- Internationales Projekt „Luisa ist hier!“ wird in ganz Tirol umgesetzt
- Schulungen für MitarbeiterInnen von Nachtlokalen im Umgang mit sexueller Belästigung und sexualisierter Gewalt
- Innsbruck Club Commission kooperiert mit Verein „Frauen gegen verGEWALTigung“, Frauenhaus Tirol und Drogenarbeit Z6
„Ist Luisa hier?“: Mit dieser Frage können sich Betroffene bei sexualisierter – verbaler oder körperlicher – Gewalt im Nachtleben diskret an MitarbeiterInnen von Nachtlokalen wenden und Hilfe erhalten. Nach einer dreijährigen erfolgreichen Pilotphase der vom Frauen-Notruf Münster initiierten Kampagne in Innsbruck wird diese nun landesweit ausgedehnt. Tirol ist damit das erste Bundesland in Österreich, das „Luisa ist hier!“ flächendeckend umsetzt. Ab Herbst 2022 schulen die ProjektmitarbeiterInnen der Innsbruck Club Commission hierfür in Kooperation mit ExpertInnen vom Verein „Frauen gegen verGEWALTigung“, dem Frauenhaus Tirol und der Drogenarbeit Z6 BetreiberInnen und Angestellte von Bars und Clubs in allen Tiroler Bezirken. Diese Erweiterung von „Luisa ist hier!“ fördert das Land Tirol mit rund 70.000 Euro.
„Wir haben ein Problem mit Gewalt, die mehrheitlich von Männern ausgeht. Drei von vier Frauen in Österreich wurden schon einmal sexuell belästigt. Jede dritte Frau erlebte sexualisierte Gewalt. Diese Zahlen zeigen deutlich, dass Gewalt gegen Frauen ein gesellschaftliches Problem ist. Mit der landesweiten Umsetzung von ‚Luisa ist hier!‘ setzen wir einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg hin zu mehr Sicherheit im Nachtleben und ergänzen die in Tirol bestehende Gewaltschutz-Landschaft um ein niederschwelliges und unmittelbar wirksames vor-Ort-Angebot. Ein effektiver Gewaltschutz beginnt bei Gewaltprävention: Indem Betroffene in Situationen, in denen sie sich in einem Lokal unwohl oder bedroht fühlen, in Kontakt mit dem geschulten Personal treten, soll Schlimmeres verhindert werden können“, betont Frauen- und Soziallandesrätin Gabriele Fischer.
Einfach um Hilfe fragen – mit dem Code „Luisa“
Die Kampagne „Luisa ist hier!“ ist mittlerweile in großen Teilen des deutschsprachigen Raums vertreten und funktioniert immer nach demselben Prinzip: Durch die Frage „Ist Luisa hier?“ – oder auch nur der Nennung des Namens „Luisa“ – informieren die Betroffenen die Lokal-MitarbeiterInnen über ihre Notsituation. „Es geht dabei vorrangig nicht darum, mit dem Code die Intention der Fragenden zu verschleiern, sondern um eine möglichst einfache und rasche Kontaktaufnahme – die ohne weitere Ausführungen und auch bei lauter Musik möglich ist“, beschreibt Frederik Lordick von der Innsbruck Club Commission. In einem nächsten Schritt werden die Betroffenen in einen eigenen Raum begleitet, wo gemeinsam über das weitere Vorgehen entschieden wird. „Es ist uns wichtig, ein lösungs- und bedürfnisorientiertes Hilfsangebot zu bieten. Das bedeutet, dass wir die Wünsche der Betroffenen in den Mittelpunkt stellen und ihnen Handlungsmacht zurückgeben. Je nachdem, welches weitere Vorgehen abgestimmt wird, kann es etwa sein, dass Personen aus dem Lokal entfernt werden oder wir Betroffene an die mit uns kooperierenden Einrichtungen weitervermitteln“, führt Projektleiterin Emma Egger aus.
In den Schulungen, die ab Herbst 2022 stattfinden, erhalten die BetreiberInnen und Angestellten der Lokale, die sich an der Kampagne beteiligen, einen Handlungsleitfaden zur Hand, der den angemessenen Umgang mit den diversen Situationen sicherstellen soll. Außerdem wird das Lokal-Personal über Formen, Ursachen und Auswirkungen von sexualisierter Gewalt und Substanzkonsum informiert. Bisher sind 26 Innsbrucker Nachtlokale PartnerInnen von „Luisa ist hier!“ – diese Zahl soll nun tirolweit steigen.
Sexualisierte Gewalt darf kein Tabu sein
Neben der konkreten Unterstützung von Betroffenen geht es bei der Kampagne „Luisa ist hier!“ auch um die Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit für das Thema Gewalt gegen Frauen und sexualisierte Gewalt. „Kaum ein anderes Thema ist gesellschaftlich so tabuisiert wie der Themenbereich der sexualisierten Gewalt. Außerdem gibt es in kaum einem anderen Zusammenhang so viele Mythen, wie dass frau zu unvorsichtig war, sich zu aufreizend gekleidet oder zu spät ‚Nein‘ gesagt habe. Diese führen zu einer Täter-Opfer-Umkehr und müssen demaskiert werden. Ebenso gilt es festzuhalten: Die Motivation für eine Grenzüberschreitung im sexuellen Bereich ist niemals Leidenschaft, Erotik oder gar Liebe. Es geht immer um Machtausübung. Sexuelle Übergriffe passieren in Situationen des alltäglichen Lebens, vor allem immer dann, wenn es unterschiedliche Machtpositionen gibt“, erläutert Katharina Hölbing, psychosoziale Beraterin und Prozessbegleiterin bei „Frauen gegen verGEWALTigung“.
„Für Gewalt darf in unserer Gesellschaft kein Platz sein. Ich bin überzeugt, dass wir alle gefordert sind, wenn es darum geht, gegen jede Art von Gewalt vorzugehen und vor dieser zu schützen: Wir müssen miteinander füreinander da sein. Dazu gehört es auch, als Zeugin oder Zeuge von Gewalt gegen Frauen hinzuschauen und zu handeln“, sagt LRin Fischer.