- Anteil erneuerbarer Energieerzeugung in Tirol bei über 50 Prozent
- Aktualisierung der Energieziele Tirol 2050 liegt vor
- Notwendigkeit von Speichern
- Weiterentwicklung von Technologien und neue Rahmenbedingungen erfordern ständige Anpassungen
An 184 von 365 Tagen im Jahr kann sich Tirol derzeit rechnerisch mit heimischer, erneuerbarer Energie aus Wasser, Sonne und Holz versorgen. Im vergangenen Jahr waren es noch elf Tage weniger. 50,3 Prozent beträgt der Anteil der erneuerbaren Energieträger gemäß EU-Richtlinie in Tirol. Somit fällt der Energiewendetag in Tirol heuer auf den 3. Juli. Österreichweit fand dieser Tag am 3. Mai statt.
„Die Hälfte des Weges in eine erneuerbare Energiezukunft ist geschafft. Bis zum Jahr 2050 wollen wir aber 100 Prozent der in Tirol benötigten Energie aus heimischen, erneuerbaren Ressourcen erzeugen und uns so unabhängig von Öl und Gas machen. Dazu bedarf es noch einiger Anstrengungen“, bekräftigt Energiereferent LHStv Josef Geisler. Wie der Weg in die Energieautonomie aus heutiger Sicht aussieht, zeigt das aktualisierte Energie-Zielszenario Tirol 2050.
In den vergangenen drei Jahren haben sich die Rahmenbedingungen am Energiesektor massiv verändert. „Corona, der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, aber auch der technologische Fortschritt haben deshalb eine Neubewertung des Pfads in die Energieunabhängigkeit notwendig gemacht“, führt LHStv Geisler aus. Deshalb hat ein Konsortium unter der Leitung der Energieagentur Tirol das erste Zielszenario zur Erreichung der Energieautonomie aus dem Jahr 2021 komplett überarbeitet. Das Wichtigste zuerst: Die Energieautonomie ist weiterhin machbar. Sie erfordert aber nach wie vor große Anstrengungen. Zwei Drittel des notwendigen Strombedarfs in einem energieautonomen Tirol im Jahr 2050 kommen aus Wasserkraft, rund ein Drittel aus Photovoltaik. In der Wärmversorgung spielen neben den strombetriebenen Wärmepumpen Biomasse und Fernwärme die Hauptrollen.
Speicher für Sonnen- und Windenergie notwendig
„Berücksichtigt wurde in der aktuellen Studie erstmals auch der Mehrbedarf an Energie für den Betrieb von Batteriespeichern, Pumpspeicherkraftwerken und Power-to-Gas-Anlagen. Diese sind notwendig, um die schwankende Energieerzeugung aus Erneuerbaren möglichst vollständig nutzen zu können. Kommen soll diese zusätzlich notwendige Energie vor allem aus Photovoltaik. Dort hat sich aufgrund des technologischen Fortschritts der Wirkungsgrad heute und zukünftig errichteter Anlagen erheblich verbessert. Der Flächenbedarf für PV erhöht sich somit nicht“, erklärt Rupert Ebenbichler, Geschäftsführer der Energieagentur Tirol, die die Studie gemeinsam mit der Universität Innsbruck und dem Management Center Innsbruck verfasst hat.
Weniger Einsparung bei Gebäuden
Anpassungen gibt es auch, was das Einsparungspotenzial anlangt. Ging man in der Vorstudie 2021 noch von einem Einsparungspotenzial von 37 Prozent aus, hat man diesen Wert nunmehr auf rund 30 Prozent korrigiert. Ein wesentlicher Grund dafür sind die Ergebnisse der Auswertungen von Energieausweisen. Diese haben gezeigt, dass die angenommenen Sanierungstiefen trotz massiver Unterstützung der öffentlichen Hand nicht erreicht werden können. Nunmehr geht man im Sektor Gebäude bei leicht steigendem Wohnraum von einem Einsparungspotenzial von 18 Prozent bis zum Jahr 2050 aus.
Trend zu Elektrifizierung des Schwerverkehrs
Annähernd gleich bleibt das Einsparungspotenzial von fast zwei Drittel in der Mobilität. Eine deutliche Verschiebung gibt es allerdings bei den eingesetzten Energieträgern. Hat man noch vor wenigen Jahren angenommen, dass die Fahrleistung des Schwerverkehrs 2050 zu 70 Prozent auf Wasserstoff basieren wird, geht man in der aktualisierten Studie nur mehr von 30 Prozent aus. „In der Elektromobilität hat sich innerhalb weniger Jahren extrem viel getan“, so Ebenbichler. Weiterhin eine wichtige Rolle wird Wasserstoff in der Industrie haben, wo hohe Temperaturen gebraucht werden. Aufgrund der erheblichen Effizienzsteigerungen der vergangenen Jahre wird für den Sektor Produktion ein Einsparungspotenzial von sechs Prozent angenommen.
Zielwert für PV-Ausbau erhöht, Flächenbedarf unverändert
Die teils geringeren Einsparungspotenziale und die notwendige Speicherung machen einen verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energieträger notwendig. Die Energieproduktion aus erneuerbaren Ressourcen muss im Vergleich zu heute bis 2050 um rund 81 Prozent gesteigert werden. Während das Gesamtausbauziel in der Wasserkraft gleich bleibt, erhöht sich der Zielwert des Photovoltaikausbaus um 16 Prozent gegenüber der Vorgängerstudie. Auf Basis der im Vorjahr präsentierten Windpotenzialstudie wurde auch der Zielwert der Windkraft neu bewertet. Dieser liegt um mehr als das 60 Prozent höher. Zusätzliche Steigerungen soll es auch bei Biogas, Biomasse und Umweltwärme geben. Erstmals berücksichtigt wurde die energetisches Inwertsetzung des Abfalls.
Energiesystem im Fluss
„Die vorliegende Studie zur Erreichung der Energieautonomie zeigt uns, wo die Reise hingeht. Das gesamte Energiesystem ist im Fluss, die Technologie entwickelt sich weiter. Deshalb werden wir in regelmäßigen Abständen Aktualisierungen vornehmen. Nichts ändern wird sich an den grundsätzlichen Zielen. Diese lauten: Energie sparen, Energieeffizienz steigern, aus Öl, Gas und Kohle aussteigen und alle verfügbaren heimischen Energieträger bestmöglich nutzen“, fasst LHStv Josef Geisler zusammen.
Weitere Informationen finden sich dazu unter www.tirol.gv.at/energiestrategie.