16 Tage gegen Gewalt an Frauen: Schutzräume schaffen, Bewusstsein stärken

Weltweite Kampagne findet jedes Jahr vom 25. November bis zum 10. Dezember statt

  • Ausbau von Schutzunterkünften im Fokus: Sechs neue Übergangswohnungen in Tirol
  • Von oranger Beleuchtung bis zu lila Rosen: tirolweit Vielzahl an Aktionen im Rahmen der „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“
  • Sensibilisierung zentral: Gleichberechtigung als Mittel der Gewaltprävention

Heute, Montag, beginnt erneut die weltweite Aktion „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“. Sie setzt jedes Jahr vom 25. November bis zum 10. Dezember ein Zeichen gegen Gewalt und für den Schutz und die Rechte von Frauen und Mädchen. Zum Auftakt des Aktionszeitraums fand ein Medientermin an der BH Lienz mit Frauenlandesrätin Eva Pawlata, Bezirkshauptfrau-Stellvertreterin Mira Unterkreuter, Brigitte Schieder vom Leitungsteam des Frauenzentrums Osttirol und Susanne Scheran, Präsidentin des Soroptimist International Club Lienz/Osttirol, statt. Dabei ging es um aktuelle Herausforderungen im Gewaltschutz, wie Cyber-Gewalt, sowie notwendige Maßnahmen, wozu seitens des Landes insbesondere der Ausbau von Schutzräumen zählt. So konnten dieses Jahr sechs neue Übergangswohnungen in Betrieb genommen werden. Damit gibt es tirolweit insgesamt 75 Plätze für Frauen und 110 Plätze für Kinder in Frauenhäusern und Übergangswohnungen.

Besonders wichtig im Zusammenhang mit Gewalt sei die Enttabuisierung und Bewusstseinsbildung, sind sich die Expertinnen einig. „Gewalt an Frauen ist ein gesellschaftliches Problem. Die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern führt dabei nicht nur zu physischer Gewalt, sondern schafft ein System, in dem Frauen den Großteil der Care-Arbeit stemmen und trotzdem weitaus häufiger von Armut und persönlicher Abhängigkeit betroffen sind als Männer. Nur wenn wir gemeinsam und immer wieder auf diesen Missstand aufmerksam machen, kann die Gleichberechtigung in der Gesellschaft gelingen“, betont LRin Pawlata.

Schutzräume erweitern und regionalisieren

Seitens des Landes werden Frauenschutz- und Frauenberatungseinrichtungen mit 2,4 Millionen Euro jährlich gefördert. Im Vorjahr wurden zwei neuen Frauenhäuser eröffnet, eines im Ober- und eines im Unterland. Durch einen österreichweiten Bundeszuschuss können bis zum Jahr 2027 außerdem sieben neue Frauenplätze mit je mindestens einem Kinderplatz in Tirol neu ausgebaut werden: Sechs davon wurden bereits umgesetzt, die siebte soll im ersten Halbjahr 2025 folgen. „Schutzunterkünfte sind ein wesentlicher Teil des Gewaltschutzes. Durch den weiteren Ausbau und die Regionalisierung wird sichergestellt, dass Frauen und ihre Kinder in akuten Gewaltsituationen rasch und bei Bedarf auch wohnortnahe Hilfe erhalten und beim Weg in ein sicheres und selbstbestimmtes Leben unterstützt werden“, führt LRin Pawlata aus.

Insgesamt gibt es 35 Frauenhaus-Plätze für Frauen und 41 für Kinder. Zusätzliche 40 Plätze für Frauen und 69 Plätze für Kinder stehen in Übergangswohnungen bzw. Frauennotwohnungen bereit.

30.000 Aufenthaltstage in Frauennotwohnung Osttirol

Das Frauenzentrum Osttirol betreibt seit 1986 eine Übergangswohnung für Frauen in akuten Gewaltsituationen sowie deren Kinder. Seit 1996 wurden dort schon über 30.000 Aufenthaltstage von 123 Frauen und 148 Kinder verzeichnet. Allein im Vorjahr gab es 835 Aufenthaltstage von sechs Frauen und vier Kindern. 

Das Frauenzentrum zählte 2023 fast 2.000 Kontakte: Über 300 Mädchen und Frauen wurden beraten, daneben fanden jeweils über 20 Workshops und Sprechstunden in Schulen statt. „Wir beraten Mädchen und Frauen und begleiten sie bei rechtlichen und sozialen Anliegen. In Gewalt- und Notsituationen können Frauen und deren Kinder für begrenzte Zeit in unserer Frauennotwohnung aufgenommen werden. Hier ist es möglich zur Ruhe zu kommen, um weitere Entscheidungen zu treffen“, erklärt Schieder.

Vermehrt taucht in den Beratungen auch das Thema digitale bzw. Cyber-Gewalt auf. Sie wird über digitale Kanäle wie soziale Medien, Messaging-Dienste oder andere Online-Plattformen ausgeübt und kann etwa in Form von Mobbing, Hassrede, Stalking oder der Verbreitung privater Daten auftreten.

Vernetzte Gewaltpräventions- und Gewaltschutzarbeit vor Ort

Besteht der Verdacht, dass eine Person von Gewalt bedroht ist, spricht die Polizei ein Betretungs- und Annäherungsverbot aus. Die Sicherheitsbehörde prüft dieses auf Rechtmäßigkeit. An der Bezirkshauptmannschaft Lienz wurden im Vorjahr insgesamt 28 Betretungs- und Annährungsverbote im Bezirk bestätigt, in diesem Jahr sind es bisher 25. Das Betretungs- und Annäherungsverbot verpflichtet den Gefährder, einen Mindestabstand zur betroffenen Person sowie zur Schutzwohnung einzuhalten und geht mit einer verpflichtenden Gewaltpräventionsberatung einher. 

„Wir stehen in regelmäßigem Austausch mit den lokalen Systempartnerinnen und -partnern, wie dem Frauenzentrum, dem Gewaltschutzzentrum und der Polizei. Diese Vernetzung ist essentiell für eine wirkungsvolle Gewaltpräventions- und Gewaltschutzarbeit“, so BH-Stvin Unterkreuter.

Sichtbare Zeichen gegen Gewalt an Frauen

„Nicht wegschauen“ ist das diesjährige Motto des Soroptimist International Club Lienz/Osttirol. In Zusammenarbeit mit UN Women Austria brachte Soroptimist International Österreich – eine gemeinnützige Organisation berufstätiger Frauen – die Aktion „Orange the World“ nach Österreich. Bei dieser werden während den „16 Tagen gegen Gewalt an Frauen“ Gebäude weltweit in Orange beleuchtet. 

„Orange ist die Farbe gegen Gewalt an Frauen und Mädchen, die aufrütteln und zu sozialem Engagement einladen soll. Wir müssen das Thema weiter intensiv sichtbar machen, um betroffenen Frauen zu helfen, sich aus Gewaltbeziehungen rechtzeitig zu lösen und ihnen durch Unterstützung in vielseitiger Form beizustehen“, sagt Präsidentin Scheran. In Lienz werden die Bezirkshauptmannschaft, das Schloss Bruck, die Evangelische Kirche und die Mariensäule in Orange erleuchtet. Auch zahlreiche weitere Institutionen in ganz Tirol beteiligen sich an der Aktion. Auf Initiative des Tiroler Landtags wird die Fassade des Landhauses 1 in Innsbruck beleuchtet.

Lila Rosen hat indes eine Gruppe von Frauen im Frauenzentrum Osttirol gehäkelt. Als Teil der Aktion #rosesagainstviolence, die vom gleichnamigen Innsbrucker Verein ins Leben gerufen wurde, werden sie mittlerweile weltweit an öffentlichen Orten als Zeichen gegen Gewalt aufhängt.

Eine Übersicht über das Hilfs- und Unterstützungsangebot für Personen, die von Gewalt betroffen sind, findet sich unter www.gewaltfrei-tirol.at. Dort wird auch erklärt, wie man sich als Zeugin oder Zeuge von Gewalt bzw. bei der Vermutung, dass eine Person von Gewalt betroffen sein könnte, verhalten sollte.