Dies ist eine Presseaussendung des unabhängigen Tiroler Monitoringausschusses.
Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung sind in der Gesellschaft oft nicht sichtbar, sind aber dennoch mit vielen Vorurteilen konfrontiert. „Eine psychische Beeinträchtigung ist immer noch sehr negativ behaftet und es wird selten darüber geredet“, weiß Isolde Kafka, Vorsitzende des Tiroler Monitoringausschusses. Um dieses Thema aus der Tabuzone zu holen, stand bei der 11. öffentlichen Sitzung des Tiroler Monitoringausschusses das Thema „Psychosoziale Unterstützung in Tirol. Wirklichkeit und Vorgaben der Behindertenrechtskonvention“ im Zentrum der Beratungen. Nachgegangen wurde den Fragen, wie gesellschaftliche Vorurteile ausgeräumt werden können und was die Politik dazu beitragen muss. Darüber hinaus wurde darüber diskutiert, wie Menschen mit psychischer Beeinträchtigung in unserer Gesellschaft Platz finden und was sich dazu verändern muss.
Gesellschaftliche Teilhabe bei psychischen Beeinträchtigungen
„Die selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit psychischen Erkrankungen ist mir persönlich sehr wichtig und muss auch ein gesellschaftspolitisches Anliegen sein“, betont Soziallandesrätin Gabriele Fischer. Als Leitbild diene dabei die Behindertenrechtskonvention – es gehe darum, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass eine volle Teilhabe für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung möglich ist.
Eine wichtige Kontrollinstanz ist dabei die Bundes-Volksanwaltschaft, die bei der Sitzung des Monitoringausschusses durch Thomas Thöny vertreten war. Die Volksanwaltschaft überprüft die Einhaltung der Menschenrechte mit ihren Besuchskommissionen in Einrichtungen und Orten, an denen es zu Freiheitsbeschränkungen kommen kann. Die Arbeit der Kommissionen ist präventiv und orientiert sich an den Menschenrechten, Gesetzgebungen und aktuellen Standards.
Integrierte psychiatrische Versorgung
„Diese öffentliche Sitzung des Tiroler Monitoringausschusses ist ein starker Ausdruck des Engagements für Menschen mit psychischen Erkrankungen: für ihr Recht auf Gleichbehandlung und ihren Schutz vor Diskriminierung. In Tirol steht nach der bereits erfolgten Realisierung einer flächendeckenden stationären psychiatrischen Versorgung in allen Landesteilen, der Umsetzung der stationären Kinder- und Jugendpsychiatrie und der Versorgung im Bereich der medizinischen Nachsorge (medizinische Rehabilitation) die Entwicklung einer integrierten psychosozialen Versorgung im Mittelpunkt. Dabei geht es darum, für Patientinnen und Patienten eine bestmögliche Unterstützung in einer belastenden Lebenssituation zu gewährleisten. Der verstärkte Ausbau von Anlaufstellen für Menschen mit psychischen Erkrankungen ist ein weiterer Schwerpunkt der Tiroler Gesundheitspolitik“, berichtet Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg.
„Die psychiatrische Versorgung in Tirol folgte – entsprechend dem Tiroler Psychiatrieplan – dem Prinzip der Dezentralisierung. Dies war ein wichtiger Schritt, um flächendeckend und niederschwellig psychiatrische Behandlungsangebote gemeindenah vorhalten zu können“, fassen Martin Schmidt (Primar KH Lienz) und Martin Kurz (Primar KH Zams) die Entwicklung der Psychosozialen Unterstützung zusammen. Insbesondere würden die kleinen psychiatrischen Abteilungen dabei eine wesentliche Rolle spielen. „Aus der Zusammenarbeit zwischen Reha-Einrichtungen und Angehöriger von Betroffenen hat sich ein intensiver Dialog entwickelt“, berichten die beiden Primare, die darauf hinweisen, dass hinsichtlich der Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen, insbesondere der Teilhabe von psychisch Kranken und behinderten Menschen noch erhebliche Anstrengungen erforderlich sind.
Handlungsbedarf sieht auch Caroline Voithofer von der Universität Innsbruck und Mitglied des Tiroler Monitoringausschusses: „Leider ist das Unterstützungsangebot in Österreich oftmals nicht ausreichend oder bestehende Betreuungs- oder Beratungsdefizite werden nicht erkannt, weil sie zwischen den verschiedenen Zuständigkeiten im Bundesstaat oder den jeweiligen Ressortzuständigkeiten wie Gesundheit und Soziales liegen. Hier ist dringender Verbesserungsbedarf gegeben.“
Betroffene als Expert_innen am Wort
Eliah Lüthi diskutierte gesellschaftliche Bilder von „psychischer Krankheit“, die meist negativ sind und psychiatriebetroffene Personen als gefährlich und nicht-ernstzunehmend darstellen. „Das macht es schwierig, über sich und Erfahrungen mit (Sozial-)Psychiatrie zu sprechen“, weiß Lüthi. Aus diesem Grund sei es wichtig, Bilder und Unterstützungsformen zu fördern, die von Betroffenen selber bestimmt und positiv sind.
Als Betroffener und Peer-Berater berichtete Elmar Kennerth aus der Praxis: „Peer-Arbeit, also die Beratung von Betroffenen durch Betroffene ist ein Modell gelungener Inklusion in der psychosozialen Versorgung“. Kennerth stellte dem Monitoringausschuss die Möglichkeiten der Peer-Arbeit vor und gab einen Ausblick in die Zukunft.
Gerda Mattersberger berichtet als Betroffene mit den Diagnosen Sucht und Depression von ihrem langjährigen Kampf um ihre psychische Gesundheit und gegen Diskriminierungen.