LH Mattle in Hamburg: „Slot-System funktioniert in der Praxis“

Tirol will Beweis antreten, dass intelligentes Verkehrsmanagementsystem Entlastung bringt.

Nach einer politischen Reise nach Brüssel, folgte eine technische nach Hamburg: Tirols Landeshauptmann Anton Mattle hat sich in der Hansestadt selbst ein Bild von einem funktionierenden Slot-System gemacht. „Der Hafen in Hamburg fertigt etwa gleich viele LKW ab wie über den Brenner fahren. Mit einem Slot-System verhindert der Hamburger Hafen aber Staus und Wartezeiten. Davon profitieren die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt, die Frächter mit ihren LKW-Fahrern und der Hafen selbst. Nach meinem Lokalaugenschein bin ich überzeugt: Ein System mit buchbaren Zeitfenster für LKW kann auch am Brennerkorridor funktionieren und eine Entlastung in Form von weniger Staus bringen“, erklärt LH Mattle seine Beweggründe für die Reise. Für ihn ist der Besuch im Norden Deutschlands „ein Zeichen an Berlin und Rom sowie die Europäische Kommission, dass es uns mit dem Slot-System ernst ist.“ In weiterer Folge wird der Landeshauptmann Europarechtsexperten, den Autobahnbetreiber ASFINAG und VerkehrsexpertInnen sowie MobilitätsplanerInnen des Landes zusammenholen. „Hamburg, aber auch die funktionierenden Slot-Systeme in Bremerhaven und am Frachtflughafen Frankfurt dienen uns als Vorbild“, wird LH Mattle dort von seinen Erfahrungen berichten und nächste Schritte anordnen.

So funktioniert das Slot-System in Hamburg

Hamburger Hafen

Der Hafen in Hamburg ist der größte Seehafen in Deutschland und der drittgrößte in Europa. Für das Jahr 2023 weist er einen Seegüterumschlag von 114,3 Millionen Tonnen auf, insgesamt wurden dort 7,7 Millionen Container umgeschlagen. Im vergangenen Jahr haben in Hamburg fast 7.000 Schiffe angelegt, rund die Hälfte davon sind Containerschiffe. Rund 50 Prozent der Container werden mit der Bahn weitertransportiert, der Modal Split bei LKW beträgt 47,69 Prozent.

Einführung Slot-System

Die ankommenden Schiffe sind in den letzten Jahren immer größer geworden und haben mehr Container geliefert. LKW-Fahrer steuerten alle zugleich auf den Hafen zu und wollten bei Ankunft eines Schiffes ihre Ware schnellstmöglich abliefern oder abholen. LKW kamen unkoordiniert an den Hafenterminals an, was zu Engpässen, Staus und Wartezeiten führte. Insbesondere die langen Verzögerungen zu Stoßzeiten führten zu Belastungen und erhöhten Kosten. Deshalb wurde von den Terminalbetreibern 2017 ein verpflichtendes Slot-System eingeführt. Nach einer kurzen Pilotphase war es für LKW nur mehr möglich in das Hafengelände zu gelangen, wenn diese zuvor einen Slot gebucht haben. Nach dem Vorbild Hamburg wurde letztes Jahr in Bremerhaven ein solches System eingeführt, auch am Frachtflughafen Frankfurt kommt ein solches System zur Anwendung.

Mehr Informationen: www.hhla.de/kunden/trucker-info/slotbuchung

Slots buchen

Slots werden maximal drei Werktage im Voraus gebucht. Die Buchung ist kostenlos und erfolgt bei großen Speditionen über Schnittstellen in den jeweiligen Transportmanagementsystemen oder bei selbstständigen LKW-Fahrern via App. Gebucht werden kann ein Slot zu jeder vollen Stunde. (z.B.: 08.00 – 09.00 Uhr; 09.00 – 10.00 Uhr)

Kapazitäten

Nicht zu jeder Stunde können gleich viele LKW in den Hafen einfahren. Die Terminals berücksichtigen die vorhandenen Kapazitäten (z.B. verfügbare MitarbeiterInnen zur Abwicklung) oder aktuelle Entwicklungen (z.B. Wettersituation). Die Nachfrage wiederum hängt stark vom Wochentag (z.B. nach Wochenenden stärker), der Tageszeit (z.B. nach 17.00 Uhr schwächer) oder den Rahmenbedingungen (z.B. Öffnungszeiten am Zielort) ab. Ist die maximale Anzahl an LKW erreicht, kann kein Slot mehr gebucht werden, storniert ein LKW, wird wieder ein Slot frei. Die Auslastung der Terminals ist transparent und für alle zugänglich: www.slot.truckgate.de

Slots verwenden

Einem LKW steht grundsätzlich ein einstündiger Slot mit einer Toleranz von +/- 30 Minuten zu. Ein LKW, der um 08.00 Uhr eingebucht ist, muss also zwingend von 07.30 bis 09.30 Uhr den Hafen erreichen. Jede Minute früher oder später wird der LKW zurückgewiesen und kann das Hafengelände nicht (mehr) befahren.

In vorhersehbaren Phasen, in denen nur wenige LKW den Hafen ansteuern, wird die Toleranz auf weitere +/- 60 Minuten erhöht. So hat ein LKW an auslastungsschwachen Zeiten insgesamt vier Stunden Zeit, um den Hafen zu erreichen.

Vorteile

Mit dem Slot-System entsteht kein Rückstau in die Stadt Hamburg mehr. Die LKW haben keine unnötigen Wartezeiten mehr, was für die Frächter bessere Planbarkeit bedeutet. Der Hafen profitiert von einer verlässlichen Abwicklung und verhindert ein Verkehrschaos. Das Slot-System spart Zeit und damit Geld. Die verbesserte Koordination der LKW-Ankünfte, die zu einem reibungsloseren Ablauf und kürzeren Wartezeiten führt, die Vermeidung von Staus vor den Terminals und die effizientere Ressourcennutzung durch die optimale Abfertigung haben die Stadt Hamburg, den Hafen, aber auch die LKW-Fahrer entlastet. Das Slotmanagementsystem hilft, Verkehrsüberlastungen in und um den Hafen zu reduzieren, was die Verkehrssicherheit erhöht und die Umweltauswirkungen verringert.

Technische Lösung

Hinter dem Slot-System steckt eine Software der Firma Dakosy. Als eines der führenden Softwarehäuser in Deutschland bietet das Unternehmen cloudbasierte Lösungen für die Zollabwicklung, die internationale Spedition und das Supply Chain Management an. Dakosy betreibt die Cargo Community Plattformen unter anderem für den Hamburger Hafen und für den Flughafen Frankfurt/Main. Die Daten des Slot-Systems werden in Deutschland sicher gespeichert. An einer Umstellung der aktuell notwendigen Truckerkarte, die am Hafen gebraucht wird, auf eine App-Lösung wird aktuell gearbeitet.

Sanktionen

Eine Einfahrt außerhalb des gebuchten Slots ist nicht möglich. Ein Nichterscheinen bei einem gebuchten Slot wird von den Terminals als „No-Show“ gewertet und bei Bedarf durch geeignete Maßnahmen geahndet (z.B. eingeschränkte Buchungsmöglichkeit für die nächsten Slots).

Einblicke in Stadtpolitik, Hafen-Logistik und IT-Dienstleister

Bei Verkehrssenator Anjes Tjarks hat sich LH Mattle ein Bild von der Verkehrssituation in der Hansestadt gemacht. Im Rahmen einer Besichtigung des Hamburger Hafens bekam der Landeshauptmann Einblicke in das komplexe Logistiksystem und die praktische Anwendung von LKW-Zeitslots. Die Firma Dakosy steckt als IT-Dienstleister hinter der digitalen Lösung und hat die umfangreichen technischen Möglichkeiten eines Slotsystems aufgezeigt. „In der Transitfrage brauchen wir Lösungen, keine Klagen. In Europa gibt es die entsprechenden Erfahrungen und technischen Lösungen. Wieso nicht auf diese zurückgreifen und den Stau am Brenner bestmöglich vermeiden?“, fragt LH Mattle Richtung Berlin, Rom und Brüssel.