Klimawandel - Chancen für den Weinbau in Tirol
Geschichte des Nordtiroler Weinbaus
Der Nordtiroler Weinbau geht in der Geschichte weit zurück. Begünstigte Lagen und geschützte Hänge wurden in Nordtirol schon vor über 1000 Jahren für den Weinbau genützt. Dies ist wenig bekannt, da viele beim Tiroler Weinbau an Südtirol denken, wo südlich von Brixen die Weinberge das Landschaftsbild prägen.
Die erste urkundliche Erwähnung über den Tiroler Weinbau findet sich um das Jahr 965, wo Sautens im vorderen Ötztal genannt wird. Spätere Aufzeichnungen belegen Weingärten im Umkreis von Innsbruck, des weiteren in Telfs, Ötz sowie im mittleren und oberen Inntal bis nach Prutz auf Höhen von 900 Meter. Viele alte Flurnamen und Ortsteile in Tarrenz, Ötz, Roppen, Pfunds, Imst (z.B. Weinberg) und anderen sonnigen Orten in ganz Tirol weisen auf den früheren Weinbau hin. Diese Namen finden sich unter anderem häufig in den Grubenbenennungen des Bayerischen Bergbuchs von 1460-1463.
Einige Beispiele aus urkundlichen Aufzeichnungen - existierende Rechnungen gehen hier bis ins 13. Jahrhundert zurück – können dies belegen:
- Graf Meinhard II von Görz-Tirol bezog im Jahr 1288 Wein aus seinen Gütern in Telfs
- Das Kloster Polling in Bayern ließ sich im Jahr 1341 je 4 Yhren (ca. 300 Liter) Wein aus Hötting und aus Zirl kommen
- Selbst in Aurach bei Kitzbühel gab es den „Weinberg“ (1353 war hier den Bürgern die Weinausschank von der „Mößt“ bis „Martini“ gestattet). Mit "Mößt" ist wahrscheinlich das "Moschten" (Mosten) nach der Ernte gemeint - wo die Trauben gequetscht und gepresst (zerstampft) wurden. Dieser Most (Traubensaft) oder nach der Gärung der Wein konnte bis Martini ausgeschenkt werden. Ein Datum gibt es somit zur "Mößt" nicht, das ist immer abhängig von der Reife der Trauben bzw. vom Erntetermin (September / Oktober).
- In Thaur läßt sich der Weinanbau auf Grund von noch existierenden Rechnungen bis ins 13. Jahrhundert zurück verfolgen.
Im Mittelalter gab es durch das damalige warme Klima und der gut florierenden Wirtschaft einen Aufschwung im Nordtiroler Weinbau.
Als besonderer Förderer des mittelalterlichen Weinbaus gilt Kaiser Maximilian I. Auf seine Anregung hin entstanden Anfang des 15. Jahrhunderts Weingärten in der Nähe der Martinswand in Zirl. Auch auf den sonnigen Hängen unterhalb des Thaurer Schlosses (heute Ruine) ließ er Sylvaner-Rebstöcke pflanzen.
Einerseits wollte man durch den eigenen Wein näher an der Quelle sein und andererseits hohe Kosten durch Transport und Zölle sparen.
Zu Zeiten Kaiser Maximilians I. dürfte es in Nordtirol etwa 60 Hektar Weingärten gegeben haben.
1583 ließ der Urenkel von Kaiser Maximilian I., Landesfürst Ferdinand II., in der recht kalten und windigen Haller Au einen Weingarten anlegen. Er gab hierfür sehr viel Geld aus, die Trauben reiften aber nie richtig. Der Tiroler Landtag sperrte ihm daraufhin die Gelder und stellte 1598 das Steckenpferd des Landesfürsten ein.
Der Wein - damals oft mit Zugabe von Zucker, Gewürzen und Kräutern - wurde allmählich zum Haustrunk und hatte zudem den Vorteil, dass er durch den Alkohol frei von Bakterien war. Das Wasser hingegen war in früheren Zeiten mitunter auch leicht unrein und mit Bakterien durchsetzt.
Ab dem 16. Jahrhundert kam es in Nordtirol zu einem Rückgang im Weinbau. Die Ursachen dafür lagen vor allem in der Klimaverschlechterung mit dem Beginn der „kleinen Eiszeit“. Durch bessere Verkehrswege nach Südtirol nahm auch der Frachtverkehr zu, was zur Folge hatte, dass die Weine aus dem Südtiroler Etschtal billig zu haben waren. Die Tiroler Weingärten wurden allmählich aufgelassen, lediglich an der wärmenden Hausmauer gab es weiterhin Rebstöcke.
Mit der derzeitigen Klimaerwärmung erlebt der Tiroler Weinbau eine Renaissance.
Chancen durch den Klimawandel für den Nordtiroler Weinbau

Tirol – 47. Breitengrad, vorwiegend Kalkböden, viele Sonnenstunden, Weinbauzone B – eigentlich ähnliche Verhältnisse wie in Burgund, Frankreich. Was also spricht gegen Weinbau in Tirol?
Das inneralpine Bergweingebiet verfügt über einige Gebiete mit speziellen Klimabereichen, welche unter gewissen Voraussetzungen für den Weinbau durchaus geeignet sind.
Der Tiroler Weinbau profitiert von der deutlichen Klimaerwärmung, welche in Tirol schneller vor sich geht als im globalen Mittel. Im Alpenraum ist ein deutlich stärkerer Temperaturanstieg von bis zu 2 °C in den letzten 100 Jahren festgestellt worden.
Berücksichtigt man die steigenden Temperaturen und die damit verbundenen höheren Wärmesummen, so ergibt sich zwangsläufig eine Änderung des Rebsortenspiegels. Gewisse Rebsorten mit mittelfrüher Reife, die vor einigen Jahren noch nicht vollständig ausgereift wären, können somit zukünftig auch in Tirol gepflanzt werden.
Tirol ist ein typisches „Cool Climate Gebiet“. Das Potential des kühleren Klimas hat man seit der welweiten Kllimaerwärmung schon vor Jahren erkannt. Sowohl in den traditionellen Weinbauländern der alten Welt wie etwa Italien, Frankreich, Spanien, als auch in den Ländern der neuen Welt wie etwa Chile, USA, Australien und Neuseeland verlegt man den Weinbau auf kühlere Gebiete. Der Grund dafür ist, dass kühlere Temperaturen die Feinheit und Ausdruckskraft des Weins fördern. Weine aus einem gleichmäßig warmen Klima hingegen eher plumpe, alkoholreiche Weine entstehen lassen.
Nachdem die Weingärten in Tirol in der Regel auf einer Höhe von ca. 600-900 m liegen, kühlt es besonders im Herbst in der Nacht stark ab. Dadurch entstehen Trauben mit viel Aroma und Extrakt in den Beeren.
Der Sommer ist meist sonnig und warm, der lange Herbst noch recht mild und eher trocken, was dazu führt dass die Reben die ganze Länge der Vegetations- und Reifephase nutzen können. Damit wird die Säure in den Beeren und die Kohlenwasserstoffverbindungen als Träger der Weinaromen langsamer veratmet. Es entstehen säurebetonte, fruchtigere Weine mit mehr Aromatik. Diese Weine sind durch die lange Reifephase im Herbst gänzlich ausgereift – es sind Weine mit mehr Finesse und Klasse.
Charaktervolle Weine aus Nordtirol sind einerseits geprägt von ihrer Herkunft, dem Terroir und andererseits von der Leidenschaft und Kreativität des Winzers. Vor wenigen Jahren noch belächelt, haben es einige Tiroler Winzer mittlerweile geschafft, Weine mit dem Prädikat "Österreichischer Qualitätswein" zu produzieren.
In klimatisch geeigneten Gebieten wurden mit viel Fleiß und Enthusiasmus neue Weingärten angelegt und einschlägige Fachkurse besucht. Der im Jahr 2012 gegründete „Tiroler Weinbauverband“ mit bereits fast 60 Mitgliederns ist sehr um die Fortbildung ihrer Winzer bemüht und holt sich regelmäßig Fachexperten aus Niederösterreich, Südtirol und Deutschland nach Tirol. Nicht zuletzt sollte der Winzer aber die Leidenschaft für den Weinbau in sich tragen und sich in der Kellertechnik die entsprechende Fachkompetenz aneignen.
Der Tiroler Wein ist inzwischen ein regional begehrtes Nischenprodukt mit eigenem Charme, das im Zusammenspiel von Natur und Mensch heranwächst.
Derzeit wird vorwiegend in den folgenden Gebieten Tirols auf einer Gesamtfläche von ca. 9 ha Weinbau betrieben. Alle Winzer betreiben den Weinbau im Nebenerwerb bzw. als Hobbywinzer.
Bezirk Landeck: Pfunds, Grins, Prutz, Pians, Stanz und Landeck
Bezirk Imst: Imst, Imsterberg, Tarrenz, Roppen, Sautens, Ötz, Haiming, Rietz, Obsteig, Mieming
Bezirk Innsbruck Land: Telfs, Wildermieming, Inzing, Innsbruck, Absam, Igls
Bezirk Schwaz: Thaur, Vomp, Zell am Ziller, Ramsau im Zillertal
Bezirk Kufstein: Kufstein, Kirchbichl, Brixlegg
Kontakt:
Tiroler Weinbauverband
www.tirolwein.at
Mag. Peter Zoller, Obmann Steinweg 18, 6425 Haiming Mobil: 0676/3504292 E-Mail: p.zoller@aon.at