- Schwerpunkte: Weiterentwicklung der Kinderbetreuungsangebote, Arbeitsmarktintegration von zugewanderten Personen sowie niederschwellige Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene
- Berufsfestivals in den Bezirken
Unter dem Vorsitz von Arbeitslandesrätin Astrid Mair hat heute, Montag, die Arbeitsmarktplattform getagt. Die Arbeitsmarktplattform ist das politische Gremium zur Umsetzung der Strategie für den „Arbeitsmarkt Tirol 2030“, im Rahmen derer gemeinsam mit Sozialpartnern und InteressensvertreterInnen die Weichen für die Entwicklung des Tiroler Arbeitsmarktes für die kommenden Jahre gestellt werden sollen. Dementsprechend zählen neben dem Land Tirol mit Landeshauptmann Anton Mattle, das Arbeitsmarktservice Tirol mit Geschäftsführerin Sabine Platzer-Werlberger, die Arbeiterkammer Tirol mit Präsident Erwin Zangerl, die Wirtschaftskammer Tirol mit Präsidentin Barbara Thaler, die Industriellenvereinigung Tirol mit Geschäftsführer Michael Mairhofer und der Österreichische Gewerkschaftsbund Tirol mit dem Vorsitzenden Philip Wohlgemuth zu den Mitgliedern der Plattform. Die Umsetzung der Strategie wird von der Arbeitsmarktgesellschaft Tirol (amg-tirol) koordiniert. „Der Arbeitsmarkt befindet sich im Umbruch. Der anhaltende Fach- und Arbeitskräftemangel ist nicht nur eine Herausforderung für die heimische Wirtschaft, sondern hat bereits Auswirkunken auf unser tägliches Leben. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, Lösungen zu finden, um qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Zudem braucht es umfassende Maßnahmen, um die Teilzeitquote zu reduzieren. Hier sind Bund und Land gefordert, die passenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Deshalb werbe ich vehement für Vollzeitarbeitsmodelle“, erklärt LRin Mair, die ohne Denkverbote an die Sache herangehen will: „Es ist notwendig, dass die Bundesregierung praxisorientierte, innovative und attraktive Anreize sowie Erleichterungen für die Vollzeitbeschäftigung ausarbeitet. Jede Arbeitsstunde ist von Bedeutung – auch vor dem Hintergrund der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ist es wichtig, das volle Potenzial zu nutzen, damit unsere Wirtschaft florieren kann, wir unseren Wohlstand erhalten und einen zukunftsfähigen Arbeitsmarkt aufbauen können.“
So entwickelte sich 2023 der Arbeitsmarkt
Einige Teilziele der Strategie „Arbeitsmarkt Tirol 2030“ konnten bereits im vergangenen und somit vor dem anvisierten Jahr 2026 erreicht werden. So ist die Erwerbsquote von Frauen deutlich auf 81,6 Prozent (Teilziel 2026: 80,5 Prozent), jene der Männer auf 84,2 Prozent (Teilziel 2026: 83,5 Prozent) gestiegen. Da Frauen vergleichsweise häufiger einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen, sorgt der sukzessive Anstieg ihrer Erwerbquote jedoch nicht unbedingt für eine Ausweitung des Arbeitszeitvolumens. Die durchschnittlichen Normalarbeitsstunden bei Frauen bleiben seit dem Jahr 2015 relativ stabil und schwanken im Bereich von 30 bis 31,1 Wochenstunden. Im Jahr 2023 waren diese minimal rückläufig im Vergleich zum Vorjahr. Deutlich stärker aktiviert werden konnte in Folge der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie das Arbeitskräftepotential der sogenannten „Stillen Reserve“, die mit dem generellen Rückgang der Arbeitslosigkeit einhergeht. Auch die sogenannte Teilzeit-Unterbeschäftigung ist rückläufig. Die anhaltend starke Personalnachfrage hat auch zu einer deutlichen Verbesserung der Arbeitsmarktchancen von langzeitbeschäftigungslosen Personen mit Vermittlungseinschränkungen geführt. Betrug ihr Anteil an den gesamten Arbeitslosen im Jahr 2022 noch 14,84 Prozent, so ist er im Jahr 2023 auf 10,98 Prozent gesunken. Hier zeigten auch Beschäftigungsförderungen eine starke Wirkung.
Das Beschäftigungswachstum der letzten Jahre stützt sich in Tirol beinahe ausschließlich auf die Zuwanderung und die Arbeitsmarktintegration von ausländischen Arbeits- und Fachkräften, die vor dem Hintergrund des demografischen Wandels noch wichtiger werden wird. Die deutliche Erhöhung der Saisonkontingente und die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte im Herbst 2022 hatten einen Anstieg der gesteuerten qualifizierten Zuwanderung zur Folge: Im Jahr 2023 waren 95.468 AusländerInnen in Tirol beschäftigt, ein Plus von 6.369 Personen im Vergleich zum Vorjahr. Der Anteil der gemeldeten offenen Stellen an der Gesamtbeschäftigung ist im Jahr 2023 gesunken, mit 2,3 Prozent stellt dieser Wert aber immer noch den zweithöchsten der erhobenen Zeitreihe dar. Dies spiegelt sich auch in der Vakanzzeit der offenen Stellen beim AMS Tirol wider: Bis zur Besetzung einer offenen Stelle sind im Jahr 2023 durchschnittlich 51 Tage vergangen. Im Vorjahresvergleich ist diese Zeit somit zwar um vier Tage gesunken, sie bleibt damit aber dennoch deutlich länger als in früheren Jahren. Positiv entwickelt hat sich der geschlechtsspezifische Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern, der auf Basis der Lohnsteuerstatistik berechnet wird. Der Gender Pay Gap über alle Arbeitsformen (somit auch Saison- und Teilzeitarbeit) ist über die erhobene Zeitreihe von 42,04 auf 37,3 Prozent gesunken, bei ganzjähriger Vollzeitarbeit von 25,77 auf 19,52 Prozent.
Arbeitsmarktpolitische Aufgaben
In mehreren Maßnahmenfeldgruppen werden die sechs Maßnahmenfelder der Tiroler Arbeitsmarktstrategie bearbeitet. Darunter die Bereiche „Weiterentwicklung des Förderangebots“, „Weiterentwicklung der Kinderbetreuungsangebote“, „Arbeitsmarktintegration von zugewanderten Personen“, „Modulsystem zur Arbeitsmarktintegration“ sowie „Beratung und Begleitung vor und während geförderter Beschäftigung / Weiterentwicklung niederschwelliger Beschäftigungsformen“ und „Niederschwellige Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene“. Aus Sicht der Partner der Arbeitsmarktplattform wird zudem das von der Wirtschaftskammer in allen Bezirken organisierte Format der Berufsfestivals als Berufsorientierungsmessen für SchülerInnen ausdrücklich begrüßt und als regionales, treffsicheres und wirksames Angebot unterstützt.
Das sagen die Partner
Im Rahmen der Arbeitsmarktplattform tauschen sich insbesondere Land, AMS und Sozialpartner aus, um Vorschläge für die Stärkung und Weiterentwicklung des Tiroler Arbeitsmarktes zu erarbeiten.
„Der Arbeitsmarktplattform kommt für die gemeinsame Entscheidungsfindung und die politische Abstimmung arbeitsmarktrelevanter Themen zentrale Bedeutung zu. Wir orientieren uns dabei an der Tiroler Arbeitsmarktstrategie, um Tirol zukunftsfit aufzustellen. Tirol soll das erste Bundesland mit einem Recht auf Kinderbildung und Kinderbetreuung werden, um insbesondere die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu unterstützen. Dabei haben wir bereits erste Zwischenerfolge erreicht, Aufholbedarf haben wir noch insbesondere im Sommer sowie an den Tagesrandzeiten“, will LH Anton Mattle Tirol in diesem Bereich zum Vorreiter machen.
„Es braucht insbesondere bei der Kinderbetreuung in den Sommermonaten einen Schulterschluss zwischen Land Tirol und den Gemeinden, denn der Bedarf wird nicht zurückgehen, im Gegenteil. Die Ferien stellen für viele Familien weiterhin ein großes Problem dar, etwa, wenn beide Elternteile arbeiten müssen oder für Alleinerziehende. Kinderbetreuung im Sommer darf kein Randthema mehr sein. Lassen wir die Kinder und ihre Familien nicht im Regen stehen, ermöglichen wir ihnen Ferien mit Erholung und Ferien, in denen sie Spaß haben, Neues zu lernen“, legt der Präsident der Arbeiterkammer Tirol Erwin Zangerl einen Schwerpunkt auf die Sommerbetreuung, um die ArbeitnehmerInnen zu unterstützen.
„In einer Zeit, in der die Arbeitskosten unaufhörlich steigen, müssen wir effektive und unbürokratische Maßnahmen ergreifen, um die Tiroler Wirtschaft zu stärken. Die Wirtschaftskammer Tirol tritt deshalb für einen Absetzbetrag für Vollzeitbeschäftigte als Sofortmaßnahme auf Bundesebene ein. Das erhöht das Nettoeinkommen von Vollzeitarbeitskräften und macht Vollzeit attraktiver. Der Absetzbetrag bietet auch einen Anreiz für die Ausweitung von Teilzeitarbeit. Jede hinzukommende Vollzeitkraft entlastet daher alle Beschäftigten und lässt zudem die Steuereinnahmen steigen“, verweist die Präsidentin der Wirtschaftskammer Tirol Barbara Thaler auf den Arbeitskräftemangel als eine der größten Herausforderungen für den Tiroler Wirtschaftsstandort.
„Drohenden Kürzungen im bundesweiten AMS-Budget muss man entschieden entgegentreten. Es ist definitiv der falsche Weg, bei der überbetrieblichen Ausbildung, bei Projekten für Langzeitarbeitslose, Förderprogrammen für Frauen oder bei Bildungsmaßnahmen für Erwachsene einzusparen. Es geht jetzt in erster Linie darum, das vorhandene Potenzial in Tirol zu nutzen. Dazu benötigt es dringend den Ausbau der Kinderbetreuung, angepasst an die Arbeitsrealitäten der Tiroler:innen, und zielgerichtete Weiterbildungsmaßnahmen für gut bezahlte Arbeitsplätze, für Working-Poors und langzeitarbeitslose Menschen. Aus volkswirtschaftlicher, aber vor allem menschlicher Sicht, müssen Integration, verbunden mit zielgerichteten Sprachkursen, und die Inklusion von Menschen mit Behinderung vorangetrieben werden“, erklärt der Vorsitzende des ÖGB Tirol Philip Wohlgemuth.
„Wir haben gute Voraussetzungen für ein Produktions- und Wirtschaftssystem, das den Wohlstand der Bürgerinnen und Bürger sichert. Die engagierten Wirtschaftstreibenden unseres Landes und ihre vielen fleißigen Mitarbeitenden zeigen jeden Tag, was möglich ist, wenn alle an einem Strang ziehen. Zuerst muss aber Wohlstand erzeugt werden, bevor man über seine Verteilung diskutieren kann. Deshalb setzen wir uns als Vertreter der Industrie unter anderem mit unserem Aktionsprogramm 2030 ein, dass sich Leistung in unserem Land, als Grundlage für den gemeinsamen Wohlstand, wieder lohnt“, plädiert der Geschäftsführer der IV Tirol Michael Mairhofer für den Leistungsgedanken.
„In wirtschaftlichen Schwächephasen steigt die Arbeitslosigkeit besonders stark bei jungen Erwachsenen und Zugewanderten. Eine gezielte Unterstützung und Höherqualifizierung dieser Menschen ist entscheidend, um ihnen eine berufliche Perspektive zu geben. Denn Fachkräfte werden in Tirol weiterhin dringend gesucht. Am wichtigsten ist uns aktuell, Unternehmen bei der Personalsuche zu unterstützen und möglichst viele Arbeitssuchende zu qualifizieren“, erklärt die Geschäftsführerin des AMS Tirol Sabine Platzer-Werlberger.