- Im Fokus steht die Integration in die Arbeitswelt für Menschen mit Behinderungen
- Klare Tagesstruktur gibt in allen Einrichtungen großen Halt
Im Rahmen einer Bezirkstour unter dem Motto „Hingehen, wo die Menschen sind“ besucht Soziallandesrätin Gabriele Fischer verschiedene Einrichtungen und Vereine im Sozialbereich, um sich vor Ort ein Bild von ihrer Arbeit zu machen: „Das persönliche Gespräch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den betreuten Menschen ist mir – gerade nach den Corona-bedingten Herausforderungen der letzten eineinhalb Jahre – besonders wichtig.“ Diese Woche standen die Einrichtungen aureaNEXT in Innsbruck, der Elternverein Vianova in Reutte und die Psychosoziale Wohngemeinschaft im Heim Via Claudia in Nassereith auf dem Programm. „Alle drei Einrichtungenhaben gemeinsam, dass die Menschen im Mittelpunkt stehen und individuelle Förderung erfahren“, betont LRin Fischer. „Jeder Mensch muss nicht nur das Recht auf ein selbstbestimmtes und eigenständiges Wohnen haben, sondern auch auf Arbeit. Viele Einrichtungen in Tirol leisten wichtige Unterstützung und helfen Menschen beispielsweise bei ihrer Tagesstruktur oder um im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die besuchten Angebote leisten hier wertvolle und wichtige Arbeit. Außerdem nutze ich die vor Ort Termine, um mir ein Bild von den Bedürfnissen des Betreuungspersonals zu machen.“
Im aureaNEXT wird eine Tagesstruktur für junge Erwachsene mit Autismus geboten, die nach Abschluss der Schullaufbahn eine weitere intensive Förderung benötigen, um an der Gesellschaft teilhaben zu können. Derzeit werden acht Personen intensiv begleitet, damit sie eine größtmögliche Selbstständigkeit entwickeln. In Einzel- und Gruppenarbeit werden kognitive, sprachliche, psychische und soziale Fähigkeiten gefördert. „Es geht vor allem darum, dass unsere Klientinnen und Klienten Arbeitskompetenzen erwerben und sinnstiftende, ganzheitliche Arbeitsprozesse kennen lernen, um ihnen ein höchstes Maß an Selbstständigkeit zu ermöglichen. So lernen sie bei uns beispielsweise kochen, Reinigungstätigkeiten, Büroorganisation bis hin zum Umgang mit dem Computer“, erläutert Geschäftsführerin Gabriele Steiner das Konzept. „Aber das Schönste ist, dass wir alle als Gruppe zusammengewachsen sind und der Respekt füreinander sehr groß ist. Man merkt unseren Klientinnen und Klienten auch an, dass sie durch die Förderung selbstständiger werden und lernen, sich einzubringen.“ Die TeilnehmerInnen lernen Arbeitsschritte selbständig auszuführen, Vorgaben einzuhalten, eigene Leistungen zu würdigen und bei Bedarf Unterstützung anzunehmen und zu nützen. Die Einrichtung hilft schließlich auch bei der Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz. Das aureaNEXT wird seit 2018 vom Land Tirol gefördert.
Der Verein Vianova wurde durch Eltern von Kindern mit Behinderung im Jahr 1984 gegründet und wird seit 1992 vom Land Tirol gefördert. Der Verein unterstützt inzwischen nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch Erwachsene, ihren Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu gehen. 40 MitarbeiterInnen begleiten die rund 80 KlientInnen dabei - beispielsweise im Rahmen des Projektes „Mittendrin“. Dieses bietet Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf die Möglichkeit, am Ersten Arbeitsmarkt eine Anstellung mit Entlohnung und sozialversicherungsrechtlicher Absicherung zu finden und dieser dauerhaft nachzugehen. „Der wesentliche Unterschied zu Werkstätten und anderen Projekten ist, dass die Klientinnen und Klienten somit nicht nur Taschengeld, sondern einen Lohn bekommen und dadurch auch einen Pensionsanspruch haben. Klientinnen und Klienten üben dabei verschiedene Tätigkeiten aus – von der Reinigungskraft über die Arbeit im Pferdestall bis hin zur Hilfskraft im Verkauf“, berichtet Geschäftsführerin Angela Woldrich. Durch Beratung, Vermittlung und Jobcoaching erhalten die Menschen mit Behinderung einen passenden Arbeitsplatz oder eine Lehrstelle. „In Reutte nehmen zahlreiche Unternehmen an diesem Projekt teil, die wir auch nach Bedarf unterstützen“, so Woldrich. Neben Mittendrin bietet Vianova auch eine Familienberatungsstelle, Mobile Begleitung, Familienunterstützung und weitere Arbeitsprojekte an.
Selbstbestimmung, Normalität, Individualität und Geborgenheit sind die Prinzipien der 2003 gegründeten Psychosozialen Wohngemeinschaft Via Claudia in Nassereith. Die Grundsätze des Ordens der Barmherzigen Schwestern und das ihnen zugrundeliegende Menschenbild sind in ein modernes pädagogisches Konzept, das ganz auf die individuellen Bedürfnisse der BewohnerInnen ausgerichtet ist, mit eingeflochten. Derzeit leben hier 14 Menschen mit psychischer Erkrankung und/oder einer Behinderung. Die WG unterteilt sich in zwei autonome Schwerpunktgruppen: Alltagsbewältigung und Selbstbestimmt Wohnen. Ein multiprofessionelles Team betreut, leitet an und unterstützt die BewohnerInnen rund um die Uhr mit dem Ziel, der Wiedereingliederung in das gesellschaftliche Leben – sofern das überhaupt möglich ist.
„Die Wohngemeinschaft ist das Zuhause dieser Menschen und so möchten wir es auch gestalten. Hier unterstützt eine geregelte und verpflichtende Tagesstruktur dabei, den Alltag zu bewältigen, Kompetenzen zu entwickeln und zu stärken“, informieren Heimleiterin Simone Heinig und die stellvertretende Einrichtungsleiterin Brigitte Krismer. Die abwechslungsreichen Tagestherapien können die BewohnerInnen selbstbestimmt wählen und finden in der hausinternen Holzwerkstatt, Kreativwerkstatt, Garten- und Außenanlage, Küche und Wäscherei statt. Zudem konnten in Zusammenarbeit mit der Gemeinde und dem Tourismusverband Wegpatenschaften übernommen werden. Neben betreutem Wohnen und Tagesstruktur bietet die Psychosoziale Wohngemeinschaft auch mobile Begleitung an.