- Schadholzaufarbeitung bedeutet Zusammenarbeit und Profiarbeit
- Technische Maßnahmen ergänzen den natürlichen Schutzwald
- Bezirk Imst und Gemeinde Oetz: Wiederbewaldung im Fokus
In Tirol ist der Schutzwald nicht nur eine grüne Lunge, sondern ein unverzichtbarer Schutzschild für die Bevölkerung. Über 70 Prozent der Wälder im Land sind Schutzwald, der nicht nur einen natürlichen Schutz vor Naturgefahren bietet, sondern auch zur Erhaltung der Wasserqualität und zur Sicherung der Trinkwasservorräte beiträgt. Die Folgen des Klimawandels – immer häufiger werdende Schadereignisse wie Windwurf, Schneedruck oder Borkenkäferbefall – beeinträchtigen die Schutzwirkung des Waldes zunehmend und gefährden damit den nachhaltigen Schutz vor Naturgefahren. Durch Windwurf- und Nassschneeereignisse ist es in den vergangenen beiden Jahren unter anderem auch im Ötztal zu hohem Schadholzanfall gekommen. Nach Abschluss der Schadholzaufarbeitung stehen die Wiederaufforstung und Pflegemaßnahmen im Fokus.
„Der Schutzwald ist ein natürliches Bollwerk gegen die Gefahren unserer alpinen Landschaft. Er schützt uns vor Lawinen, Steinschlag und Muren, aber auch vor Erosion und Hochwasser. Tirol investiert seit Jahrzehnten intensiv in den Erhalt und die Pflege dieser Schutzinfrastruktur, denn der Wald ist nicht nur eine Lebensgrundlage, sondern auch ein Lebensretter“, betont LHStv Josef Geisler heute beim Lokalaugenschein anlässlich der Woche des Schutzwaldes in der Gemeinde Oetz und ergänzt: „Wir müssen damit rechnen, dass Extremwetterereignisse als Folge des Klimawandels immer häufiger werden. Umso wichtiger ist es, dass von Schadereignissen betroffene Waldflächen möglichst rasch und klimafit wiederaufgeforstet werden.“
Dringlichkeit der Wiederaufforstung
Nach schweren Schadereignissen, wie den Sturm- und Schneebruchereignissen im Bezirk Imst, stehen die Wiederaufforstung und die Pflege der Wälder im Mittelpunkt der Bemühungen. „In den kommenden zwei Jahren benötigen wir bis zu sechs Millionen Bäume, um die durch Sturm und Schädlinge geschädigten Flächen in Nord- und Osttirol wieder aufzuforsten. Die Zeit drängt, da die verbliebenen Wurzelstöcke nur rund fünf Jahre Schutz bieten, bevor sie verrotten und die Gefahren von Steinschlag und Lawinen zunehmen“, betont Geisler.
Der Prozess der Wiederbewaldung beginnt mit der sorgfältigen Planung, bei der geeignete Baumarten ausgewählt werden. „Dabei achten wir ganz besonders darauf, welche Bäume sich für welche Fläche eignen. Dies gewährleistet, dass die Bäume an die jeweiligen Standorte und zukünftigen Herausforderungen angepasst sind“, erklärt Landesforstdirektor Josef Fuchs. Mischbaumarten wie Tanne, Lärche sowie verschiedene Laubhölzer wie Eiche und Buche werden bevorzugt, um die Biodiversität zu erhöhen und die Widerstandsfähigkeit der Wälder zu stärken.
Die Pflege der Aufforstungen ist ein langwieriger Prozess, weiß Fuchs: „Nach dem Pflanzen müssen die Bäume regelmäßig kontrolliert und bei Bedarf nachgepflegt werden, um sicherzustellen, dass sie sich optimal entwickeln können.“ Diese Pflegemaßnahmen beinhalten das Entfernen von konkurrierender Vegetation und die Sicherstellung, dass die Pflanzen genügend Licht und Nährstoffe erhalten. Zudem müssen die neu gepflanzten Bäume vor Schädlingen und Krankheiten geschützt werden, um eine gesunde Entwicklung zu gewährleisten. „Hier brauchen wir auch die Unterstützung der Jägerschaft, damit Wildschäden durch Verbiss reduziert werden“, ergänzt Geisler.
„Nur ein stabiler und gesunder Wald kann seine Schutzfunktionen langfristig erfüllen, daher müssen wir auch die Qualität der bestehenden Waldbestände im Auge behalten und gezielt pflegen“, so Fuchs. Der Kampf gegen den Borkenkäfer ist weiterhin ein Schwerpunkt der aktuellen Waldschutzmaßnahmen. Wesentlich war laut Landesforstdirektor heuer die Witterung, die die Borkenkäferentwicklung deutlich verzögerte. Für das kommende Jahr sei die Borkenkäfersituation schwer abzuschätzen: „Wir haben in den letzten Jahren Unglaubliches geleistet, um angefallenes Schadholz möglichst rasch aus dem Wald zu bringen. Doch wir müssen weiterhin aktiv bleiben, um dem Borkenkäfer und anderen Schädlingen entgegenzuwirken“, betont Geisler.
Technische Maßnahmen ergänzen den natürlichen Schutzwald
In enger Zusammenarbeit mit der Wildbach- und Lawinenverbauung wird der Schutzwald außerdem durch technische Maßnahmen ergänzt, um neuralgische Stellen zu sichern. Über 90 Prozent der Landesfläche Tirols liegen in Einzugsgebieten von Wildbächen und Lawinen. „Das bedeutet, dass die Bewirtschaftung und Stabilität der Wälder in diesen Einzugsgebieten einen wesentlichen Einfluss auf den Schutz vor Erosion, Hochwasser und Lawinen hat. Ein stabiler und widerstandsfähiger der Schutzwald ist deshalb für die Sicherheit von Naturgefahren aus Sicht der Wildbach- und Lawinenverbauung essentiell“, erklärt Gebhard Walter, Leiter der Sektion Tirol der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV) und führt weiter aus: „Unsere Aufgabe ist es, Naturgefahren wie Lawinen und Muren durch bauliche Maßnahmen einzudämmen. Doch der Schutzwald ist ein natürlicher Verbündeter, den wir unterstützen müssen. Die Kombination aus baulichem und natürlichem Schutz ist der Schlüssel zu einem sicheren Lebensraum in den Alpen“, ist er überzeugt.
Gemeinde Oetz: Wiederbewaldung im Fokus
In der Gemeinde Oetz ist mit rund 35.000 Festmeter die größte Menge an Schadholz angefallen. Davon wurden bereits rund 30.000 aufgearbeitet. „Vor allem die Linke Seite des Nedertales wurde stark in Mitleidenschaft gezogen“, beschreibt Bürgermeister Hansjörg Falkner und führt weiter aus: „Der Schutzwald ist nicht nur Teil unserer Heimat, er ist auch essenziell für die Sicherheit der Bevölkerung hier in Oetz. Der Schadholzanfall hat uns im vergangenen Jahr vor große Herausforderungen gestellt. Nun blicken wir optimistisch in die Zukunft, mit der klaren Aufgabe, die Wiederbewaldung voranzutreiben und den Schutzwald zu erhalten.“ Diese wird im kommenden Jahr im Fokus stehen.
Ausblick und Unterstützung
Die Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt, erfordern ein aktives Handeln. Der Tiroler Forstdienst ist dabei Partner für Waldbesitzer und Gemeinden. In enger Zusammenarbeit mit der WLV werden tirolweit insgesamt über 190.000 Hektar Schutzwald qualitativ verbessert.
„Das bereits Geleistete war nur durch das Zusammenwirken der verschiedensten Stellen, wie Waldbesitzerinnen und -besitzer, Gemeinden, Waldaufseher, die Bezirksforstinspektion, oder auch die Landesforstdirektion möglich“, dankt Geisler allen Beteiligten, die zum Erhalt von Tirols Schutzwäldern beitragen. Um die Wiederbewaldung und die Pflege der Wälder zu sichern, stehen im Jahr 2024 insgesamt rund 22 Millionen Euro für die Aufarbeitung der Waldschäden in Tirol zur Verfügung. Inklusive Eigenleistungen löst das Investitionen von rund 30 Millionen aus. „Der Wald schützt Tirol und hilft den Tirolerinnen und Tirolern. Jetzt liegt es an uns, ihn zu schützen und zu pflegen, damit er auch in Zukunft seine wertvollen Funktionen erfüllen kann“, so Geisler abschließend.