Veranstaltungsreihe „Tirol erinnert“ rückt NS-Zeit ins Zentrum

Vielseitiges Programm mit Theater, Kunstprojekten und historischen Spurensuchen

  • LH Mattle: „Erinnern heißt Handeln – gegen das Vergessen“
  • Lebendige Vermittlung: Leokadia-Ausstellung im Landhaus
  • Gesamter Veranstaltungskalender zu „Tirol erinnert“ unter tirol.gv.at/erinnern 

Tirol blickt zurück – und schaut zugleich nach vorn. Mit den Veranstaltungen im Rahmen von „Tirol erinnert“ und der Sonderausstellung „Leokadia Justman. Brechen wir aus! Als polnische Jüdin auf der Flucht in Tirol“ widmet sich das Land Tirol intensiv der nationalsozialistischen Vergangenheit. Im Vordergrund steht nicht nur die historische Vermittlung, sondern vor allem die lebendige Auseinandersetzung mit dem, was Gedenken heute bedeuten soll. „Erinnerung darf nichts Erstarrtes, nichts Unbewegliches sein. Vielmehr braucht sie Ausdrucksformen, die berühren, herausfordern und einladen – gerade auch junge Menschen“, bekräftigt Landeshauptmann Anton Mattle. Die Veranstaltungsübersicht „Tirol erinnert“ steht unter tirol.gv.at/erinnern zur Verfügung und wird laufend ergänzt.

Leokadia Justman – eine mutige Stimme für das Erinnern

Im Mittelpunkt des Gedenkjahres steht die Ausstellung im Landhaus zu Leokadia Justman, deren Geschichte in Tirol und Österreich einzigartig ist. Die multimediale Ausstellung zeichnet mit Modellen und interaktiven Karten die Stationen Leokadias in Innsbruck nach. Ergänzt wird die Präsentation durch laufende KuratorInnenführungen – auch zur Rahmenausstellung „Vom Gauhaus zum Landhaus. Ein Tiroler NS-Bau und seine Geschichte“. 

Erinnerungskultur heute: Bildung, Begegnung, Beteiligung

Als die Waffen in Europa endlich schwiegen, waren mehr als 65 Millionen Opfer zu beklagen. 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges werden ZeitzeugInnen immer weniger und das Bewusstsein um die Vergangenheit nimmt Stück für Stück ab. Umso wichtiger sind daher Initiativen, die auf die Vermittlung der Geschichte abzielen, wie LH Mattle nachdrücklich mahnt: „Vergangenheit sichtbar machen heißt: Verantwortung aktiv leben. In einer Zeit, in der Antisemitismus, Rassismus und autoritäres Gedankengut wieder salonfähig zu werden drohen, braucht es eine klare, demokratische Haltung: Nie wieder! Es ist ein politisches Bekenntnis, das jeden Tag neu eingefordert werden muss.“

„Mit der Ausstellung zu Leokadia Justman und den begleitenden Performances, Diskussionen und Veranstaltungen schaffen wir einen offenen Raum für Reflexion und Dialog“, betont der Landeshauptmann, der die Projekte von Beginn an unterstützt. Besonders wichtig sei es, neue künstlerische Zugänge und mediale Formate zu erschließen: „Jüngstes Beispiel ist die Graphic Novel ‚Lodzia und Marysia‘ des Tiroler Illustrators Alwin Hecher, der eine eigene Bildsprache für die unaussprechlichen Gräuel des Holocaust findet.“

„Tirol erinnert“: Kunst, Wissenschaft und Gedenken 

Auch Formate wie Theateraufführungen, historische Spurensuchen und partizipative Gedenkaktionen prägen das Gesamtprogramm. Die Veranstaltungen im Zuge von „Tirol erinnert“ bieten nicht nur Einblicke in die Geschichte, sondern laden zur aktiven Auseinandersetzung ein. In Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen, Gedenkinitiativen und lokalen Vereinen richtet sich das Programm an Jung und Alt.

Der Kriegsalltag und das lang ersehnte Kriegsende stehen beispielsweise im Zentrum der Theaterperformance „Endzeit – Stimmen und Bilder“. Die Gruppe „nachtACTiv“ wirft szenische Schlaglichter auf die letzten Kriegsjahre und fragt: Wie wirkte sich der Krieg auf das Leben der Zivilbevölkerung aus? Wie konnte man als jüdischer Flüchtling überleben? Welche Spuren haben die Kriegserfahrungen im Leben der Menschen hinterlassen? Unter der Regie von Irmgard Bibermann findet das Theaterstück am geschichtsträchtigen 8. Mai im Innsbrucker Landhaus statt (Beginn 18 Uhr, Großer Saal).


Factbox: „Tirol erinnert“

  • „desertieren“ – Gedenk-Einsatz in Erinnerung an Wehrmachtsdeserteure
    • Wann: 5. Mai 2025, 8.30 Uhr
    • Wo: Innsbruck, Paschberg und Maria-Theresien-Straße
    • Rundgang durch Innsbruck, keine Anmeldung erforderlich
  • Festakt Gedenkort Reichenau – Enthüllung eines Namenssteins für die Opfer des ehemaligen Arbeitserziehungslagers Reichenau
    • Wann: 8. Mai 2025, 11 Uhr
    • Wo: Innsbruck, Reichenau, Gelände des neuen Gedenkortes
    • Keine Anmeldung erforderlich
  • „Endzeit – Stimmen und Bilder“ – Theaterperformance von nachtACTiv
    • Wann: 8. Mai 2025, 18 Uhr
    • Wo: Innsbruck, Großer Saal im Landhaus 1
    • Keine Anmeldung erforderlich
  • Gedenkveranstaltung des Landes Tirol – 80 Jahre Ende Zweiter Weltkrieg, 70 Jahre Staatsvertrag, 30 Jahre Beitritt Österreichs zur EU
    • Wann: 9. Mai 2025, 10 Uhr
    • Wo: Innsbruck, Landhausplatz 

Die Ausstellung „Leokadia Justman. Brechen wir aus! Als polnische Jüdin auf der Flucht in Tirol“ ist eine Sonderpräsentation ergänzend zur Rahmenausstellung „Vom Gauhaus zum Landhaus. Ein Tiroler NS-Bau und seine Geschichte“ und ist von 27. Januar bis 26. Oktober 2025 (Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr) im Landhaus 1 zu sehen. Das Projekt ist eine Kooperation des Landes Tirol mit der Universität Innsbruck und dem Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, der Pädagogischen Hochschule Tirol, dem Archiv für Bau.Kunst.Geschichte, dem Programm ERINNERN:AT des OeAD (Österreichs Agentur für Bildung und Internationalisierung) zum Lehren und Lernen über Nationalsozialismus und Holocaust sowie dem Verein Wissenschaft und Verantwortlichkeit. Alle Veranstaltungen zum Thema „Tirol erinnert“ anlässlich des Gedenkens „80 Jahre Ende Zweiter Weltkrieg“ sind unter tirol.gv.at/erinnern zu finden – dort steht auch der virtuelle 360°-Rundgang „Vom Gauhaus zum Landhaus“ zur Verfügung.