Almgeschichte
Das Institut für Hochgebirgsforschung an der Universität Innsbruck hat schon seit einigen Jahren Fragen der prähistorischen Hochweidenutzung in den Ötztaler Alpen sehr intensiv untersucht. Diese beginnt mindestens 1000 Jahre vor der Lebenszeit des Eismannes und setzt sich mit schwankender Intensität aber ohne wesentliche Unterbrechung bis in historisch fassbare Zeit fort. Im Sommer 2002 wurde mit einer archäologischen Ausgrabung eines Siedlungsplatzes am Beilstein oberhalb von Obergurgl (2100 m) begonnen, bei dem unter neuzeitlichen Stall- und Stadelbauten die Nutzung bis in die Jungsteinzeit zurückreicht.
Im 5. Jahrtausend v. Chr. (Neolithikum) traten grundlegende Änderungen in der Wirtschaftsweise in Europa und auch in unserem Raum ein. Der umherstreifende Jäger und Sammler trat zugunsten eines sesshaften Bauerntums, das nun auch mit der Haustierhaltung begann, in den Hintergrund.
Auf der Kelch-Alm bei Kitzbühel wurden Überreste von Almtieren aus der Spät-Bronzezeit (1250 – 750 v. Chr.) gefunden, wobei die Almwirtschaft hier wahrscheinlich Produkte für die Verpflegung von Bergleuten (Kupferabbau) geliefert hat.
In der Römerzeit betrieb man bereits eine intensive Almwirtschaft, wenn man die Fülle an vorrömischen und römischen Ortsnamen in den Almregionen (Lizum, Gramai, Juifen u. a.) in Betracht zieht. Ebenso stammen viele Namen für Tätigkeiten und Produkte in der Almwirtschaft (z. B. Senner, Butter, Käse) aus dem Lateinischen.
Etwa seit der Jahrtausendwende stieg die Bevölkerung kontinuierlich an (Verlangsamung um und nach 1350 durch die Beulenpest) und es kam zu einer Ausweitung der landwirtschaftlich genutzten Flächen, wobei auch viele Almflächen durch Rodung neu geschaffen wurden. Während Hochalmen häufig vorrömische und romanische Namen aufweisen, so trifft man nun bei diesen innerhalb des Waldgürtels gelegenen Almen vor allem deutsche Namen an (Hiesenschlag, Schwent, Ochsenbrand u. a.).
Bis zur Grundentlastung im Jahre 1848 blieb der Großteil der Tiroler Almen im Obereigentum von weltlichen und geistlichen Grundherrschaften, die Bauern waren nur „Nutzungseigentümer“ und mussten Abgaben entrichten. Die Grundherrn bestimmten die Anzahl und Gattung des Viehs, das aufgetrieben werden durfte.
Mit dem Servitutspatent aus dem Jahre 1853 bzw. den Durchführungsbestimmungen vier Jahre später wurden auch die Einforstungsrechte in Servitutenregulierungsurkunden schriftlich festgelegt. Während im 18., 19. und Anfang des 20. Jahrhundert in den östlichen Teilen Österreichs Adelige und großbürgerliche Schichten viele Almen für außerlandwirtschaftliche Zwecke (Forstwirtschaft, Jagd) erwarben, war der Einfluss kapitalkräftiger Schichten im Westen und somit auch in Tirol geringer. Durch Überschuldung und massiv auftretende Viehseuchen mussten aber auch in Tirol Almen von den Bauern verkauft werden (z. B. Herzog von Coburg im Karwendel und Darblay im Brixental).
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden in Tirol die ersten Alpschutzgesetze (Gesetz vom 11. Mai 1909, LGBl Nr. 60 und Gesetz vom 29. Jänner 1920, LGBl Nr. 81) und es wurden finanzielle Mittel für „Alpenverbesserungen“ zur Verfügung gestellt.
In den 60-er Jahren bis in die zweite Hälfte der 70-er Jahre war in der Tiroler Almwirtschaft ein augenscheinlicher Rückgang zu verzeichnen, dem mit gezielten Förderungsmaßnahmen (z.B. Alpkostenzuschuss 1977, Herausnahme der Almmilch aus der Kontingentierung 1978) gegengesteuert wurde.
Derzeit kann die Almwirtschaft als beständiger und in gewissem Maße auch „eigenständiger“ Bestandteil der Berglandwirtschaft angesehen werden.
Linktipps:
Tiroler Landesarchiv
Alm-Literatur