Der Psychosoziale Krisendienst im Tiroler Oberland

Bisher rund 1.400 Gespräche

  • Telefonische Anlaufstelle für Menschen in psychischen Ausnahmesituationen und deren Angehörige
  • Tirolweit über 9.000 Anrufe – Nachfrage im Oberland niedriger als im Zentralraum Innsbruck
  • Sechs Ausfahrten über mobilen Dienst im Oberland seit März 2023
  • Größte Gruppe der AnruferInnen sind 31- bis 40-Jährige, häufigstes Thema sind psychische Probleme
  • Ambulante Kurzzeittherapie für Personen mit Extrembelastungen am Standort Imst möglich

0800 400 120 – unter dieser Nummer können sich Menschen in psychischen Ausnahmesituationen sowie deren Angehörige in ganz Tirol kostenlos und auf Wunsch anonym an den Psychosozialen Krisendienst wenden. Insgesamt führten die PsychotherapeutInnen und/oder psychiatrischen Gesundheits- und KrankenpflegerInnen des Krisendienstes seit Beginn im Oktober 2020 über 9.000 Gespräche. Rund 1.400 davon stammten aus den Bezirken Landeck, Imst und Reutte. Damit ist die Nachfrage im Oberland im Verhältnis zum Zentralraum Innsbruck niedriger. Seit März dieses Jahres verfügt der Psychosoziale Krisendienst auch über einen täglichen mobilen Dienst, bei dem betroffene Personen zuhause aufgesucht werden können. Bisher wurden insgesamt bereits 66 Ausfahrten durchgeführt – sechs davon im Oberland. Diesen Stand präsentierten heute, Freitag, Soziallandesrätin Eva Pawlata, Christian Haring, Obmann der Suchthilfe Tirol, Leo Alber, Geschäftsführer des Psychosozialen Pflegediensts Tirol (PSP Tirol) und Petra Praxmarer, Psychotherapeutin beim Psychosozialen Krisendienst, im Rahmen einer Pressekonferenz in der Suchhilfe Imst. Die Suchthilfe Tirol betreibt den Krisendienst gemeinsam mit dem PSP Tirol. Finanziert wird er zu drei Vierteln vom Land Tirol mit 415.000 Euro jährlich und zu einem Viertel von den Krankenversicherungsträgern.

„Der Psychosoziale Krisendienst bietet als ‚Rettungsanker‘ in Krisen- und Belastungsfällen rasche, niederschwellige und professionelle Hilfe. Er wird von der Bevölkerung bereits gut angenommen – gerade außerhalb des Zentralraums Innsbruck gilt es jedoch, den Dienst weiter zu etablieren. Was für die körperliche Gesundheit gilt, muss auch für die psychische Gesundheit selbstverständlich werden: Bei einer Erkrankung kann und soll man sich Hilfe und Unterstützung holen. Beim Psychosozialen Krisendienst ist diese nur einen Anruf entfernt“, betont LRin Pawlata.

113 Anrufe auf 10.000 EinwohnerInnen im Oberland

Die Nachfrage am Psychosozialen Krisendienst ist seit Bestehen des Angebots stetig gewachsen. Insgesamt wurden in den vergangenen zwei Jahren aus dem Bezirk Landeck rund 440 Gespräche, aus dem Bezirk Imst 450 Gespräche und aus dem Bezirk Reutte 170 Gespräche verzeichnet. Über die Hälfte aller AnruferInnen stammte aus den Bezirken Innsbruck und Innsbruck-Land. „Auf 10.000 EinwohnerInnen gerechnet, waren demnach fast 190 Anrufe aus dem Bezirk Innsbruck und im Gegensatz dazu 50 Anrufe aus Landeck, 37 Anrufe aus Imst und 26 Anrufe aus Reutte“, führt Suchthilfe Tirol-Obmann Haring aus. „Dass uns im Oberland Betroffene und Angehörige signifikant weniger kontaktieren, bedeutet, dass wir unser Angebot dort noch bekannter machen müssen“, ergänzt Geschäftsführer Alber vom PSP Tirol.

Täglich von 8 bis 20 Uhr erreichbar

Im Herbst 2022 wurde der Psychosoziale Krisendienst in den Regelbetrieb überführt. Er ist seither täglich von 8 bis 20 Uhr erreichbar. An den Werktagen werden tirolweit im Schnitt rund elf Anrufe verzeichnet, am Wochenende sind es zwölf. Neun von zehn Gesprächen führen die MitarbeiterInnen des Krisendienstes mit Betroffenen, die Übrigen mit dem sozialen Umfeld sowie mit SystempartnerInnen. Die größte Gruppe – rund ein Viertel der AnruferInnen – stellen auch im Oberland die 31- bis 40-Jährigen dar. „Die größten Sorgen und Belastungen werden bei unseren Anruferinnen und Anrufern durch psychische Probleme, aber auch durch Konflikte im sozialen Umfeld und durch soziale Isolation verursacht“, informiert Psychotherapeutin Praxmarer.

Betroffene entlasten und Krisensituationen entschärfen

Das vorrangige Ziel des Psychosoziales Krisendienstes ist es, in Gesprächen mit den Betroffenen und Angehörigen akute Belastungen abzubauen und neue Möglichkeiten und Lösungsschritte zu erarbeiten. Darüber hinaus werden Informationen zu weiterführenden Versorgungsstrukturen vermittelt und es besteht – durch eine zusätzliche Bundesförderung – die Möglichkeit auf eine ambulante Kurzzeitpsychotherapie. Dieses Angebot, das es seit Februar 2023 gibt, richtet sich an Personen, die unter besonders bedrohlichen oder Extrembelastungen, wie Gewalterfahrungen, Trennungen oder Beziehungskonflikten leiden. Sie können über den Krisendienst kostenlos bis zu zehn Termine zur Krisen- und Stabilisierungsintervention im ambulanten Bereich an den Standorten Imst und Hall wahrnehmen.

Wird bei der telefonischen Krisenintervention deutlich, dass Hilfe vor Ort erforderlich ist und von den Betroffenen gewünscht wird, sucht ein Team aus zwei MitarbeiterInnen innerhalb von maximal 48 Stunden die Betroffenen zuhause auf und leistet Hilfe vor Ort. Je nach Anlass und Situation koordiniert sich der Psychosoziale Krisendienst dabei mit den Rettungsdiensten, ÄrztInnen oder Sicherheitsorganen. An den Werktagen werden für den mobilen Dienst Termine vereinbart, an den Wochenenden fährt das Team des Krisendienstes anlassbezogen aus.


Kontakt

Psychosozialer Krisendienst Tirol
Erreichbarkeit: täglich von 8 bis 20 Uhr
0800 400 120