- Sexuelle Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen wird gestärkt
- Höherer Strafrahmen in sämtlichen Strafbestimmungen, unter anderem in Bereichen der Lärmerregung, Bettelei und dem Halten und Führen von Hunden
- Noch engere Zusammenarbeit zwischen Behörden bei Vorfällen mit Hunden
Die Tiroler Landesregierung hat heute, Dienstag, auf Antrag von Sicherheitslandesrätin Astrid Mair eine umfassende Novelle des Landespolizeigesetzes beschlossen. Die Änderungen betreffen zentrale Bereiche des gesellschaftlichen (Zusammen-)Lebens. Einerseits sind höhere Strafrahmen in sämtlichen Strafbestimmungen, beispielsweise in den Bereichen der Lärmerregung, Bettelei und dem Halten und Führen von Hunden vorgesehen. Bei Letzterem ist es auch eine noch engere Zusammenarbeit, zwischen Behörden bei Vorfällen mit Hunden, die künftig greifen soll. „Die Novelle ist ein wichtiger Schritt zur Anpassung des Gesetzes an die gesellschaftlichen Bedürfnisse und aktuellen Herausforderungen“, betont LRin Mair die Bedeutung dieser Neuerungen.
Allen voran sind es die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen, denen mit der Überarbeitung des Polizeigesetzes Rechnung getragen werden soll: Ihnen – sofern volljährig – wird es mit der Novelle möglich sein, künftig sexuelle Dienstleistungen in privaten Räumlichkeiten in Anspruch zu nehmen. „Das Land Tirol fördert und unterstützt viele Maßnahmen im Rahmen des Tiroler Aktionsplanes zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und trägt damit zur Inklusion, Chancengleichheit, Barrierefreiheit und zur umfassenden Teilhabe von allen Menschen bei. Ein weiterer Meilenstein ist der heute gefasste Beschluss, mit dem wir einmal mehr die Gleichheit aller Menschen stärken“, ist die Landesrätin überzeugt.
Die Novelle wird dem Tiroler Landtag im Februar 2025 zur Beschlussfassung vorgelegt und soll anschließend in Kraft treten.
Ausnahme: sexuelle Dienstleistungen auch außerhalb von behördlich bewilligten Bordellen
Das Recht auf Selbstbestimmung ist einer der zentralen Grundsätze der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), deren Umsetzung in Tirol im Rahmen des TAP (Tiroler Aktionsplan zur Umsetzung der UN-BRK) forciert wird.Mit der Novelle des Landes-Polizeigesetzes wird die Ausübung von sexuellen Dienstleistungen an volljährigen Menschen mit Behinderungen in deren privaten Räumlichkeiten, in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und in Alten-, Wohn- und Pflegeheime ermöglicht.
„Es gibt ein grundsätzliches Verbot der Prostitution außerhalb von behördlich bewilligten Bordellen für sexuelle Dienstleistungen. Eine Ausnahme wird daher nun gesetzlich verankert. Denn Menschen mit Behinderungen müssen die Freiheit haben, eigene Entscheidungen zu treffen und ihr Leben möglichst selbstbestimmt zu gestalten – das betrifft auch den Bereich der Sexualität“, so LRin Mair, die zudem betont, dass im Gesetz klar definiert ist, wer die Dienstleistung anbieten und auch in Anspruch nehmen darf, um die Kontrolle zu gewährleisten.
Grundsätzlich gelten als Menschen mit Behinderungen Personen, die Leistungen nach dem Tiroler Teilhabegesetz, nach dem Tiroler Heim- und Pflegeleistungsgesetz oder nach dem Bundespflegegeldgesetz beziehen oder über einen Behindertenpass verfügen. Zudem gelten folgende personenbezogene Voraussetzungen für die vorgesehene Ausnahme:
- Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen, müssen ebenso volljährig sein, wie die in Anspruch nehmende Menschen mit Behinderungen.
- Vor der erstmaligen Tätigkeit ist von den Personen, welche sexuelle Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen anbieten wollen, ein Beratungstermin bei einer Einrichtung verpflichtend.
- Die gesundheitspolizeilichen Anforderungen des Geschlechtskrankheitengesetzes müssen erfüllt werden.
Bei der Ausübung der Prostitution ist ein Lichtbildausweis mit zu führen und im Rahmen einer Kontrolle auszuhändigen. Damit kann die Rechtmäßigkeit der Ausübung der Prostitution effektiv überprüft werden.
Strafrahmen werden nach über 23 Jahren adaptiert
Wer zu laut ist und andere damit belästigt, wer eine Maulkorbpflicht nicht berücksichtigt oder wer den öffentlichen Anstand nicht wahrt, wird künftig tiefer in die Tasche greifen müssen: Die Strafrahmen in zahlreichen Strafbestimmungen werden deutlich angehoben. Zuletzt wurden sie im Jahr 2001 adaptiert.
Übersicht Änderungen Strafrahmen
- Erregung ungebührlichen Lärms: von 1.450 Euro auf 3.000 Euro
- Nicht ordnungsgemäßes Halten und Führen von Hunden: von 500 Euro auf 750 Euro (Beispiel: Nichtbeachtung einer Maulkorbpflicht) bzw. von 10.000 Euro auf 12.000 Euro (Beispiel: wenn ein amtstierärztlich als auffällig beurteilter Hund trotz bescheidmäßiger Untersagung geführt wird)
- Bettelei: von 500 Euro auf 750 Euro (Beispiel: bei gewerbsmäßiger Bettelei) bzw. von 5.000 Euro auf 5.500 Euro (Beispiel: Bettelei unter Mitwirkung einer unmündigen minderjährigen Person)
- Wahrung des öffentlichen Anstandes: von 360 Euro auf 750 Euro
- Nicht rechtmäßige Ausübung der Prostitution: von 4.000 Euro auf 4.500 Euro (Beispiel: Ausübung der Prostitution außerhalb von bewilligten Bordellen) und von 36.000 Euro auf 40.000 Euro (Beispiel: Betreiben eines Bordells ohne Bewilligung)
- Ehrenkränkungen: von 215 Euro auf 450 Euro
Behördenübergreifende Verständigung bei Vorfällen mit Hunden
Die Novelle beinhaltet zudem eine Verpflichtung zur zwischenbehördlichen Kommunikation, wenn Hinweise auf Verletzungen oder Gefährdungen durch einen Hund vorliegen. Ziel ist eine bessere Koordination zwischen den zuständigen Stellen, etwa Gemeinden und Bezirksverwaltungsbehörden. Damit soll noch rascher und effektiver auf Vorfälle reagiert werden können.
Landesrätin Mair: „In der vorliegenden Novelle des Landespolizeigesetzes sind erweiterte Informationspflichten im Zusammenhang mit der Übertretung von Vorschriften für das Halten und Führen von Hunden vorgesehen. Demzufolge sind die Bezirkshauptmannschaften sowie die Landespolizeidirektion verpflichtet, dienstliche Wahrnehmungen, welche auf eine Verletzung oder Gefährdung eines Menschen oder Tieres durch einen Hund hinweisen, dem Bürgermeister bzw. der Bürgermeisterin als zuständiger Behörde unverzüglich zu melden. Somit wird es künftig möglich sein, etwaige Maßnahmen unverzüglich einzuleiten. Dazu zählt beispielsweise die raschere Vorführung eines Hundes zur Beurteilung der Auffälligkeit. Ich bin überzeugt davon, dass diese adaptierten rechtlichen Regelungen zu einem Mehr an Sicherheit für alle beitragen.“
Kurzmeldung aus der Regierungssitzung
Sonderförderungsprogramme: Über 384.000 Euro erhält die Naturparkregion Lechtal-Reutte aus dem Sonderförderungsprogramm. Das beschloss die Tiroler Landesregierung heute auf Antrag von LH Anton Mattle. „Mit den Mitteln werden in der Region Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe sowie Klein- und Mittelunternehmen außerhalb des Tourismus gestärkt. Auch Privatzimmervermieterinnen und Privatzimmervermieter, die Wander-Infrastruktur oder ganze Ortskerne profitieren immer wieder von den Ausschüttungen aus den Sonderförderungsprogrammen. Die laufende Weiterentwicklung unserer Gemeinden und Regionen ist wesentlich, prägen sie doch das Land Tirol als Ganzes“, sagt LH Mattle. Auch der Planungsverband 12 „Pitztal“ profitiert: Für die regionale Geschäftsstelle des Regionalmanagements werden über 129.000 Euro bereitgestellt.