- Fünf gemeinsame Beschlüsse der Bundesländer werden an Bund übermittelt
- Verbesserte Lagebilder, Wetterdaten, Bevölkerungswarnung, Entschädigungen für Einsatzkräfte und Ausbildung im Fokus
Ob Hochwasser, Steinschläge, Waldbrände oder Hitzewellen – von Vorarlberg im Westen bis ins Burgenland im Osten: Alle neun Bundesländer können jederzeit mit einer Krise bzw. Katastrophe konfrontiert sein. Um diese Herausforderungen noch besser zu bewältigen und sich noch enger auszutauschen, wird die Zusammenarbeit der Bundesländer weiter intensiviert. Auf Einladung von Sicherheitslandesrätin Astrid Mair fand heute, Mittwoch, erstmals ein Vernetzungstreffen für das Krisen- und Katastrophenmanagement mit politischen VertreterInnen bzw. der höchsten Beamtenschaft der Bundesländer statt. Ergebnis der Konferenz am Bergisel waren insgesamt fünf Beschlüsse, die von allen Bundesländern mitgetragen werden. Im Rahmen einer Pressekonferenz präsentierte LRin Mair gemeinsam mit ihrem Amtskollegen LR Daniel Fellner aus Kärnten sowie dem Leiter des Tiroler Zentrums für Krisen-und Katastrophenmanagement, Elmar Rizzoli, die Beschlüsse. Diese werden nun den zuständigen Bundesministerien übermittelt.
„Den Bundesländern kommt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung von Krisen und Katastrophen zu. Umso wichtiger ist es, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen und uns über die Landesgrenzen hinweg vernetzen und austauschen – schließlich kennen auch Krisen und Katastrophen keine Grenzen“, erklärt LRin Mair und führt weiter aus: „Die Herausforderungen, mit denen die einzelnen Bundesländer konfrontiert sind, sind nicht zuletzt auf Grund der vielfältigen österreichischen Topographie oftmals unterschiedlich. Unsere Aufgabe, sich bestmöglich im Sinne des Bevölkerungsschutzes auf Krisen und Katastrophen vorzubereiten, ist jedoch die gleiche. Mit den heutigen Beschlüssen sprechen wir uns gemeinsam für eine verbesserte Zusammenarbeit und für verbesserte Lagebilder, Wetterdaten, Warnmöglichkeiten, Entschädigungen und gemeinsame und vereinheitlichte Ausbildungen aus. Gemeinsam treten wir jetzt an den Bund heran, um jeden dieser Punkte umzusetzen.“
VOST-AT: bessere Lagebilder dank Social Media
So sind im Krisen- und Katastrophenfall unter anderem möglichst genaue und umfassende Lagebilder über die aktuelle Situation entscheidend. Erstellt werden solche etwa infolge von Meldungen der Einsatzkräfte oder Luftaufnahmen. Im Rahmen eines neuen, innovativen Ansatzes werden teilweise auch Soziale Netzwerke für die Erstellung von Lagebildern verwendet. In Deutschland sind bei Großeinsätzen – etwa großflächigen Hochwasserszenarien – bereits „Virtual Operations Support-Teams“ (VOST) im Einsatz und unterstützen die Einsatzstäbe mit digital erstellten Lagebildern, welche sich aus Social Media-Posts speisen.
„Posts aus sozialen Netzwerken können eine enorme Bereicherung für ein möglichst genaues Lagebild sein. In anderen Ländern hat sich der Einsatz von VOST bereits etabliert und bewährt – in Österreich gibt es ein solches System derzeit noch nicht“, sagt LRin Mair und betont, dass man in Tirol bereits Vorarbeit geleistet habe, um VOST auch für Österreich auf den Weg zu bringen: „Eine Etablierung ist aber nur zentral über den Bund möglich, da auch entsprechende Personalressourcen benötigt werden. Gemeinsam ersuchen wir daher den Bund, ein ‚VOST-AT‘ auch für Österreich aufzubauen.“
Wetterradarverbund: bessere Wetterdaten durch Radarverbund
Qualitativ hochwertige und umfassende Daten sind aber nicht nur für Lagebilder, sondern auch für Vorhersagen wesentlich. Je mehr Daten von Radargeräten zur Verfügung stehen, desto genauere Wetter-Vorhersagen können beispielsweise getätigt werden. „Bei der Radarabdeckung in Österreich gibt es für eine flächendeckende Warnung vor Unwettern noch Optimierungspotenzial. Der Klimawandel lässt nicht ausschließen, dass es künftig vermehrt zu Extremwetterereignissen und folgenden Hangrutschen, Steinschlägen, etc. kommt. Deswegen müssen wir das Vorwarnsystem weiter ausbauen, um die Bevölkerung, den Siedlungsraum und die Infrastruktur bestmöglich zu schützen“, erklärt LR Fellner und führt weiter aus: „Für die Optimierung der Radarabdeckung benötigt es vier bis fünf zusätzliche Radarstationen in ganz Österreich. Wir ersuchen den Bund daher, ein Konzept zu erstellen, um den Radarverbund in Österreich weiter auszubauen und damit bessere Vorhersagen und mehr Sicherheit zu ermöglichen.“
AT-ALERT: Verbesserte Warnung direkt an die Bevölkerung
Im Ernstfall Warnungen direkt auf das Handy – ohne Registrierung und ohne App. Das ermöglicht Cell-Broadcast. Mit dem System können Warnungen – etwa vor Extremwetterereignissen – direkt an Mobilfunkgeräte in einem bestimmten Gebiet übermittelt werden. Damit werden zielgerichtet alle informiert, die aufgrund ihres Aufenthaltsortes betroffen sind. In Österreich soll das Cell-Broadcast System AT-ALERT flächendeckend ab Herbst zum Einsatz kommen. Da die Ansteuerung einzelner Funkzellen jedoch technisch herausfordernd ist, benötigt es vorab umfassende Tests. „Der Bund hat bereits bekanntgegeben, dass AT-ALERT vor dem Sommer 2024 in Betrieb gehen soll. Bis dahin kann jedoch aus Sicht der Länder weder die technische Umsetzung noch eine ausreichende Testphase garantiert werden – viele Länder leisten derzeit noch entsprechende Vorarbeiten. Wir ersuchen daher den Bund, einen dann zeitlich abgestimmten und gemeinsamen Testbetrieb für AT-ALERT für ganz Österreich in den Sommermonaten vorzusehen und den Abschluss des Testbetriebes mit Anfang Oktober zu kommunizieren“, erklärt LRin Mair.
Kostenersatz bei Waldbrandbekämpfung: Verbesserte Entschädigung von Einsatzkräften
Von der Warnung zum konkreten Ereignis: ein Waldbrand. Die Entschädigung für die Kosten, die den Einsatzkräften bei der Waldbrandbekämpfung entstehen, ist über das bundesweite Forstgesetz geregelt. Aktuell wird für Waldbrände bis zu einer Größe von 30 Hektar ein Pauschaltarif für den Kostenersatz herangezogen, der anhand der Art und der Dauer der Brandbekämpfung berechnet wird. „Die Einsatzkräfte leisten bei Waldbränden einen nicht hoch genug zu schätzenden Beitrag, um die Ausbreitung des Feuers zu verhindern und damit Menschen, Infrastruktur aber auch die Natur zu schützen. Diese gefährliche und zugleich materialintensive Aufgabe muss entsprechend auch abgegolten werden. Die aktuellen Pauschaltarife decken die tatsächlichen Kosten oftmals nicht ausreichend ab. Wir ersuchen den Bund daher, die Regelungen zu überarbeiten: Konkret sollen die Kosten der tatsächlich verbrauchten Betriebsmittel und die notwendige einsatzrelevante Verpflegung in vollem Umfang ersetzt werden. Zudem sollen bei einer Beschädigung eines Einsatzmittels die über die Versicherungsleistung hinaus Kosten für die Neuanschaffung, die über der Versicherungsleistung liegen, übernommen werden“, so LR Fellner.
Ausbildung: Verbesserte Aus- und Fortbildung durch länderübergreifendes Konzept
„Kern des Krisen- und Katastrophenmanagements sind stets die Menschen dahinter – sowohl in den Einsatzorganisationen, Gemeinden, Bezirkshauptmannschaften als auch den Ländern. Umso wichtiger ist eine gute Ausbildung. Gerade in Hinblick auf die stetig zunehmende Anzahl von Krisen und Katastrophen sowie die immer komplexer werdenden Herausforderungen müssen wir dies weiter forcieren“, weiß Elmar Rizzoli. Das Aus- und Fortbildungsangebot für Krisen- und Katastrophenmanagement in Österreich wird nicht zentral über den Bund geregelt, sondern von den einzelnen Ländern bereitgestellt. Eine geregelte Kooperation liegt derzeit nicht vor. „Je intensiver die Zusammenarbeit, desto besser können Synergien genutzt und von den Expertisen aus den anderen Bundesländern profitiert werden. Im Rahmen des Vernetzungstreffens sind die Länder heute daher übereingekommen, dass die Zusammenarbeit im Bereich der Aus- und Fortbildung intensiviert und weiterentwickelt wird. Dazu gehört etwa, dass Interessierte künftig Kurse auch in anderen Bundesländern besuchen können“, so Rizzoli abschließend.