Virtuelle Expedition in die Eiszeit

Gletschermumie wird mittels Virtual Reality neu entdeckt

  • Land Tirol fördert wissenschaftliches, interdisziplinäres Projekt mit über 60.000 Euro
  • Mixed und Virtual Reality machen Konservierungsverfahren und Probeentnahme der Gletschermumie interaktiv erlebbar
  • Kooperation mit der ETH Zürich und Tiroler Forschungseinrichtungen ermöglicht modernste Gletschermumienforschung

Wissenschaft und Forschung erlebbar machen, das steht bei diesem Forschungsprojekt der Universität Innsbruck mitunter im Vordergrund. Das Projekt nutzt Extended Reality (XR) – eine Technologie, die interaktive Erfahrungen in computergenerierten Umgebungen schafft – um eine interaktive Expedition zur Fundstelle einer Gletschermumie zu realisieren. Dabei handelt es sich um die sogenannte Vogelart Ardea purpura, ein vor rund 350 Jahren im Gurgler Ferner in den Tiroler Alpen konservierter Purpurreiher. Auf Antrag von Wissenschaftslandesrätin Cornelia Hagele werden für das Projekt der Universität Innsbruck bis 2025 insgesamt rund 60.000 Euro zur Verfügung gestellt.

„Extended Reality gewinnt in der Wissenschaft zunehmend an Bedeutung und bietet innovative Möglichkeiten zur Visualisierung und Analyse historischer Funde. Besonders im orthopädisch-traumatologischen Bereich eröffnen sich dadurch neue Wege für die Diagnose, präoperative Planung, wissenschaftliche Forschung und Lehre. Dieses Projekt trägt damit in verschiedenster Hinsicht zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen bei und stärkt den Wissenschaftsstandort Tirol“, betont LRin Hagele.

Gletschermumien im Fokus: Eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft

Durch den fortschreitenden Klimawandel, der das Abschmelzen von Gletschern beschleunigt, kommen immer mehr außergewöhnliche Funde ans Tageslicht. Unter diesen Funden sind Tiermumien, die seit Jahrhunderten, oft sogar seit Jahrtausenden, tief im Eis konserviert wurden. Vor allem für die Archäologie und Biologie sind solche Funde von unschätzbarem Wert: Sie bieten nicht nur die Chance, das Leben und die Umwelt vergangener Epochen zu erforschen, sondern auch als Brücke zu modernen Forschungsmethoden. Die Untersuchung solcher Mumien bietet eine einzigartige Gelegenheit, analytische und bildgebende Verfahren zu testen, die auch bei menschlichen Gletschermumien angewendet werden können.

Virtuelle Expedition: Geschichte trifft auf Technologie

Mithilfe modernster bildgebender Verfahren wurde die Mumie des Ardea purpura eingehend untersucht. Die geplante virtuelle Expedition wird auf Basis von Mixed Reality (MR) und Virtual Reality (VR) Technologien durchgeführt. VR ermöglicht es den Benutzern, vollständig in eine computerbasierte Welt einzutauchen, während MR die analoge und digitale Welt kombiniert. Mit diesem Mix soll nun eine virtuelle Expedition zur Fundstelle der Gletschermumie gestaltet werden. Dabei wird die Mumie des Vogels interaktiv und dreidimensional rekonstruiert, was es den NutzerInnen ermöglicht, sie aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und virtuelle Konservierungsverfahren und Probeentnahmen selbst zu erleben. Diese interaktive Lernumgebung richtet sich sowohl an Studierende als auch an ForscherInnen in den Bereichen Archäologie, Biologie und Medizin.

Kooperation über Grenzen hinweg: Tiroler und internationale Expertise

Das Projekt wird federführend von Johannes D. Pallua geleitet, einem Experten für medizinische Bildgebung und molekulare Diagnostik. Pallua, der an der Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie der Medizinischen Universität Innsbruck tätig ist, hat sich bereits durch seine herausragende Arbeit bei der Analyse und Rekonstruktion der Gletschermumie des Purpurreihers einen Namen gemacht. „Diese Gletschermumie bietet eine einmalige Gelegenheit, verschiedene bildgebende Verfahren zur Analyse und Konservierung zu bewerten und weiterzuentwickeln. Die Integration dieser Verfahren in eine virtuelle Umgebung eröffnet dabei völlig neue Möglichkeiten für Forschung und Lehre“, erklärt Pallua.

Ausgehend vom Institut für Analytische Chemie und Radiochemie der Universität Innsbruck (LFU) in enger Kooperation mit der Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie, dem Institut für Pathologie, Neuropathologie und Molekularpathologie, dem Institut für Gerichtliche Medizin, Institut für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie und Universitätsklinik für Radiologie an der Medizinischen Universität Innsbruck (MUI) sowie dem Arbeitsbereich für Materialtechnologie der LFU und dem Ion Beam Physics Laboratory der ETH Zürich wird dieses wissenschaftliche Vorhaben durchgeführt. Diese interdisziplinäre und internationale Zusammenarbeit ermöglicht den Zugang zu hochspezialisierten Technologien und Fachwissen, welche für die Erforschung von Gletschermumien von entscheidender Bedeutung sind. Mit diesem innovativen Projekt wird das Potential der Extended-Reality-Technologie in der Gletschermumienforschung weiterentwickelt.