Landesvolksanwältin zieht Jahresbilanz

  • Tätigkeitsbericht für 2023 im Landtag zur Kenntnis genommen
  • Zunahme: LVAin Winkler-Hofer und Team 3.739-mal kontaktiert
  • Anregungen für bessere Versorgung und mehr Transparenz

Landesvolksanwältin Doris Winkler-Hofer sieht ihre Beratungs- und Beschwerdestelle als Brücke zwischen BürgerInnen und Verwaltung. Entsprechend ziert auch ein Inn-Steg den Umschlag des Jahresberichts für 2023, der heute im Landtag einstimmig zur Kenntnis genommen wurde. Auf rund 100 Seiten bilanziert die Landesvolksanwältin darin die Arbeit des Landtagsorgans: 3.739 Kontaktaufnahmen wurden verzeichnet – 136 mehr als noch 2022. 69 Prozent der Fälle betrafen Beratungen, bei 31 Prozent der Kontakte wurde eine Beschwerde entgegengenommen. Hier kam es zu einer Verschiebung von elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr (80 zu 20 Prozent). Für den Erstkontakt wurde besonders häufig das Online-Formular auf der Webseite genutzt, insgesamt dominierten schriftliche Ansuchen, gefolgt von telefonischen und persönlichen. LVAin Winkler-Hofer ordnete die bearbeiteten Fälle in zwölf unterschiedlichen Themenbereichen ein: 13 Prozent der Kontaktaufnahmen betrafen Behindertenanliegen, 11 Prozent das Baurecht und die Raumordnung, gefolgt von Sozialrecht (10 Prozent) und Kinder- und Jugendhilfe (6 Prozent).

„Unser Hauptaugenmerk liegt immer darauf, die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen und zu prüfen, ob Recht verletzt worden ist. Dabei ist die Vermittlung zwischen Behörden und Beschwerdeführenden oft hilfreicher als die bloße Feststellung eines Missstands im verwaltungsbehördlichen Handeln. Wir versuchen, wenn möglich, auf einen Ausgleich hinzuwirken“, betont Landesvolksanwältin Doris Winkler-Hofer. „Das ist aber nur mit gegenseitigem Respekt möglich – gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung auf der einen und den Hilfesuchenden auf der anderen Seite.“

Konstruktiver Dialog für gemeinsame Lösungen

Gemeinsam könne man so auch bleibende Verbesserungen bewirken – wie im Tiroler Veranstaltungsgesetz (TVG): In der Vergangenheit wandten sich immer wieder Menschen mit Behinderungen an die Landesvolksanwältin, da ihre Teilhabe an Veranstaltungen durch Barrieren erschwert wurde. Zwar hätte das TVG vorgesehen, dass Veranstaltungen nach dem Stand der Technik durchzuführen sind – was auch die Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit umfassen würde – in der Praxis zeigte sich hier aber vielfach fehlendes Bewusstsein seitens der Veranstalter. Die Landesvolksanwältin empfahl daraufhin eine explizierte Erwähnung der Barrierefreiheit im TVG. Der Gesetzgeber hat nun reagiert, eine entsprechende Novelle wurde verabschiedet.

„Anhand dieses Beispiels wird deutlich, welche Rolle die Landesvolksanwältin für die Vertretung der Tiroler Bürgerinnen und Bürger spielt. Doris Winkler-Hofer und ihr Team greifen Probleme auf, klären den Sachverhalt und suchen den konstruktiven Dialog. So können auch die Verantwortlichen in der Politik für gewisse Themen sensibilisiert werden, um gemeinsam dann Lösungen zu finden“, betont Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann.

Empfehlungen: mehr Langzeitpflegeplätze, mehr Transparenz, mehr Information

Einer der Bereiche, in denen die Landesvolksanwältin noch Handlungsbedarf sieht, ist der Mangel an Langzeitpflegeeinrichtungen. Menschen mit Behinderungen, die eine umfassende pflegerische und kontinuierliche ärztliche Betreuung benötigen und nicht bzw. nicht mehr in Einrichtungen nach dem Tiroler Teilhabegesetz, dem Tiroler Heim- und Pflegeleistungsgesetz oder im Familienverband betreut werden können, benötigen einen Platz in einer Langzeitpflegeeinrichtung. Dort können eine regelmäßige medizinische Versorgung und eine aufwändige Fachpflege gewährleistet werden. Auf der Warteliste der einzigen derartigen Einrichtung in Tirol, der Landes-Pflegeklinik, stehen derzeit jedoch mehr als 100 Personen. Der Gesetzgeber wird hier aufgefordert, die Kapazitäten in der Langzeitpflege zu erhöhen.

Kritisch sieht die Landesvolksanwältin auch die fehlende Transparenz bei Vorschreibungen und Leistungen. So existiere oftmals etwa keine öffentlichen Dokumente, in denen die behördliche Vorgehensweise bei der Berechnung dargelegt wird. Betroffenen fehlt somit eine Grundlage, mit deren Hilfe sie die Höhe der selbst zu leistenden Mittel oder der Förderung ausrechnen könnten. Die fehlende Transparenz bzw. Nachvollziehbarkeit schaffe hier Unsicherheit. Das Landtagsorgan empfiehlt, dass in Dienststellen, die Förderungen ausbezahlen oder Kostenbeiträge einheben, entsprechende Leitfäden, Richtlinien bzw. Berechnungsmethoden schriftlich festgelegt und veröffentlicht werden. Alternativ sollte aufgeschlüsselt werden, wie sich der eingeforderte oder gewährte Betrag zusammensetzt.

Als Reaktion auf die Teuerungswelle im Berichtsjahr hatte der Staat eine Vielzahl an Förderungen eingeführt, um deren Auswirkungen abzufedern. So gab es etwa den Klimabonus, den Teuerungsbonus, den Energiekostenausgleich, einen Kurzarbeitsbonus und einige Förderungen mehr. Zwar begrüßte die Landesvolksanwältin, dass der Staat hier Geld in die Hand genommen hat, um vor allem die besonders vulnerablen Gruppen zu unterstützen. Die vielfältigen Ansuchungs- und Auszahlungsmodalitäten, unterschiedliche zugrundeliegende Einkommensdefinitionen und auch die Bezeichnungsvielfalt hätten jedoch nicht nur bei den Geförderten zu Verwirrungen geführt. Auch für die MitarbeiterInnen der Landesvolksanwältin war es nicht immer einfach, am Telefon herauszufinden, von welchem Bonus die anrufende Person gerade spricht. Zudem waren Fristen zum Teil sehr kurz bemessen. Die Landesvolksanwältin regte an, das Informationsmaterial für Förderungen zu verbessern und bei der Festlegung von Fristen und anderen Formalvorgaben entgegenkommend zu sein, so dass möglichst viele Menschen in den Genuss der Förderungen kommen können und damit deren Zweck auch erreicht wird.

Über die Tiroler Landesvolksanwältin

Der Landesvolksanwalt wurde im Jahr 1989 vom Tiroler Landtag als Beratungs- und Beschwerdestelle geschaffen, die den BürgerInnen ergänzend zum bestehenden Rechtschutzsystem möglichst einfach und unbürokratisch beistehen soll. Das Organ des Landesparlaments agiert von der Landesregierung unabhängig und weisungsfrei. Konkret kontrolliert wird die Verwaltungstätigkeit der Gemeinden, der Bezirkshauptmannschaften, des Stadtmagistrates Innsbruck und des Amtes der Tiroler Landesregierung.

Seit 1. April 2022 leitet Doris Winkler-Hofer das Büro, ihr zur Seite steht ein achtköpfiges Team – darunter auch Behindertenanwalt Kristof Widhalm. Der Sitz der Beratungs- und Beschwerdestelle ist in Innsbruck, Meraner Straße 5. Es werden jedoch zusätzlich regelmäßig Sprechtage in den Tiroler Bezirken angeboten.

Unter www.tirol.gv.at/landtag/landesvolksanwaeltin können die Jahresberichte von 2023 sowie jene der Vorjahre online eingesehen werden.