli 1915 in Tirol an der Südwestfront im Einsatz. Im Landsturmbezirk II wurden aus den einberufenen Landsturmmännern Eisenbahnsicherungsabteilungen und Grenzschutzkompanien aufgestellt. Letztere, 24 an der Zahl, wurden nach Galizien beordert als Ersatz für stark gelichteten Reihen der Landesschützen und gingen in diesen auf. Die Eisenbahnsicherungsabteilungen wurden Ende 1914 in 10 Landsturmbataillone (Nr. 160 bis 169) umgewandelt und waren ab Mai 1915 fortan im Tiroler Abschnitt der Südwestfront eingesetzt.
Landtag
In den 60-er Jahren des 19. Jahrhunderts konnte sich in den österreichischen Kronländern im Rahmen der Reichsverfassung ein parlamentarisches System etablieren. Die österreichischen Landtage und mit ihnen der Tiroler Landtag konstituierten sich auf Grund der mit kaiserlichem Patent vom 26. Februar 1861 (Februarpatent) erlassenen 15 Landesordnungen und Landtagswahlordnungen, die in wesentlichen Punkten übereinstimmten. Die Landtage setzen sich zusammen aus den Bischöfen und den Rektoren der Universitäten des Landes (Virilisten) und einer festgesetzten Zahl von Abgeordneten, die von den in vier Wählerklassen oder Kurien gegliederten Wahlberechtigten des Landes (Kurie der Großgrundbesitzer oder Höchstbesteuerten, der Städte, der Handels- und Gewerbekammern und der Landgemeinden) zu wählen waren. Diese Kurien waren somit ein Relikt der früheren Landstände. Das Wahlrecht war an einen Steuerzensus geknüpft. Der Landtag war das Gesetzgebungsorgan des Landes. Als solches stand es ihm zu, alle Anordnungen zu treffen hinsichtlich der Landeskultur, der öffentlichen Bauten, soweit sie aus Landesmitteln bestritten wurden, der aus Landesmitteln bestrittenen Wohltätigkeitsanstalten und des Voranschlages und der Rechnungslegung des Landes. Weiters war der Landtag dazu berufen, innerhalb der vom Reichsrat erlassenen Gesetze in Gemeindeangelegenheiten, in Kirchen- und Schulangelegenheiten usw. gesetzliche Regelungen zu treffen. Zugleich diente der Landtag als oberstes Selbstverwaltungsorgan des Landes, wobei er sich eines Landesausschusses als seines Exekutivorgans bediente. Den Vorsitz im Tiroler Landtag, dessen Gesetzgebungsperiode sich auf sechs Jahre erstreckte, wie im Tiroler Landesausschuss hatte der Landeshauptmann. Die vom Landtag durch den Landesausschuss ausgeübte autonome Verwaltung war hauptsächlich Wirtschaftsverwaltung und erstreckte sich auf die Verwaltung des noch aus der ständischen Zeit stammenden Landesvermögens.
Die gesetzlichen Grundlagen des heutigen Tiroler Landtages sind das Bundesverfassungsgesetz (Artikel 95 ff.), die Tiroler Landesordnung 1989 und die Landtagswahlordnung 1993. Seine Gesetzgebungsperiode beträgt fünf Jahre, der Tiroler Landtag umfasst 36 Abgeordnete. Der Landtag wählt aus seiner Mitte einen Landtagspräsidenten und zwei Stellvertreter. Der Landtag ist das verfassungsgebende Organ des Landes, ihm obliegt die Beschlussfassung der Landesgesetze. Durch die Wahl der Mitglieder der Landesregierung, die Wahl der Mitglieder des Bundesrates sowie durch die Kontrolle der Geschäftsführung der Landesregierung wirkt der Landtag an der Vollziehung des Landes mit. Als Hilfsapparat ist dem Landtag die Landtagskanzlei beigegeben.
Laudemium
Das Laudemium ist eine einmalige Abgabe an die Grundherrschaft, die der neue Besitzer einer grundrechtbaren Liegenschaft zu zahlen hatte. Näheres dazu unter Besitzwechselgebühren.
Lehen
Das Lehen war im Mittelalter ein wichtiges Instrument, Herrschaft unter den Bedingungen einer Natural- und Tauschwirtschaft zu organisieren. Mittels einer Leihe von Grund und Boden sowie (Herrschafts)rechten wurde Macht delegiert mitsamt den dazu nötigen finanziellen Erträgen und dafür politische Loyalität eingefordert und qualifizierte Dienste, soldatische wie administrative, auferlegt. Das Reich und dessen Territorien bis hinunter zu den lokalen Gewalten beruhten vielfach auf den personalen Beziehungen zwischen Lehenherren und ihren Lehenvasallen. Bereits im Laufe des Mittelalter hatte sich das Lehensystem, das nur die adeligen Eliten miteinbezog, in seiner ursprünglichen Funktion überlebt, weil die Lehen längst erblich geworden waren, Herrschaft anderweitig legitimiert werden konnte und auch Dienstleistungen auf anderem Weg beansprucht werden konnten. Der Form nach existierte das Lehenwesen weiter. Für den Tiroler Adel, aber auch einen kleinen Kreis von Nichtadeligen waren die Lehen, die sie von ihren Landesfürsten empfingen, eine wichtige Ergänzung ihrer Existenzgrundlage. Gegenstand eines Lehens konnte alles sein, was finanziellen Ertrag abwarf: Ämter, Herrschaftsrechte (etwa in einem landesfürstlichen Gericht), grundherrliche Rechte, Liegenschaften usw. Das Lehen war und blieb die günstigste Form der Leihe, denn ein Lehen konnte vererbt und an Dritte veräußert werden, es waren nur mehr geringe Gegenleistungen zu erbringen. Wenn der Lehenherr starb (Herrenfall) und wenn das Lehen den Besitzer wechselte (Mannfall) - durch Erbfall oder Veräußerung - war eine Gebühr (Lehentax) zu bezahlen. Im Gegensatz zu den grund- und ähnlichen Rechten des Tiroler Landesfürsten, seinem Urbar, wurden seine Lehen stets zentral evident gehalten und verwaltet, durch einen Lehenhof, der bei der Regierung in Innsbruck angesiedelt war, die zugleich als Lehengericht fungierte. Die genuin landesfürstlichen Lehen wurden später als "tirolische" bezeichnet. Durch Gebietserwerbungen und Klöstereraufhebungen kamen Lehen anderer Lehenhöfe in landesfürstlichen oder staatlichen Besitz: görzische bzw. pustertalische, bayerische usw. Aus der Sicht des Adels und des Bürgertums waren Lehen sichere Kapitalanlagen, weil Lehen in den seltensten Fällen an den Lehenherrn, in unserem Fall den Landesfürsten, zurückfielen. Bei Mannlehen trat ein solcher Heimfall nur dann ein, wenn die Familie des Lehenvasallen im Mannesstamm oder - bei Weiber- oder Kunkellehen - im Mannes- und Frauenstamm ausstarb. Seiner Geschichte und seinem Recht nach (das tirolische landesfürstliche Lehenrecht beruhte auf Gewohnheit und ist niemals kodifiziert worden) ist das Lehen streng von Leiheformen im Rahmen der Grundherrschaft wie Erbbau- und Freistiftrecht zu unterscheiden. Auf Grund der unübersichtlichen Rechtsgrundlagen in den Ländern und innerhalb dieser waren die Lehen nur mit erheblichem Aufwand zu verwalten und da sie wenig rentabel waren, wurden sie im 19. Jahrhundert von staatlicher Seite als Ballast empfunden. Aber erst 1862 und 1869 (speziell für Tirol und Vorarlberg) kamen Reichsgesetze zustande, die das Lehenband in Österreich aufhoben und gegen Entschädigung eine Ablösung des Obereigentums (Allodifizierung) festschrieben.
Libell
Eine umfangreich und mehrere Bögen umfassende Urkunde, die mittels Siegelschnur zusammengehalten wird. Diese äußere Form färbt mitunter auf den Namen ab. Für jenes berühmte Gesetz von 1511, das für die Grafschaft Tirol das Verteidigungs- und Grundsteuersystem und andere Rechtsmaterien regelte, hat sich der Name Tiroler Landlibell eingebürgert.