StETiG Straßen-Erhebung
Die Tiroler Landesregierung hat im August 2013 den Beschluss gefasst, das niederrangige Straßennetz im Dauersiedlungsraum in den Tiroler Gemeinden systematisch zu erheben.
Für diese Grundlagenerhebung kamen rund 13.000 km an Straßen und Wege infrage. Unter dem Projekttitel StETiG (Straßen-Erhebung in den Tiroler Gemeinden) wurde diese Erhebung unter der Federführung der Abt. Geoinformation und der fachlichen Begleitung des Sachgebietes Ländlicher Raum bzw. der Agrar Lienz sowie mit tatkräftiger Mithilfe der Gemeindeverwaltungen in den letzten zwei Jahren (Februar 2014 - April 2016) durchgeführt.
Ausgangssituation
Die bauliche Erhaltung des niederrangigen Straßennetzes stellt für die zuständigen Gemeinden oder Straßen- und Weginteressentschaften zunehmend eine Herausforderung dar. Informationen über den künftigen Erhaltungs- und Investitionsbedarf zur Sicherstellung einer leistungsfähigen und bedarfsgerechten Verkehrsinfrastruktur fehlen jedoch.
Im Zuge des Projektes StETiG galt es nun, das im Datenmodell der Graphen-Integrations-Plattform (kurz GIP) vorgehaltene niederrangige Straßennetz bezüglich Aktualität und Qualität zu prüfen und zu verbessern. Nachdem die GIP bereits für verschiedene landes- und bundesweite Anwendungen (Routingsystem der Verkehrsauskunft Österreich, Pendlerrechner des BMF, Verwaltungsgrundkarte - basemap.at, Einsatzleitsystem der Leitstelle Tirol, tirisMaps 2.0, Verortung von StVO-Maßnahmen durch die Bezirksverwaltungsbehörden, etc.) eine wesentliche Grundlage bildet, war es auch unter diesem Gesichtspunkt erforderlich, eine qualitative Optimierung des niederrangigen Straßennetzes zu erreichen.
Als Erhebungsmasse wurde das gesamte Straßen- und Wegenetz im Dauersiedlungsraum (ausgenommen Landesstraßen B+L sowie Forststraßen) definiert. Somit umfasste das niederrangige Straßennetz die Erschließung aller ganzjährig bewohnten Objekte und sonstiger Infrastruktur wie Gemeindebauhöfe, Recyclinghöfe, Sportanlagen, etc. Weiters wurden Brückenbauwerke, Wirtschaftswege, Rad-/Fußverkehr und der öffentliche Verkehr (Busbuchten, etc.) berücksichtigt.
Erhebungsparameter
- Die Zuordnung der Straßenkategorie: Gemeindestraßen, Öffentliche Interessentenstraßen, Öffentliche Privatstraßen nach dem Tiroler Straßengesetz bzw. Bringungsanlagen (Interessentenwege) nach dem Güter- und Seilwege-Landesgesetz und Privatstraßen.
- Die Zuweisung der Zuständigkeit für die bauliche Erhaltung.
- Die Klassifizierung der Straßen und Wege nach verkehrlicher Bedeutung. Zur Einteilung diente die „Funktion“ der Straße gemäß RVS 03.01.12. (Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen). Darin wird unterschieden zwischen Verbindungs-, Sammel- und Anliegerstraßen. Zusätzlich wurden noch Hofzufahrten, Wirtschaftswege (Erschließung landwirtschaftlicher Grundstücke im Dauersiedlungsraum) und Rad-/Fußwege abgegrenzt (siehe Abbildung 2).
- Die Aufnahme und Verortung von routingrelevanten Informationen (Einbahnstraßen, Anrainerstraßen, Fahrverbote, Fußgängerzonen usw.).
- Die Aufnahme und Verortung von Brückenbauwerken gemäß Brückenrevision.
Erhebungen vor Ort
Die Erhebungen wurden vor Ort auf den Gemeindeämtern in Anwesenheit von sach- und ortskundigen Gemeindemitarbeitern mit Hilfe von analogen Plänen durchgeführt (siehe Abbildung 3). Alle aufgenommenen Daten und Informationen basieren somit auf den Ausführungen der bei den Erhebungen anwesenden Gemeindevertreter.
Neben dem Orthophoto und dem in der GIP vorgehaltenen gesamten Straßen- und Wegenetz (hochrangiges und niederrangiges Straßennetz inkl. Forststraßen) bildeten unter anderem die Adressen und die digitale Katastralmappe (DKM) eine wichtige Orientierungshilfe und Grundlage. Das niederrangige Straßennetz wurde in einem ersten Schritt auf Vollständigkeit (Erreichbarkeit aller Adressen) und geometrische Richtigkeit (Verlauf) geprüft. In einem zweiten Schritt erfolgte die Zuordnung vorgenannter Aufnahmeparameter.
Parallel zu den Aufzeichnungen im Erhebungsplan (siehe Abbildung 3) wurden weitere Informationen im Straßen- und Brückenverzeichnis vermerkt. Die Erhebungsdaten wurden nach Einarbeitung in die GIP den Gemeinden nochmals zur Kontrolle und zur Abnahme vorgelegt (Prüfplan inkl. Straßen-und Brückenverzeichnis).
Ergebnisse
Auf Basis der geprüften Unterlagen durch die Gemeinden können nachstehende Ergebnisse präsentiert werden. Allerdings sind mit Ende April 2016 noch Prüfunterlagen von 17 Gemeinden ausstehend.
Zusammenfassend lässt sich das niederrangige Straßennetz in Tirol (ohne Stadt Innsbruck) mit insgesamt 13.143 km beziffern. Beinhaltet sind hier auch untergeordnete Straßen und Wege, welche keine dauerhaft bewohnten Objekte erschließen, wie etwa Wirtschafts-, Rad- und Fußwege. In diese Kategorie fallen 4.666 km.
Konzentriert man sich auf jene übergeordneten Straßen, die eine zentrale verkehrliche Erschließungsfunktion innerhalb einer Gemeinde übernehmen (Verbindungsstraßen, Sammelstraßen, Anliegerstraßen, Hofzufahrten, sonstige Straßen – siehe Abbildung 3), so kann in Tirol von 8.477 km ausgegangen werden. Diese Summe lässt sich in 6.522 km öffentliche Straßen und 1.955 km private Straßen unterteilen. Eine annähernd gleiche Verteilung zeigt sich auch bei der Zuständigkeit für die bauliche Erhaltung. Demnach werden 5.667 km von den Gemeinden, 912 km von Straßen- und Weginteressentschaften und 1.864 km von Privaten erhalten.
In Abbildung 4 wird die Verteilung der genannten 8.477 km nach Straßenkategorie pro Bezirk dargestellt. Gut erkennbar ist, dass die Anzahl an Öffentlichen Interessentenstraßen in den Bezirken Schwaz, Kufstein, Kitzbühel und Lienz wesentlich höher ist als in den restlichen (westlichen) Bezirken. Das Verhältnis von öffentlichen zu privaten Straßen ist annähernd in jedem Bezirk gleich.
In nachstehender Tabelle sind jene 5 Gemeinden (ohne Stadt Innsbruck) mit dem weitläufigsten Straßen- und Wegenetz im Dauersiedlungsraum (ohne Wirtschafts-, Rad- und Fußwege) angeführt:
Gemeinde | Bezirk | Länge [km] |
---|---|---|
Kitzbühel | Kitzbühel | 131,8 |
Hopfgarten im Brixental | Kitzbühel | 126,8 |
Wildschönau | Kufstein | 117,6 |
Matrei in Osttirol | Lienz | 115,4 |
St. Johann in Tirol | Kitzbühel | 112,3 |
Neben den Straßeninhalten wurden auch technische Bauten wie etwa 4.399 Brückenbauwerke als Punktinformationen aufgenommen. Weiters galt es, für das Routing relevante Befahrbarkeitshindernisse zu lokalisieren. Dafür wurden etwa 406 Schranken, Poller oder Ähnliches als Punktinformationen verortet.
Praktischer Nutzen und Aussicht
Es liegen nun aktuelle, einheitliche und flächendeckende Basisinformationen für das niederrangige Straßennetz vor. Damit können einerseits verschiedene Analysen und Auswertungen hinsichtlich Verkehrsinfrastruktur durchgeführt werden, andererseits sind betreffend Routingsysteme (Verkehrsauskunft Österreich, Einsatzleitsystem Leitstelle Tirol) qualitative Verbesserungen herbeigeführt worden. Natürlich können nun in weiterer Folge Überlegungen hinsichtlich eines künftigen Erhaltungsmanagements des niederrangigen öffentlichen Straßennetzes angestrebt werden.
Selbstverständlich sollen den Gemeinden diese Daten zur Verfügung gestellt werden. In einem ersten Schritt werden die Ergebnisse in Form von Plänen inkl. Straßen- und Brückenverzeichnis an die Gemeinden ausgesandt. In weiterer Folge sind dann die Ergebnisse über tirisMaps 2.0 zugänglich bzw. abrufbar. Somit stehen auch den Gemeinden wertvolle Basisinformationen zum Straßen- und Wegenetz (Straßenkategorie, Straßenlängen, Verortung der Brücken, usw.) zur Verfügung.
Um die Aktualität der Daten auch nach dem Projekt StETiG zu sichern, werden gewisse Kraftanstrengungen notwendig sein. Eine bedeutende Rolle in der laufenden Aktualisierung der Daten kommt den Gemeinden zu. Für die Übermittlung von Änderungen im niederrangigen Straßennetz durch die Gemeinden soll ein einfaches Meldewesen installiert werden.
Die nunmehr vorliegenden Daten sind ein guter Ausgangspunkt für etwaige Konzeptionen hinsichtlich eines Erhaltungsmanagements sowie für weitere Projekte auf Grundlage der GIP (Wanderrouten, Radrouten, etc.). Die engagierte Mitarbeit der Gemeinden hat gezeigt, dass das Projekt StETiG eine wertvolle Grundlagenarbeit sowohl für die Landes- als auch für die Gemeindeverwaltungen darstellt. Gemeinsam gilt es nun dafür zu sorgen, dass die Daten auch "stetig" aktualisiert werden.
Projektdaten
Laufzeit: Februar 2014 bis April 2016
Projektpartner: Abt. Geoinformation, SG Ländlicher Raum, Agrar Lienz
Projektleitung: Mag. Martina Falkner (Abt. Geoinformation)
Projektmitarbeiter: Martin Haidl BSc, Stephanie Mair MA, Mag. Fabian Nagl MSc, Mag. Dagmar Walter, DI Jürgen Haberl, Mag. (FH) Christoph Scherer