- Tiroler und Südtiroler Monitoringausschuss sowie Gleichstellungsrat des Trentino veranstalteten Tagung in Bozen
- Chancen und Umsetzungsstand der UN-Behindertenrechtskonvention in den Ländern der Euregio im Fokus
- Wissenschaftliche ExpertInnen, Mitglieder der Monitoringausschüsse und VertreterInnen der Landesverwaltungen gaben Einblicke
Die UN-Behindertenrechtskonvention steht für gleiche Rechte und die volle gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Mit ihrer Unterzeichnung haben sich Vertragsstaaten wie Österreich und Italien zur Umsetzung verpflichtet. Welche Chancen und Herausforderungen damit verbunden sind und wie der aktuelle Stand in Tirol, Südtirol und dem Trentino aussieht, stand im Mittelpunkt der Euregio-Tagung, die gestern, Donnerstag, im NOI Techpark in Bozen stattfand. Der Tiroler Monitoringausschuss organisierte diese gemeinsam mit dem Südtiroler Monitoringausschuss und dem Gleichstellungsrat der Autonomen Provinz Trient. Eröffnet wurde die Tagung vom derzeitigen Euregio-Präsidenten, Südtirols LH Arno Kompatscher, Tirols Inklusionslandesrätin Eva Pawlata und dem Trentiner LH Maurizio Fugatti, der eine Botschaft übermitteln ließ. Im Anschluss gaben ExpertInnen aus der Wissenschaft, Mitglieder der Monitoringausschüsse sowie VertreterInnen der Landesverwaltungen der drei Länder theoretische und praktische Einblicke rund um die UN-Behindertenrechtskonvention und damit verbundene Inklusionsmaßnahmen.
„Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist für Südtirol ein zentrales Anliegen. Wir arbeiten daran, die Rechte von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen zu verwirklichen – von der Barrierefreiheit über die Teilhabe am Arbeitsmarkt bis hin zur selbstbestimmten Lebensführung. Dabei setzen wir auf ein integriertes System der Betreuung und Unterstützung, das kontinuierlich weiterentwickelt wird“, sagt LH Kompatscher.
LRin Pawlata betont: „Tirol nimmt die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sehr ernst und sie ist auch Teil unseres aktuellen Regierungsprogramms. Mit dem 2023 beschlossenen TAP – Tiroler Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention setzen wir ganz konkrete Maßnahmen für Chancengerechtigkeit im Verantwortungsbereich der Tiroler Landesverwaltung. Dabei werden nicht nur alle Landesabteilungen, sondern auch alle Stakeholder der Behindertenhilfe – Nutzerinnen und Nutzer, Angehörige sowie Dienstleisterinnen und Dienstleister – miteinbezogen.“
„Der Aufbau vollständig inklusiver Gemeinschaften ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern eine notwendige Herausforderung, um jedem Menschen das Recht zu garantieren, sein Potenzial voll auszuschöpfen. Die Umsetzung der Grundsätze der UN-Konvention erfordert die aktive Beteiligung aller: Institutionen, Einrichtungen und Bürgerinnen und Bürger. In diese Richtung zielt auch das Ermächtigungsgesetz 2021, das auf nationaler Ebene einen neuen, moderneren und inklusiveren Rechtsrahmen bietet und auch für uns im Trentino einen wichtigen Impuls darstellt“, so Fugatti.
Von Barrierefreiheit bis Bewusstseinsbildung
Die ReferentInnen Andreas Müller (Universität Basel), Esther Happacher und Caroline Voithofer (Universität Innsbruck) sowie Matteo Borzaga (Universität Trient und Gleichstellungsrat im Trentino), beleuchteten die UN-Behindertenrechtskonvention und ihre Umsetzung in den Ländern der Euregio aus rechtlicher Perspektive. Dabei hoben sie die engen historischen und kulturellen Beziehungen zwischen Tirol, Südtirol und dem Trentino sowie die gemeinsamen rechtlichen Verpflichtungen aus der UN-Behindertenrechtskonvention hervor, die eine abgestimmte Gestaltung im Inklusionsbereich erfordern. Als zentrale Faktoren in der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention führten sie Barrierefreiheit, Deinstitutionalisierung, Selbst- und Mitbestimmung an. Zugleich brauche es aber auch Bewusstseinsbildung und einen Paradigmenwechsel im Verständnis für Menschen mit Behinderungen.
Drei Länder, ein Ziel
In Tirol befasst sich die Gleichbehandlungs- und Antidiskriminierungsbeauftragte Isolde Kafka mit allen Fragen zu Gleichbehandlung und Gleichstellung in der Landesverwaltung. In Italien übernehmen diese Aufgaben die GleichstellungsrätInnen – Brigitte Hofer in Südtirol und Matteo Borzaga im Trentino. Sie sind sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich erste Ansprechpersonen bei Diskriminierungsfällen. In Tirol und Südtirol gibt es darüber hinaus die Monitoringausschüsse, denen Isolde Kafka bzw. Brigitte Hofer vorstehen. Sie haben sich der Förderung, dem Schutz und der Überwachung der UN-Behindertenrechtskonvention verschrieben und bestehen in beiden Ländern überwiegend aus Mitgliedern, die Menschen mit unterschiedlichen Formen von Behinderungen vertreten. Der Tiroler Monitoringausschuss hat zusätzlich einen eigenen Jugendbeirat. Alle diese Gremien sind unabhängig, weisungsfrei und unterliegen der Amtsverschwiegenheit.
„Die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention erfordert auch eine enge Zusammenarbeit über nationale Grenzen hinweg. Viele praktische Herausforderungen sind in Tirol, Südtirol und dem Trentino ähnlich. Daher ist es von großer Bedeutung, erfolgreiche Ansätze miteinander zu teilen und voneinander zu lernen, um gemeinsam ein inklusives und chancengerechtes Umfeld zu schaffen“, erklärt Isolde Kafka.
Kurz-, mittel- und langfristige Ziele in Tirol – festgehalten im TAP
Für die Tiroler Landesverwaltung war Landesamtsdirektor-Stellvertreterin Barbara Soder zugegen. Sie diskutierte gemeinsam mit Michela Morandini, Direktorin des Ressorts Sozialer Zusammenhalt (Südtirol), und Roberto Pallanch, Leiter der Einfachen Missionseinheit für Behinderung und soziale-gesundheitliche Integration (Trentino), über die Schritte, die in den Ländern laufend gesetzt werden, sowie die Zusammenarbeit mit SelbstvertreterInnen. In Tirol arbeiten derzeit fachspezifische Teams an der Umsetzung der im TAP definierten Maßnahmen. Diese umfassen kurz-, mittel- und langfristige Ziele, wie die Entwicklung eines Leitfadens für anpassbaren Wohnbau oder die Ausweitung barrierefreier Arbeitsplatzgestaltung. Eine eigens eingerichtete Koordinierungsstelle unterstützt und überwacht den Prozess. Als zentrales Instrument der Mitbestimmung ist im Tiroler Teilhabegesetz die „Nutzer:innen-Vertretung Tirol“ verankert. Sie ist eine gewählte Interessensvertretung für Menschen mit Behinderungen in Tirol und arbeitet bei Entscheidungsprozessen der Behindertenhilfe mit.