- Personalstruktur, Entlastungen und Pflegeausbildung als zentrale Themen
- Pflegegipfel bietet Plattform zur gemeinsamen Ausarbeitung von Maßnahmen
Heute, Freitag, folgten zahlreiche VertreterInnen aus dem Pflegebereich der Einladung von Gesundheits- und Pflegelandesrätin Cornelia Hagele zum ersten Pflegegipfel des Landes ins Landhaus. Im Zentrum des Pflegegipfels stand die aktuelle Personalsituation: Derzeit arbeiten insgesamt rund 11.700 Personen in der stationären Pflege in den Tiroler Fondskrankenanstalten sowie den Alten- und Pflegeheimen und in der mobilen Pflege in Tirol. Im Bereich der Langzeit- und der mobilen Pflege werden in den kommenden zehn bis 15 Jahren 39 Prozent der Pflegekräfte aufgrund des Pensionsantritts wegfallen. Weitere 26 Prozent folgen in den nächsten 20 bis 25 Jahren. Großteils betroffen von dieser Pensionswelle ist die Berufsgruppe der Pflegeassistenz. In den Tiroler Krankenanstalten ist die Zahl der in den Krankenanstalten beschäftigten Pflegekräfte in den letzten Jahren relativ stabil geblieben, wenn auch das Verhältnis der Vollzeitäquivalente im Vergleich zur Anzahl der Köpfe etwas abgenommen hat – 84 Prozent VZÄ im Jahr 2013 und 81 Prozent VZÄ im Jahr 2022. Der Pflegegipfel soll künftig halbjährlich im Landhaus stattfinden, um Entwicklungen im Bereich der Pflege gezielt voranzutreiben und die Zusammenarbeit in der Tiroler Pflegelandschaft weiter zu stärken.
„Die Pflege ist unverzichtbarer Bestandteil unseres Gesundheitssystems. Um die Versorgung der Tiroler Bevölkerung zu gewährleisten, müssen wir gemeinsam an Lösungen arbeiten, um die Pflegeberufe zu entlasten, Kompetenzen in der Pflege zu erweitern und somit den Beruf für angehende Pflegekräfte zu attraktivieren“, betont LRin Hagele im Rahmen des Pflegegipfels. „Um die Qualität der Pflege und die Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nachhaltig stärken zu können, müssen wir vor allem die Expertise der gesamten Tiroler Pflegelandschaft nutzen. Der Pflegegipfel soll genau diese Plattform bieten, um die aktuellen Herausforderungen in der Pflege zu evaluieren, Verbesserungspotentiale zu definieren und gemeinsam zielgerichtete Strategien zu erarbeiten. Nur gemeinsam kann es gelingen, innovative und nachhaltige Lösungen für die Zukunft der Pflege zu etablieren.“
Pflegeberuf nachhaltig attraktivieren
„Die Pflegeberufe sind anspruchsvoll und erfordern Engagement, Empathie und vor allem Fachkompetenzen. Deshalb gilt es, den Pflegekräften künftig auch genau diese Kompetenzen zuzusprechen und somit den Beruf für angehende Pflegekräfte zu attraktivieren“, so Birgit Seidl, Zentralbetriebsratsvorsitzende der Tirol Kliniken. Mit der Novellierung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes wurden bereits Maßnahmen wie beispielsweise die Erst- und Weiterverordnung von Medizinprodukten sowie die Anrechnung von im Ausland erworbenen Pflegeausbildungen umgesetzt. Damit können diplomierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen künftig Medizinprodukte wie Inkontinenzbedarf selbstständig verordnen. Zudem wurde der Zugang zu weiterführenden Qualifikationen im Gesundheits- und Pflegebereich verbessert.
„Gleichzeitig bedarf es einer umfassenden Evaluierung der derzeitigen Gehälter in der Pflege, um die dazugekommen Kompetenzen durch die GuKG-Novellen entsprechend abbilden zu können. Auch der Vergleich der Gehälter mit den anderen Bundesländern spielt eine große Rolle für die Weiterentwicklung des Gehaltssystems“, betont Gerhard Seier, Landesvorstandsvorsitzender Tirol Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD). Eine Evaluierung des Gehaltssystems im intra- und extramuralen Bereich wurde im Rahmen des Pflegegipfels umfassend diskutiert. Der Austausch mit jenen, die vor Ort in den Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen arbeiten und über eine hohe Expertise verfügen, ist LRin Hagele beim Thema Entlohnung besonders wichtig: „Basierend auf den Erkenntnissen aus dem heutigen Gipfel wird eine umfassende Evaluierung des Gehaltssystems angedacht, um hinzugekommene Kompetenzen in der Pflege fair abzubilden.“
Entlastungen für die Pflege schaffen
„Neben der Erweiterung von Kompetenzen, bedarf es jedoch auch weiterer Maßnahmen rund um Dienstplansicherheit sowie flexible Kinderbetreuungsangebote, um die Pflegekräfte aktuell zu entlasten und damit den Pflegeberuf nachhaltig zu stärken. Auch im Bereich der Führungsebenen in den Stationen bedarf es Verbesserungen, um das Führungspotential voll auszuschöpfen und auf die Bedürfnisse der Pflegekräfte verstärkt eingehen zu können“, streicht Alexandra Lambauer, Pflegedirektorin am Bezirkskrankenhaus Kufstein hervor. Dem stimmt auch Georg Berger, Obmann der ARGE Tiroler Altenheime zu: „Wir müssen uns verstärkt darauf konzentrieren wieder mehr Leichtigkeit in den Berufsalltag der Pflege zu bringen. Dazu müssen vor allem administrative Aufgaben erleichtert und beispielsweise die Pflegedokumentation künftig vereinfacht werden. Am wichtigsten bei allen Überlegungen ist jedoch, die Pflegekräfte von der Basis als Expertinnen und Experten zur Problemlösung verstärkt einzubeziehen.“ Aktuell wird an Maßnahmen insbesondere in der Dokumentationsvereinfachung und einer attraktiven Dienstplangestaltung vonseiten der Abteilung Pflege des Landes in Zusammenarbeit mit der Stabstelle Strukturentwicklung Pflege des Landesinstituts für Integrierte Versorgung Tirol (LIV) gearbeitet. Ein Stichwort dabei ist die Digitalisierung des Pflegeberufs: Weitere Überlegungen umfassen daher die ELGA-Anbindung an Alten- und Pflegeheime sowie Mobile Dienste zur Erleichterung des Austausches von Gesundheitsdaten zwischen den verschiedenen Einrichtungen sowie die Implementierung eines digitalen Tools zur Dienstplanplanung. Die Etablierung eines Erhebungs- und Reportingtools soll zudem den Einrichtungen eine Orientierungshilfe für laufende Planungen und dem Land durch aktuelle Kennzahlen eine Entscheidungsgrundlage für langfristige Maßnahmen liefern.
Flexible Ausbildungsmöglichkeiten gestalten
Das Gesundheitsberuferegister der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) zeigt die aktuelle Altersverteilung der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe in allen Settings in der Tiroler Pflegelandschaft auf: Derzeit sind rund 50 Prozent der Pflegekräfte in Tirol zwischen 25 und 45 Jahre, weitere 47 Prozent der Pflegekräfte sind zwischen 45 und 65 Jahre alt, nur knapp über ein Prozent sind unter 25 Jahre alt und ein weiterer Prozent über 60 Jahre. „Wir werden in Zukunft in allen Bereichen – sei es in den Alten- und Pflegeheimen, in den Sozialsprengeln oder in den Krankenhäusern – mit Pensionierungen rechnen müssen. Umso wichtiger ist es, die Pflegeausbildung auszubauen und durch Maßnahmen wie wohnortnahe, niederschwellige und flexible Ausbildungsmöglichkeiten attraktiver zu gestalten. Das ist ein erster Schritt, um junge Menschen für den Pflegeberuf zu gewinnen“, betont Dominik Siegele, Pflegedirektor des Bezirkskrankenhaus Zams. Weitere Strategien zur Gewinnung von Interessierten in die Pflegeausbildung werden laufend im Rahmen eines engen Austausches zwischen Land, den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen sowie den Fachhochschulen erarbeitet. Der nächste Pflegegipfel findet mit Fokus auf den Bereich der Pflegeausbildung im Jänner 2024 statt