- „Klima-Check“ für neue Gesetze, Verordnungen, Erlässe und Richtlinien
- Bekenntnis zur Energiewende, Gründung neuer TIWAG-Gesellschaft für erneuerbare Energien, Forcierung von klimaneutralem Bauen und Sanieren
- Photovoltaik-Pflicht bei öffentlichen Neubauten ab 1.1.2022
- Öffentliche Landesverwaltung geht als Vorbild voran
Die zweitätige Arbeitsklausur der Tiroler Landesregierung in Ehrwald im Außerfern stand im Zeichen vieler Themen – von der Pandemie über die Herausforderung beim Wohnen und dem Transit bis hin zur Pflege. Das Kernthema war aber der Klimaschutz und die Verabschiedung des Leitantrags „Land und Klima schützen“. Die Ergebnisse wurden bei der heutigen Landespressekonferenz auf der Ehrwalder Alm von LH Günther Platter gemeinsam mit LHStvin Ingrid Felipe, Gesundheitslandesrätin Annette Leja und Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf präsentiert.
Positive Ausblicke für die Zukunft
In den Bereichen Arbeitsmarkt, Wirtschaft und Tourismus habe Tirol in den letzten Monaten eine beeindruckende „Aufholjagd“ hingelegt, um wieder an das starke Vorkriseniveau anzuknüpfen, wie LH Platter bei der Landespressekonferenz betonte: „Nach den schwierigen eineinhalb Jahren der Pandemie erholt sich der Tiroler Tourismus in Rekordgeschwindigkeit – allein im abgelaufenen August konnte Tirol zehn Prozent mehr Nächtigungen als im August 2019 und eine deutliche Zunahme bei den deutschen Gästen verzeichnen. Eine Aufbruchsstimmung spüren wir auch in der gesamten Wirtschaft – wir haben volle Auftragsbücher, die Unternehmerinnen und Unternehmer in Industrie, Gewerbe und Handel leisten hervorragende Arbeit. Auch bei der Arbeitslosigkeit haben wir die Trendwende geschafft. Noch vor einem Jahr war Tirol das Bundesland mit der höchsten Arbeitslosigkeit – ein Jahr später stehen wir mit einer Arbeitslosigkeit von 3,6 Prozent bei der Beschäftigung wieder an der Spitze und haben beinahe Vollbeschäftigung.“
In Sachen Coronakrise rief LH Platter gemeinsam mit Gesundheitslandesrätin Leja einmal mehr dazu auf, sich impfen zu lassen, sofern dies noch nicht geschehen sei. „Die Impfung ist der Schlüssel zur Normalität. Sie schützt vor einem schweren Verlauf. Jede Impfung wirkt sich positiv auf das Infektionsgeschehen und die Hospitalisierungen aus und ermöglicht den Tourismus, gibt der Wirtschaft Sicherheit und verhindert Arbeitslosigkeit. Deshalb der dringende Appell an alle Unentschlossenen, Zweifler und Verunsicherten: Informieren Sie sich bei einem Arzt und lassen Sie sich bitte impfen“, so LH Platter. „Das Land Tirol bietet gemeinsam mit den Impfzentren und den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten ein niederschwelliges und kostenloses Impfangebot – bitte nehmen Sie diese Möglichkeiten auch an“, ersucht LRin Leja. Die Gesundheitslandesrätin unterstrich zudem den Paradigmenwechsel, weg von Inzidenzen hin zur Belegung der Intensivbetten als bestimmender Kennzahl in der Pandemiebekämpfung, der nur durch die Wirksamkeit der Impfung ermöglicht werde.
„Land und Klima schützen“ – Fahrplan für den Klimaschutz
Das Land Tirol soll in eine klimafitte Zukunft gehen – das ist eines der obersten Ziele der Tiroler Landesregierung. Schon im Jahr 2012 hat Tirol eine erste eigene Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen. 2014 bekannte sich das Land dazu, bis zum Jahr 2050 energieautonom zu werden und sich vollständig von fossilen Energieträgern zu verabschieden. „Der Klimaschutz ist essentiell für die Zukunft Tirols und die nächsten Generationen. Es geht darum, dass wir unser Land klimafit und enkeltauglich machen“, so LH Platter. „Tirol hat nun in den vergangenen eineinhalb Jahren eine gesamthafte Nachhaltigkeits- und Klimastrategie als Kompass für die zukünftige Landesentwicklung erarbeitet. Heute setzen wir ein weiteres Ausrufezeichen und haben einen Klimaleitantrag unter dem Titel ‚Land und Klima schützen‘ beschlossen“, betonen LH Platter und LHStvin Felipe. „Wir bekennen uns zu einem umfassenden Klimaschutz, um die Pariser Klimaziele und das Ziel eines klimaneutralen Tirol bis 2040 und eines energieautonomen Tirol 2050 zu erreichen. Nachhaltigkeit bedeutet für uns, eine gesunde Balance zwischen ökonomisch Notwendigem, ökologisch Vertretbarem und sozialer Gerechtigkeit.“
Land Tirol beschließt „Klima-Check“
Die Landesregierung beschließt außerdem die Einführung eines Klima-Checks. Dabei sollen Rechtsnormen wie Gesetze, Verordnungen, Erlässe und Richtlinien des Landes Tirol einem Klima-Check unterzogen und die Auswirkungen auf die Bereiche Klimaschutz und Klimawandelanpassung analysiert werden. „Der Klima-Check ist das Herzstück unseres Klimapakets. Tirol ist das erste Bundesland, das eine solche Maßnahme in die Praxis umsetzt. Der Klima-Check zeigt die Auswirkungen auf die Bereiche Klimaschutz und Klimawandelanpassung. Wenn wir die Klimawende wirklich schaffen wollen, müssen wir auch die gesetzlichen Vorgaben und Normen dahin anpassen. Mit dem Klima-Check stellen wir der Landesverwaltung und dem Gesetzgeber ein wirksames klimapolitisches Instrument zur Verfügung “, so LHStvin Felipe.
Klimaschutz geht nur gemeinsam mit Bund, Ländern und Gemeinden
Um der Verantwortung für ein klimafittes Tirol gerecht zu werden, seien alle gefordert – die Politik im Gesamten, jedes einzelne Regierungsmitglied, die Verwaltung auf allen Ebenen, die Gemeinden, die Wirtschaft, die Zivilgesellschaft und alle Menschen, die in Tirol leben. Mit der Nachhaltigkeits- und Klimastrategie habe man einen Fahrplan skizziert sowie Leitlinien und Handlungsfelder vorgegeben. Die Strategie für eine nachhaltige Entwicklung werde jetzt mit konkreten Maßnahmen und Projekten befüllt so LH Platter und LHStvin Felipe.
„Es wird in Sachen Klimaschutz in den Gemeinden bereits viel unternommen, aber es besteht noch Luft nach oben. Es gibt einen Schulterschluss mit der Landesregierung in dieser Frage. Die Gemeinden werden hier solide Partner sein und ihren Beitrag in den Regionen leisten, damit Tirol in eine klimafitte Zukunft geht“, betonte Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf.
Energiewende: Neue Gesellschaft der TIWAG für „Erneuerbare“
Um die ambitionierten Ziele der unterschiedlichen Energiestrategien zu erreichen, setzt die Landesregierung auf einen ambitionierten, ökologisch vertretbaren Ausbau der Wasserkraft. Der Landesenergieversorger TIWAG soll deshalb Kraftwerksbauten sowie den Betrieb dieser Anlagen gemeinsam mit Gemeinden sowie Gemeindeverbänden forcieren. „Wir brauchen mehr Entschlossenheit und das Bekenntnis aller zu erneuerbarer und sauberer Energie. Eines ist klar: Ohne Wasserkraft und deren Ausbau – im Einklang mit der Ökologie – wird es nicht gehen“, ist LH Platter überzeugt.
Mit der Wasserkraft alleine sei es aber nicht getan, so LH Platter. Zur rascheren Entwicklung von Projekten im Bereich der Erneuerbaren Energien wie Photovoltaik, Biogas, regenerative Wärme und Wasserstoff wird zudem eine eigene Gesellschaft innerhalb der TIWAG gegründet. „Wir erwarten uns dadurch nicht nur einen schnelleren Ausbau der ‚Erneuerbaren‘, sondern auch eine energiewirtschaftliche Optimierung, weil diese Technologien durch die Bündelung innerhalb der neuen Gesellschaft besser miteinander verknüpft werden können – das heißt, wir schaffen Synergien“, erklärt LH Platter. Eine Rolle spiele zudem die Wasserstoff-Strategie Tirol 2030. Zentrale Ansatzpunkte für den Wasserstoffeinsatz in Tirol sind neben der Erzeugung und Speicherung von Wasserstoff auch der Einsatz im Bereich Mobilität, etwa bei LKWs und Bussen für den regionalen und überregionalen Personen- und Gütertransport auf Straße und Schiene.
Für die bessere Anpassung der Maßnahmen im Energiebereich will das Land Tirol außerdem mit Begin 2022 eine neue, zentrale Energieausweisdatenbank implementieren. Diese dient als Grundlage für Vergleiche der energetischen Qualität von Gebäuden zwischen verschiedenen Gebäudekategorien, aber auch zwischen einzelnen Regionen.
Klimaneutrales Bauen und Sanieren wird forciert
Eine besondere Rolle bei der Erreichung der Klimaziele kommt der Wohnbauförderung zu, da diese eine Vorbildwirkung hat. Bereits 2020 trat ein umfassendes Klimapaket in Kraft, das unter anderem einen „Raus aus Öl“-Bonus von 3.000 Euro und energieeffiziente Boiler oder zur Dachbegrünung und ökologischen Baustoffen wie Holz bietet. „Diesen Weg wollen wir weitergehen. Dort, wo wir einen Hebel zum Klimaschutz sehen, setzen wir an“, so LH Platter. Im Bereich Neubau und Sanierung werde deshalb auch ein spezielles Ökopaket ausgearbeitet, um die Umsetzung von Photovoltaik auf Dächern bestehenden Bauten und Neubauten von Gemeinnützigen Bauträgern voranzutreiben, die Förderlandschaft im CO2-neutralen Heizen weiterzuentwickeln, um unter anderem die Bauwirtschaft nachhaltiger zu machen und die Möglichkeiten von vermehrten Holz-Wohnbauten in Tirol auszuloten.
„Zudem wollen wir die Sanierungsrate von Wohngebäuden steigern, insbesondere im Bereich der Wärmesanierung, und dafür auch mit dem Bund noch enger zusammenarbeiten. Darüber hinaus wollen wir Fassaden- und Dachbegrünungen bei Gebäuden erleichtern, die einen aktiven Beitrag zum Umwelt- und Naturschutz leisten und insbesondere in Ballungszentren kühlend auf das Kleinklima wirken“, informiert LHStvin Felipe.
Die Landesregierung setzt damit Bewährtes fort – so haben sich die Regierungsmitglieder bei der Klausur darauf verständigt, die einkommensunabhängige Sanierungsoffensive der Wohnbauförderung, die mit Ende dieses Jahres ausgelaufen wäre, um ein weiteres Jahr zu verlängern. Allein im bisherigen Jahr 2021 wurde durch diese Sanierungsoffensive über 20.000 Wohnungen in Tirol saniert – damit wurde ein Bauvolumen von 271 Millionen Euro ausgelöst. Zudem legt die Landesregierung beispielsweise neue Förderungen von Photovoltaikanlagen auf. Bisher wurden allein im heurigen Jahr rund 100 Förderansuchen gestellt und rund 160.000 Euro an Förderungen zur Verfügung gestellt. Dies soll nun in einem speziellen Schwerpunkt weiter ausgebaut werden. Darüber hinaus wird es auf Dächern von Neubauten im Einflussbereich des Landes wie Sportanlagen, Bauhöfen bis hin zu Gemeindeämtern und Alten- und Pflegeheimen ab 1. Jänner 2022 bei Neubauten eine Photovoltaik-Pflicht geben.
Vorbildwirkung der öffentlichen Hand beim Klimaschutz
Für das Amt der Tiroler Landesregierung hat die Klimaneutralität Priorität. Der öffentlichen Verwaltung obliegt deshalb eine Vorbildwirkung beim Klimaschutz. Neben dem neuen Klima-Check sollen in den kommenden fünf Jahren alle Gebäude, die sich im Eigentum des Landes befinden, ein Ausstieg aus Öl und Gas gelingen. Bis 2030 sollen zudem alle geeigneten Immobilien mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet werden. Beim öffentlichen Beschaffungswesen kommen ökologische und soziale Standards auf Basis des „Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung“ zur Anwendung. Mittels einer jährlichen Klimabilanzierung will die Landesregierung zudem den jährlichen Energieverbrauch und die CO2-Emissionen berechnen lassen. Die vorliegenden Daten sollen anschließend genutzt werden, um künftige Maßnahmen zielgerecht und datenbasiert umzusetzen und bei Bedarf zu adaptieren. Ergänzend wird es auch einen jährlichen Klimafortschrittsbericht geben, der die Entwicklungen, Maßnahmen und Projekte des Landes darstellt und auf der Homepage des Landes veröffentlicht wird.
„Die öffentliche Hand kann als Vorbild vorangehen und so einen essentiellen Beitrag leisten. Die Verbesserung der Energieeffizienz, die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die konsequente Reduktion klimaschädlicher Emissionen sind wesentliche Zielsetzungen des Maßnahmenpakets der Landesregierung und werden ab sofort jährlich durch eine Klimabilanz evaluiert“, informieren LH Platter und LHStvin Felipe.
Öffi-Weiterentwicklung, Attraktivierung der Bahnhöfe sowie des Fuß- und Radverkehrs
Ein weiterer Kernbereich im Kampf gegen den Klimawandel ist die Mobilität. Das Land Tirol unterstützt den Bund bei der Einführung und raschen Umsetzung eines Klimatickets für ganz Österreich. „Tirol übernahm und übernimmt durch die frühe Einführung und Weiterentwicklung attraktiver regionaler Tickets eine führende Rolle unter den Bundesländern. In einem nächsten Schritt wird Tirol das Klimaticket zum Anlass nehmen, um die eigenen Tarifstruktur zu optimieren und noch attraktivere Angebote für unter 26-jährige und Familien in Tirol anzubieten“, informiert LHStvin Felipe. Parallel dazu werde das Angebot im Öffentlichen Verkehr mit dem Schwerpunkt der Ausdehnung der Tagesrandzeiten weiter verbessert, um tagesdurchgehende Mobilitätsketten sicherzustellen. Ausgebaut werden sollen auch die Dekarbonisierung, etwa durch konsequentes Umrüsten von Busflotten und Attraktivierung der Bahnhöfe sowie „Sharingmodelle“ und Mitfahrgelegenheiten. Die „aktive Mobilität“ in Form des Rad- und Fußverkehrs soll durch den weiteren Ausbau einer entsprechenden Infrastruktur forciert werden. An der Universität Innsbruck soll zudem eine eigene Stiftungsprofessur im Bereich „Aktive Mobilität“ mit einer Förderunterstützung von Seiten des Landesommen, mit der Maßnahmen für die Mobilität der Zukunft und in den Handlungsfeldern Klima/Umwelt, Gesundheit und Wirtschaft auch wissenschaftlich begleitet werden.