Die EU-Kommission hat am heutigen Dienstag mit einer Stellungnahme auf die italienische Klagsaufforderung reagiert. Darin hat sie eine Rückkehr zu konstruktiven Gesprächen gefordert, nachdem Italien im vergangenen Jahr die Verhandlungen verlassen hatte. Österreich wird seine Bereitschaft zu Gesprächen auf Basis dieser Reaktion nochmals betonen. Die Europäische Kommission wird selbst kein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einleiten, Italien hat nun die Möglichkeit eigenständig eine Klage beim EuGH einzubringen. Eine Abkehr von den Tiroler Notmaßnahmen kommt aber weder für die Österreichische Bundesregierung noch für die Tiroler Landesregierung in Frage.
Die Republik Österreich und das Land Tirol haben im Verfahren umfangreich die Rechtskonformität und Verhältnismäßigkeit der Tiroler Notmaßnahmen dargelegt. Diese schützen nicht nur das Leben und die Gesundheit der Menschen in der gesamten Region Tirol, sondern sind auch eine europarechtliche Verpflichtung. Denn Österreich muss Maßnahmen setzen, um die EU-Luftqualitätsrichtlinie zu erfüllen – zumal eine weitere Absenkung der Grenzwerte in Kürze auf EU-Ebene beschlossen werden soll.
Die in der Stellungnahme der Kommission geäußerte Kritik an den Notmaßnahmen weisen Klimaschutzministerin Leonore Gewessler und Landeshauptmann Anton Mattle hingegen deutlich zurück: „Die Tiroler Notmaßnahmen sind rechtskonform und richtig. Denn die Gesundheit und das Leben der Menschen sind für uns nicht verhandelbar. Wir stehen gemeinsam an der Seite der Tiroler Bevölkerung und werden alles tun, um sie konsequent zu schützen.“
„Unsere Argumente sind gut. Die Tiroler Notmaßnahmen haben eine ordentliche rechtliche Basis. Ich bin überzeugt – am Ende werden saubere Luft, Verkehrssicherheit und Gesundheit gegen die Lobby-Interessen der italienischen Transportindustrie gewinnen. Klar ist: Je früher das passiert, desto besser. Deshalb steht Österreich Gesprächen weiterhin offen gegenüber. Nun muss Matteo Salvini entscheiden, ob er ein Minister für Frächter-Profite oder für die Menschen ist“, betont Gewessler einmal mehr die österreichische Haltung. Dies unterstreicht auch LH Anton Mattle: „Wir bleiben gesprächsbereit, wenn es um neue Maßnahmen geht, die die Situation entlang des Brennerkorridors verbessern. Die Belastungsgrenze für Mensch, Natur und Infrastruktur ist aber längst erreicht. Deshalb werden wir die Tiroler Notmaßnahmen aber weiterhin mit guten Argumenten verteidigen und unsere europäischen Nachbarn und die Europäische Kommission an bestehende Vereinbarungen, wie die Alpenkonvention oder das Weißbuch ‚Verkehr‘ erinnern. Wer von einer Reduktion des Verkehrs auf der Straße spricht, muss die Regionen auch dabei unterstützen.“
„Wir werden uns die heute übermittelte Stellungnahme der Europäischen Kommission und die darin vorgebrachten Kritikpunkte im Detail anschauen und bewerten. Letzten Endes ist es leider nicht überraschend, dass die Verkehrskommissarin der Warenverkehrsfreiheit absolute Priorität einräumt. Ich gehe davon aus, dass Italien nun mit dem Rückenwind der Verkehrskommissarin die Klage einbringen und es dann vor dem Europäischen Gerichtshof zu einer Entscheidung zwischen der Warenverkehrsfreiheit und dem Schutz der Gesundheit, des Lebensraums sowie der Umwelt kommen wird. Darauf werden wir uns in enger Abstimmung mit dem Bund vorbereiten und jedenfalls alles in die Waagschale werfen und vor dem Europäischen Gerichtshof für den Klima- und Gesundheitsschutz und gegen den ungedrosselten Lkw-Verkehr durch Tirol kämpfen“, betont der Tiroler Verkehrs- und Klimaschutzlandesrat René Zumtobel in seiner ersten Reaktion.
Der Brenner ist die mit großem Abstand am meisten befahrene Nord-Süd-Verbindung in ganz Europa. Und der Verkehr hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen – im Jahr 2022 wurden 2,5 Millionen LKWs gezählt. Unter dieser Transitlawine, die nicht zuletzt durch die sehr billige Maut in Italien verursacht wird, leiden vor allem die Menschen entlang der Strecke. Schlechte Luft, Lärm und Stau haben ein schon lange nicht mehr tragbares Maß erreicht. Mit den Tiroler Notmaßnahmen versuchen Bund und Land ein Minimum an Schutz der TirolerInnen sicherzustellen.