Archivglossar - O
Oberlandesgericht
Das Oberlandesgericht Innsbruck steht in der Tradition des 1791 errichteten Appellationsgerichts Innsbruck, dessen Sprengel sich auf Tirol und Vorarlberg erstreckte und 1850 durch das Oberlandesgericht Innsbruck abgelöst wurde. Heute ist das Oberlandesgericht ein reines Berufungsgericht. Im Zivilverfahren entscheidet es durch einen 3-Richter-Senat über Berufungen und Rekurse gegen Entscheidungen der Landesgerichte. Im Strafverfahren als Gerichtshof zweiter Instanz entscheidet es über Rechtsmittel gegen Urteile des Einzelrichters und reine Strafberufungen gegen Urteile der Schöffengerichte und Geschworenengerichte bei den Landesgerichten.
Obristforstmeisteramt
Seit dem 13. Jahrhundert behauptete der Landesfürst in Tirol das Forstregal. Dieses erschöpfte sich nicht allein in der Aufsicht über die Forste und Wälder, damit diese gehegt und nicht ausgeplündert und verwüstet wurden, sondern schloss mit ein das Obereigentum an allen Wäldern, ausgenommen jene, die als Eigentum von Privaten ausgewiesen waren. Jener landwirtschaftlich extensiv und von bäuerlichen Siedlungsgemeinschaften gemeinsam genutzte Grund und Boden, neben Wäldern und Auen waren das Weiden und Almen, wurde in Tirol als "Gemain" bezeichnet. Die Bauern durften die (Gemain)wälder für ihre wirtschaftlichen Bedürfnisse kollektiv nutzen, darüber verfügen durfte auf Grund seines Forstregals allein der Landesfürst. Hier prallten gegensätzlich Interessen aufeinander, weil der Landesfürst wegen seiner Jagd und besonders im Einzugsbereich der Bergwerke und Schmelzhütten wegen deren Holzbedarf das Nutzungsrecht der Bauern eingeschränkt wissen wollte. So komplex wie die rechtliche war die administrative Seite des Forstwesens. Das landesfürstliche Forstregal nahmen in der Regel die örtlichen Gerichte, aber überregional auch die Berggerichte und die Saline Hall mit eigenen Waldämtern wahr, was unausweichlich zu Kompetenzstreitigkeiten führen musste. Daher war seit dem beginnenden 16. Jahrhundert ein Obristforstmeister eingesetzt - in Unterordnung zur Kammer - als Art oberste Forstbehörde für Tirol, vor allem als oberste Kontroll- und Koordinationsinstanz. Seine Hauptaufgaben bestanden in der Ausarbeitung von Waldordnungen, der Besichtigung der Wälder (Waldbereitungen), in der Bewilligung von Sondernutzungen (Einrichtung von Teilwäldern, Errichtung von Mühlen wegen der Wassernutzung, Errichtung von Häusern auf Gemaingrund usw.) und in der Genehmigung der Privatisierung von Grund und Boden aus Gemainwäldern. 1783 wurde das Amt des Obristforstmeisters, das schon des längeren mit dem des Obristjägermeisters vereint war, aufgelassen.
Opferfürsorge
Das erste Opferfürsorgegesetz (OFG) wurde bereits im Juli 1945 beschlossen. Als Opfer wurden zunächst nur österreichische Widerstandkämpfer angesehen, denen bei sozialer Bedürftigkeit und gesundheitlichen Schäden Fürsorgemaßnahmen, Begünstigungen und Renten zuerkannt wurden. Erst das zweite OFG von 1947 weitete diesen Personenkreis aus, auf Opfer politischer und rassischer Verfolgung durch den Nationalsozialismus. In der Regel mussten die Anspruchsberechtigten im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft sein und nachweislich während des Nationalsozialismus mindestens ein 6 Monate in einem Konzentrationslager oder 12 Monate in einem Gefängnis inhaftiert gewesen sein. Die Entscheidungsinstanzen waren und sind bei den jeweiligen Ämtern der Landesregierung angesiedelt, welche die Opferausweise und die Amtsbescheinigungen ausstellten, Dokumente, die Fürsorgeansprüche und Entschädigungen garantierten. Durch zahllose Novellierungen des OFG wurden sowohl der Kreis anspruchsberechtigter Personen (durch Einbeziehen ehemaliger Österreicher, die nicht mehr im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft waren) wie auch die Leistungen ausgeweitet.
1958 wurde das Kriegs- und Verfolgungssachschädengesetz (KVSG) erlassen. Es gewährte Entschädigungen für durch Kriegseinwirkung oder durch politische Verfolgung erlittene Schäden an Hausrat und an zur Berufsausübung erforderlichen Gegenständen. Dieses Gesetz behandelte NS-Opfer und Kriegsopfer grundsätzlich gleich. Personen, deren Jahreseinkommen 72.000.000 Schilling überschritt, waren von Ansprüchen nach dem KVSG ausgeschlossen. Somit stand bei ihm die Fürsorge und nicht die Entschädigung im Vordergrund, was anfänglich auch beim OFG zu beobachten ist. Die Entscheidungsinstanzen waren die jeweiligen Finanzlandesdirektionen.
Option (Südtirol)
1919 war jener Südtirol genannte Teil Tirols mit seiner überwiegend deutschsprachigen Bevölkerung an Italien gefallen. Unter Mussolinis faschistischem Regime war Südtirol einer rigorosen Italienisierungs- und Unterdrückungspolitik ausgesetzt. Mussolini wollte Tatsachen schaffen, die jeder österreichischen oder deutschen Revisionspolitik den Boden entziehen sollte. Wie sich am Beispiel Südtirol zeigen sollte, konnte das nationalsozialistische Blut-und-Boden-Prinzip, das einherging mit dem Heim-ins-Reich-Holen deutschsprachiger Gebiete, im März 1938 war das mit Österreich und im Oktober 1938 mit dem Sudetenland der Tschechoslowakei vorexerziert worden, bedenkenlos politischen Zweckmäßigkeiten geopfert werden. Der Zweck, dem alles untergeordnet wurde, war das von Adolf Hitler angestrebte Bündnis Deutschlands mit dem faschistischen Italien. Das Land sollte bei Italien verbleiben, die Brennergrenze als Staatsgrenze festgeschrieben, statt dessen sollten die Menschen abgesiedelt werden.
Ausgehandelt wurde der Kompromiss zwischen Berlin und Rom auf einer Konferenz am 23. Juni 1939 in Berlin, ohne dass eine förmliche Vereinbarung geschlossen worden wäre. Im Grundsatz war man sich einig, dass alle Reichsdeutschen, geschätzte 8.000 bis 10.000 Menschen, meist ehemalige österreichische Staatsbürger, verpflichtend abzuwandern hatten. Alle anderen Deutschsprachigen wurden vor eine „Option“ gestellt, wobei eine der beiden Alternativen vorsah, sich für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft auszusprechen und innerhalb von drei Jahren in das Deutsche Reich umsiedeln zu müssen, wobei zuerst die Bevölkerung ohne Grundbesitz („nicht bodengebundene Volksdeutsche“) abwandern sollte.
Die rechtliche Grundlage bildeten die „Richtlinien für die Rückwanderung der Reichsdeutschen und Umsiedlung der Volksdeutschen aus dem Alto Adige“ vom 21. Oktober 1939. Als Vertragsgebiete waren vorgesehen die Provinz Bozen, die gemischtsprachigen Gebiete der Provinz Trient (Gemeinde Neumarkt und gewisse Fraktionen der Gemeinden Fondo, Rumo und Capriana. später wurden einbezogen Fassatal, Lusern und Fersental), der Provinz Belluno (im Bereich Cortina d´Ampezzo und Buchenstein) und der Provinz Belluno (Kanaltal). Die reichsdeutschen Staatsbürger mussten innerhalb von drei Monaten das Vertragsgebiet verlassen. Alle anderen „Volksdeutschen“ wurden vor die Wahlmöglichkeit (Option) gestellt, die italienische Staatsbürgerschaft beizubehalten (und im Land bleiben zu dürfen) oder die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben. In diesem Fall mussten sie nach Deutschland auswandern oder „umsiedeln“. Alle Volksdeutschen (einschließlich der Ladiner) hatten bis zum 31. Dezember 1939 bei ihrer Heimatgemeinde eine verbindliche Erklärung abzugeben, ob sie die italienische Staatsbürgerschaft beibehalten oder die deutsche Reichsangehörigkeit erwerben und in das Deutsche Reich abwandern wollen. Wer weder das eine noch das andere tat, galt automatisch weiterhin als italienischer Staatsbürger.
Nach einer bereits im Sommer 1939 einsetzenden wilden Propagandaschlacht, die die Südtiroler Gesellschaft zutiefst spaltete und in die beiden unversöhnlich verfeindeten Lager der „Dableiber“ und „Geher“ auseinander riss, stand das Ergebnis der Option Anfang Jänner 1940 fest. Nach einer amtlichen deutsch-italienischen Statistik, die allerdings nicht sehr verlässlich ist, sprachen sich von den rund 267.000 Optionsberechtigten 69,4 Prozent für Deutschland aus, für Italien dezidiert 11,9 % und 18,7 % durch das Nichtwahrnehmen eine der beiden Optionsmöglichkeiten. Die Masse dieser Optionsberechtigten, 229.500, war in der damaligen Provinz Bozen (die deutschsprachigen Gebiete im Bozner Unterland gehörten zur Provinz Trient) beheimatet, davon optierten 72,5 % für Deutschland, 12,1 % für Italien und 15,4 % entfielen auf „Nichtoptanten“. Heutige Berechnungen, bezogen auf das derzeitige Gebiet der Provinz Bozen-Südtirol, gehen von rund 246.000 Optionsberechtigten aus, der Anteil der Optanten für Deutschland soll bei 86 % gelegen haben.
Der Option folgte die Umsiedlung.