LH Mattle: „Neuer Fördercall bringt Schub für PV-Ausbau in Tirol“

Ergebnisse der Regierungsklausur

  • Acht Millionen Euro zusätzlich für PV-Großanlagen auf versiegelten Flächen
  • Tiroler Landesverwaltung als Vorbild
  • Ausbau der Erneuerbaren im öffentlichen Interesse soll Verfahren beschleunigen
  • Maßnahmen gegen Energie-Teuerung weiterhin im Fokus, Forderung Netzverlustkosten durch Bund abfedern
  • Energieversorgungssicherheit und Blackout-Vorsorge: Strom durch (Pump-)Speicherkraftwerke im Ernstfall teils verfügbar

Die Tiroler Landesregierung kam gestern, Montag, und heute, Dienstag, unter Vorsitz von LH Anton Mattle zu ihrer ersten Arbeitsklausur im Steinbockzentrum in St. Leonhard im Pitztal zusammen. Neben den aktuellen Themen und einem Ausblick für das erste Halbjahr 2023 hat der Landeshauptmann das Treffen unter das Generalthema „Energie: Herausforderungen und Chancen für Tirol“ gestellt. Nach zweitätigen Beratungen präsentierten LH Mattle und LHStv Georg Dornauer die Ergebnisse im Pflegezentrum Pitztal in Arzl, einem Vorzeigeprojekt im Bereich der Eigenenergieerzeugung.

„Wir sind im Bereich der Energie derzeit mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Dennoch hat Tirol enormes Potential, um saubere, nachhaltige und sichere Energie zu erzeugen. Wir müssen technologieoffen und kompromissbereit den Ausbau von erneuerbaren Energieträgern vorantreiben. Gerade im Bereich der Photovoltaik muss und wird Tirol aufholen. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, in dieser Legislaturperiode fünf Millionen Quadratmeter Photovoltaik auszubauen. Mit einem neuen Fördercall in Höhe von acht Millionen Euro verpassen wir dem PV-Ausbau in Tirol nun einen Schub“, freut sich LH Mattle über die konkreten Klausurergebnisse. Mit dem Fördercall, also der Bereitstellung einer neuen Förderung für Unterkonstruktionen, soll neben den bestehenden Förderungen für PV-Paneele und den attraktiven Einspeis-Tarifen ein weiterer Anreiz geschaffen werden, PV-Anlagen zu installieren.

Umsetzungsplan zur PV-Nachrüstung auch bei Landesgebäuden

Dem pflichtet LHStv Dornauer bei: „Die Tiroler Landesregierung hat das Thema Energie als zentrales Handlungsfeld für die kommenden Jahre definiert. Wir werden in unserem Verantwortungsbereich alles unternehmen, um eine stabile, sichere und nachhaltige Energieversorgung zu gewährleisten. Gerade das Land Tirol nimmt mit seinen Gebäuden eine Vorbildfunktion ein. Bisher wurden auf den Liegenschaften des Landes PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 963 Kilowatt-Peak errichtet und in Betrieb genommen. Zudem bereiten wir die Errichtung von PV-Anlagen auf Landesliegenschaften mit einer Gesamtleistung von 801 Kilowatt-Peak vor bzw. befinden sich diese teils bereits in Umsetzung. Zudem beauftragt die Tiroler Landesregierung die Abteilung Liegenschaftsverwaltung, einen Umsetzungsplan zur Nachrüstung von PV-Anlagen auf Landesgebäuden bis Ende 2024 zu erstellen.“ Auch das bestehende Energiemonitoring in der Landesverwaltung soll weiter ausgebaut und die Dekarbonisierung des Landesfuhrparks vorangetrieben werden.

„Fördercall“: acht Millionen Euro im Jahr 2023 für PV-Großanlagen „in der Höhe“

Tirol kann im Vergleich zu anderen Bundesländern kaum auf großflächige PV-Anlagen zurückgreifen. Aufgrund der Topografie und den begrenzten Bodenressourcen setzt die Tiroler Landesregierung auf Bestandsgebäude, bebaute Grundstücke und versiegelte Flächen. „Angesichts der Herausforderungen beim Bodenverbrauch sowie durch die begrenzten Flächen für Wohnen, Wirtschaften und der landwirtschaftlichen Nutzung wollen wir die Photovoltaik ‚in die Höhe‘ bringen – einerseits auf bestehende und neue Dachflächen, vor allem aber auch über Parkplätze und andere bereits versiegelte Flächen. Bei der Überdachung mit PV-Anlagen fallen aber hohe Kosten für die Unterkonstruktion an. Mit einem ‚Fördercall‘ wollen wir Parkplätze für Pendlerinnen und Pendler, von Seilbahnen, Einkaufszentren oder Supermärkte für PV-Projekte gewinnen. Insgesamt stehen in einem ersten Schritt acht Millionen Euro die Unterkonstruktion derartiger Großanlagen zur Verfügung“, informiert LH Mattle, auf dessen Antrag das Fördermodell beschlossen wurde.

So sollen bis zu 8.000 Kilowatt-Peak an Leistung erzielt werden. Daraus könnten rund acht Millionen Kilowatt-Stunden elektrische Energie erzeugt werden. „Mit diesem Potential könnten wir den Verbrauch von rund 2.000 Haushalten abdecken und im Idealfall Projekte in der Nähe von großen Abnehmern wie Supermärkten, Einkaufszentren oder Seilbahnen anstoßen und somit auf bestehende Netzinfrastrukturen zurückgreifen“, so der Landeshauptmann.

Verfahren bei erneuerbaren Energien beschleunigen

In ganz Europa wird am beschleunigten Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien gearbeitet. Zuletzt hat die österreichische Bundesregierung beschlossen, dass der Energiewende bei Verfahren ein besonderes öffentliches Interesse zukommt. „Als Tiroler Landesregierung bekräftigen wir dies und wollen Verfahren beschleunigen und damit diese Hemmschwelle bei der Energiewende beseitigen“, gibt LH Mattle die Zielrichtung vor.

Tirol könne in Bezug auf den Landesenergieversorger TIWAG auf ein umfassendes Investitionsvolumen für die Planjahre 2023 bis 2027 blicken. „Das gesamte Investitionsvolumen der TIWAG beläuft sich auf rund 2,1 Milliarden Euro. Damit treiben wir den Ausbau der nachhaltigen Energieerzeugung voran und stärken die Netzinfrastruktur“, begrüßt der Landeshauptmann als Eigentümervertreter die umfassenden Investitionen.

  • Die TIWAG investiert in den kommenden Jahren 702 Millionen Euro in den Ausbau der Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz, weitere rund 394 Millionen Euro werden in das Ausleitungskraftwerk Innstufe Imst-Haiming investiert.
  • Um die Energieversorgungssicherheit auch in Hinblick auf das Leitungsnetz zu gewährleisten, werden 383 Millionen Euro in den Ausbau der Stromnetze fließen.
  • Für den Ausbau der Wärmenetze und Wärmeproduktion in Tirol ist ein Investitionsvolumen von rund 119 Millionen Euro vorgesehen.
  • Weitere zehn Millionen Euro werden in die Umsetzung des Photovoltaik-Rahmenvertrags mit dem Land Tirol fließen, um möglichst zeitnahe Landesliegenschaften mit PV-Anlagen auszustatten.
  • Zudem wird die TIWAG selbst zwei Photovoltaik-Projekte auf Überdachungsflächen mit einem Investitionsvolumen von rund zwei Millionen Euro umsetzen.

Unterstützung für Tiroler Gemeinden durch „Energieagentur Tirol“

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Ausbau des Fernwärmenetzes. Dafür sollen die Gemeinden künftig von der neu fusionierten „Energieagentur Tirol“ unterstützt werden. Dort werden der Verein „Energie Tirol“ und die landeseigene „Wasser Tirol GmbH“ zusammengeführt. Das Land Tirol bündelt darin das Knowhow und die Schlagkraft in Energie- und Ressourcenfragen. „Die Gemeinden sind ein starker Partner, wenn es um den Ausbau von erneuerbarer Energie geht. Gemeinsam wollen wir im ersten Halbjahr 2023 den Unterstützungsbedarf in den Gemeinden evaluieren und darauf aufbauend weitere Angebote erarbeiten. Unsere Kommunen sollen auch im Ausbau von PV-Anlagen vermehrt unterstützt werden – von der Planung über die Finanzierung bis hin zur Errichtung und den Betrieb von PV-Anlagen“, kündigt LHStv Dornauer an.

Auch hinsichtlich der Windkraft geht die Tiroler Landesregierung ergebnisoffen an die Thematik heran. Um das aktuelle Potential für Windkraftanlagen in Tirol zu erheben, wird die Aktualisierung der Windkraftstudie in Auftrag gegeben. Diese soll weiterführend als Basis für die Erstellung eines Raumordnungsplans dienen. Zeitgleich sollen von der „Energieagentur Tirol“ die in der Studie zum Ressourcen- und Technologieeinsatz definierten Energieszenarien überarbeitet werden, sodass der Politik aktuelle und aussagekräftige Zahlen und Daten zur Verfügung stehen.

Maßnahmen gegen Energie-Teuerung, Forderung Netzverlustkosten durch Bund abfedern

Im Rahmen des Teuerungsrates wurde unter Vorsitz von LH Mattle gemeinsam mit den Sozialpartnern bereits kürzlich eine Fortführung des Energiekosten- und Heizkostenzuschusses für das Jahr 2023 festgelegt. Die Tiroler Landesregierung sieht in diesem Zuschuss ein bewährtes Instrument, um die erhöhten Heiz- und Energiekosten abzufedern. „Neben der Sicherstellung der Energieversorgung ist es uns wichtig, dass Energie leistbar ist und bleibt. Zurückzuführen auf den enormen Anstieg des Preisniveaus bei allen Energiequellen werden auch 2023 umfassende Unterstützungs- und Entlastungsmaßnahmen für die Tirolerinnen und Tiroler von der Tiroler Landesregierung bereitgestellt. Dabei steht der zielgerichtete Einsatz von finanziellen Mitteln im Vordergrund“, informiert LHStv Dornauer.

Zusätzlich sei es wesentlich, Lücken im bestehenden Fördersystem zu schließen. So sollen Nachteile für Mehrgenerationenhaushalte mit nur einem Stromzähler ausgeglichen werden. Familien, welche den zur Verfügung stehenden Raum bestmöglich nutzen und somit gleichzeitig Leerstand vermeiden, dürfen im Förderregime nicht benachteiligt werden. Zudem sollen für Haushalte, welche in der Energieerzeugung auf Wärmepumpen setzen, keine Nachteile durch einen höheren Strombedarf entstehen. „Wir setzen aber auch alles daran, Strom- und Gasabschaltungen im Fall von finanziellen Engpässen zu vermeiden. Diesbezüglich werden Gespräche mit allen Energieversorgung in Tirol geführt“, so der Landeshauptmannstellvertreter.

„Wenn man sich die Zusammensetzung des Strompreises ansieht, dann führen die Netzverlustkosten zu einem enormen Preisanstieg. Die Steigerung der Netzverlustkosten für Tiroler Kundinnen und Kunden liegt bei rund 600 Prozent. Ich sehe enormen Handlungsbedarf und fordere die Bundesregierung dringend zum Handeln auf. Bereits im Dezember habe ich bei der Landeshauptleutekonferenz eine Lösung in diesem Bereich eingefordert. Mit Jahresbeginn sind die erhöhten Netzverlustentgelte in Kraft getreten. Diese sind in der bundesweiten Strompreisbremse aber nicht berücksichtigt“, richtet LH Mattle in Richtung Wien. Die Festlegung der Stromnetzentgelte fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der unabhängigen und weisungsfreien Regulierungsbehörde, der Regulierungskommission der E-Control.

Blackout-Vorsorge: Grundversorgung mit Strom in Tirol durch Großkraftwerke gewährleistbar

Im Zuge neuer Maßnahmen zur Energiewende muss auch das Thema der Energieversorgungssicherheit berücksichtigt werden. Die Austrian Power Grid AG stuft die Gefahr eines Blackouts in Österreich derzeit als nicht erhöht ein. Dennoch ist ein Blackout als unkontrollierter, unerwarteter Zusammenbruch der Stromversorgung nie gänzlich auszuschließen. Das Blackout, welches von Strommangellagen und Stromausfällen dadurch zu unterscheiden ist, dass es sich um ein „Worst-Case-Szenario“ und um einen unvorhersehbaren Zusammenbruch des Stromnetzes handelt, hätte Auswirkungen auf die gesamte Bevölkerung „Wir werden auf Landesebene alle Schritte unternehmen, um die Energieversorgungssicherheit aufrechterhalten zu können. Daher wurde von Expertinnen und Experten der Landesverwaltung bereits ein Positionspapier zur Blackout-Vorsorge erarbeitet. Nach einem Blackout sieht das Netzwiederaufbaukonzept des Netzbetreibers TINETZ den Aufbau eines autarken Inselbetriebs in Tirol mit Tiroler Großkraftwerken vor. Alle Verbindungen des Tiroler Übertragungsnetzes würden dabei zu anderen Netzen unterbrochen. Durch große (Pump-)Speicherkraftwerke hätte Tirol in Strommangellagen oder auch im Falle eines Blackouts grundsätzlich die Möglichkeit, die Stromversorgung im Inselbetrieb selbst herzustellen und eine Grundversorgung mit elektrischer Energie zu gewährleisten. Tirol als Teil des gesamteuropäischen Stromverbundes kann im Ernstfall aufgrund der schwarzstartfähigen Kraftwerke seinen Teil zur Wiederherstellung des österreichischen und europäischen Gesamtnetzes leisten“, begrüßt LH Mattle die laufenden Vorbereitungen.