- Studie analysiert Energiebedarf im transitierenden Güterverkehr durch Tirol
- Enormes Energiesparpotenzial durch Verlagerung auf die Schiene und neue Antriebssysteme
- Schiene schon jetzt doppelt so energieeffizient wie Elektro-Lkw, mehr als drei Mal effizienter als Diesel-Lkw
Emissionen verringern und den Energieverbrauch reduzieren – das sind unter anderem zwei wesentliche Ziele der Tiroler Nachhaltigkeits- und Klimastrategie. Auch für den Güterverkehr lautet die Maxime: vermeiden, verlagern, verbessern. Wie das gelingen kann, welche Verlagerungsoptionen am besten abschneiden und wie unterschiedliche Antriebsarten im Güterverkehr im Vergleich punkten, wurde in einer vom Land Tirol beauftragten Studie untersucht. Die nun vorliegenden Ergebnisse zeigen deutlich: Die Schiene schlägt die Straße um ein Vielfaches. Pro transportierter Tonne auf einem Kilometer werden bei einer Verlagerung auf die Schiene gegenüber einem Diesel-Lkw 72 Prozent weniger Energie benötigt. Nach Fertigstellung des Brenner Basistunnels (BBT) – und damit einem Schienentransport ohne Bergstrecke – sind sogar 81 Prozent Einsparung möglich.
„Beim Gütertransport geht es um zwei Faktoren: Einerseits um die Luftverschmutzung, die durch den Transport auf der Straße entsteht und andererseits um die Energie, die dafür aufgewendet werden muss“, erklärt Verkehrs- und Klimaschutzlandesrat René Zumtobel. „Die logische Annahme ist, dass der Transport auf der Schiene in beiden genannten Kategorien die beste Alternative zum Straßentransport ist – nun haben wir die Zahlen druckfrisch schwarz auf weiß und können einzelne Verlagerungsszenarien gegenüberstellen.“
Die 2022 in Auftrag gegebene Studie vergleicht den Endenergieeinsatz und die Treibhausgasemissionen des Straßen- und Schienentransitverkehrs auf der Inntal- und Brennerautobahn von Kufstein über Innsbruck bis zur Staatsgrenze am Brenner. Als Basis für die Studie wurden die Verkehrszahlen von 2019 verwendet. In verschiedenen Verlagerungsszenarien wurde der Status quo mit Diesel-Lkw und der bestehenden Bahnstrecke mit einem Höhenunterschied von 800 Metern auf den Brenner alternativen Antriebsarten sowie der künftigen Flachstrecke durch den Brenner Basistunnel gegenübergestellt. Die betrachteten Antriebsarten sind neben dieselbetriebenen Lkw auch gas- sowie batterie-elektrisch betriebene Fahrzeuge und Wasserstoff-Lkw. Ebenso berücksichtigt wurde der theoretische Einsatz von Lkw mit Strom-Oberleitungen.
Einsparungspotenzial bereits auf Bestandsstrecke – Brenner Basistunnel bringt weitere Verbesserung
Bei Betrachtung des Endenergiebedarfs zum Transport der Güter zeigt sich, dass mit der bestehenden Schieneninfrastruktur ein enormes Einsparungspotenzial besteht. Werden auf der Straße mit Diesel-Lkw 0,19 Kilowattstunden für den Transport einer Tonne Waren pro Kilometer benötigt, sind es auf der bestehenden Schienenstrecke nur rund 0,05 Kilowattstunden.
Vergleicht man das Einsparungspotenzial der unterschiedlichen möglichen Lkw-Antriebsarten, die die Dieselmotoren auf der Straße ersetzen können, so schneiden batteriebasierte Systeme oder der Einsatz von Oberleitungs-Lkw am besten und gasbetriebene Verbrenner am schlechtesten ab. Würde man alle Güter auf der Straße mit E-Lkw transportieren, könnten immerhin 35 Prozent des Endenergiebedarfs eingespart werden, wobei die Schiene selbst im Vergleich zu E-Lkw ein mehr als doppelt so hohes Einsparungspotenzial hat.
„Bis zum Jahr 2050 will Tirol energieautonom werden. Den Energiebedarf für Mobilität wollen wir Schritt für Schritt um zwei Drittel reduzieren. Die Umstellung auf Elektromobilität und die Verlagerung des Gütertransports auf die die Schiene sind dabei wesentliche Faktoren“, so Energielandesrat LHStv Josef Geisler.
Weniger Schadstoffe durch neue Antriebsarten und Verlagerung
Ebenso Gegenstand der Studie war die Reduktion von Treibhausgasen. Hier schneidet erneut der E-Lkw im Vergleich zum Diesel-Lkw am besten ab. Inklusive der entstehenden Emissionen bei der Herstellung der Energie bzw. des Treibstoffs werden beim elektrischen Antrieb mehr als 50 Prozent weniger CO2-Emissionen verursacht als beim Diesel-Lkw. Flüssiggas würde laut Studie hingegen ebenso wie komprimiertes Erdgas keine wesentlichen Verbesserungen bringen.
Eine deutlich höhere CO2-Reduktion kann jedoch mit einer Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene erreicht werden. Insbesondere dann, wenn wie im Studienszenario der 100 Prozent klimaneutrale Strom der ÖBB genutzt wird.
Verlagerung ist das Gebot der Stunde
Das optimale Szenario hinsichtlich des Endenergiebedarfs und der Treibhausgasemissionen ergibt sich, wenn Lkw-Transitfahrten weitestgehend auf die Schiene verlagert und dazu künftig die Flachstrecke durch den Brenner Basistunnel genutzt sowie alle verbliebenen Fahrten mit E-Lkw abgewickelt würden.
„Würden zehn Prozent der Diesel-Lkw auf die bestehende Brennerbahn verlagert werden, könnte so viel Energie gespart werden, wie rund 11.000 Haushalte in Tirol in einem Jahr verbrauchen. Durch den Wegfall der Steigung erhöht sich diese Einsparung mit dem Brenner Basistunnel auf fast 12.500 Haushalte“, sieht LHStv Geisler großes Einsparungs- und Effizienzpotenzial.
„Eine massive Verlagerung der Güter von der Straße auf die Schiene muss daher weiterhin unser Ziel sein. Die nun vorliegenden Daten untermauern einmal mehr, dass jeder auf der Schiene gefahrene Kilometer wertvolle Energie spart, gleichzeitig die Bevölkerung in Tirol entlastet und damit auch unser Klima schützt“, ist LR Zumtobel überzeugt.
Die Studienergebnisse wurden Anfang dieser Woche auch im Rahmen der Aktionsgruppe 4 Mobilität der EU Alpenraumstrategie EUSALP vorgestellt. „Das Thema Energiewende im Verkehrssektor ist für den gesamten Alpenraum von Bedeutung und unsere Studie kann als Grundlage für weitere Projekte dienen. Es ist davon auszugehen, dass entlang des gesamten Brenner-Korridors, also auch in Bayern und Südtirol, ähnliche Einsparungspotenziale bestehen. Zudem wird aufgezeigt, dass flachere Abschnitte auf Bahnstrecken weitere wesentliche Verbesserung bringen. Das ist ein weiterer Beweis dafür, wie wichtig und effizient der Schienenausbau ist und mit Blick auf die Zulaufstrecken in Bayern zeigt sich, dass diese ehestmöglich realisiert werden müssen, um das volle Potenzial des Brennerbasistunnels nutzen zu können“, so Zumtobel abschließend.
Die gesamte Studie steht als Download zur Verfügung.