Die Fischbestände des Inn und seiner Zubringer befinden sich aktuell in einem nicht günstigen Zustand. Die Einengung des Gewässerbettes, Uferverbauungen und Folgewirkungen von Wasserkraftwerken führten im letzten Jahrhundert dazu, dass es vielen Fischarten an nötigen Rückzugsbereichen und Laichplätzen mangelt. Seit mehr als zehn Jahren werden daher Initiativen gesetzt, um diese ökologischen Defizite zu verbessern. Dies gilt auch für den Schlitterer Gießen, einem kleinen Zubringer des Ziller. „Weil die Mündung des Schlitterer Gießen aktuell nur eingeschränkt für Fische zugänglich ist, soll sie durch Baumaßnahmen nun wieder ganzjährig passierbar gemacht und die Barrieren durch eine wiederkehrende Verlandung der Mündung vermieden werden“, erklärt die zuständige Naturrschutzreferentin LHStvin Ingrid Felipe.
Gemeinsames Projekt von Land Tirol, WWF, Fischereiverband und Gemeinde Schlitters
Die Bauarbeiten der Renaturierungsmaßnahme starteten Mitte Jänner im Rahmen des EU-Interreg-Projektes INNsieme unter der Bauleitung des Baubezirksamtes Innsbruck und sollen noch im Frühling 2021 abgeschlossen werden. Der WWF Österreich setzt sich damit gemeinsam mit dem Land Tirol, dem Tiroler Fischereiverband und der Gemeinde Schlitters für einen stärkeren Artenschutz an Inn und Ziller ein. „Dadurch finden seltene Arten am Inn wieder neue Lebensräume und Schutz. Das ist gerade dort wichtig, wo die Verbauung besonders stark fortgeschritten ist“, sagt INNsieme-Projektleiterin Elisabeth Sötz vom WWF.
Artenschutz-Maßnahme für ein funktionsfähiges Ökosystem
Durch die Errichtung einer flachen Buhne oberhalb der Mündung des Schlitterer Gießen in den Ziller sowie einer dahinterliegenden Vertiefung, soll künftig dauerhaft eine ausreichende Wassertiefe für die Fischpassierbarkeit ermöglicht werden. „Eine Neustrukturierung mit Wurzelstöcken, Wasserbausteinen und flusstypischen Kieselsteinen fördert zudem die weiteren, natürlichen Fließgewässerorganismen“, ergänzt LHStvin Felipe. Die Wiederherstellung von ehemaligen Laichplätzen wird künftig vor allem der Äschenpopulation des Ziller und des Inn zu Gute kommen. Denn die Inn-Äsche besitzt eine einzigartige Genetik, die sich deutlich von anderen Äschenpopulationen unterscheidet und ist daher von besonderer ökologischer Bedeutung. Doch ihr Erhaltungszustand, so wie der vieler anderer Arten, wird unter anderem aufgrund der Defizite an den Hauptgewässern generell als unbefriedigend eingestuft.
Seitengewässer als Lebensadern für Fische
Während früher mehr als 30 verschiedene Fischarten im Tiroler Inn nachgewiesen wurden, kommen heute nur noch wenige heimische Arten in größeren selbsterhaltenden Beständen vor - darunter die Bachforelle und die Äsche, wobei auch bei diesen Arten bestandsstützende Maßnahmen, wie das Aussetzen von Eiern oder Jungfischen notwendig sind. Die Hauptflüsse sind durch stark wechselnde Wasserstände belastet, die die natürliche Gewässerdynamik negativ beeinflussen. „Viele im Inn vorkommende Fischarten suchen die oftmals klaren und schützenden Seitengewässer auf, die den Jungfischen als Kinderstuben dienen und Ausweichlebensräume für größere Fische darstellen. Deshalb ist es wichtig, die Anzahl zugänglicher und passierbarer Seitengewässer durch einen naturnahen Rückbau wieder zu erhöhen“, erklärt Zacharias Schähle vom Tiroler Fischereiverband.
Auch die Gemeinde Schlitters unterstützt das Projekt: „Die Renaturierung des Schlitterer Gießen ist ein wichtiger Schritt, um zu einer nachhaltigen Entwicklung unserer Gemeinde und dem Erhalt der bedeutenden Artenvielfalt beizutragen“, erklärt Bürgermeister Friedl Abendstein.
Über das EU-Projekt Innsieme
Im grenzüberschreitenden Artenschutzprojekt INNsieme haben sich verschiedene Projektpartner aus Bayern, Österreich und der Schweiz zusammengeschlossen, um gemeinsame Lösungen für einen effektiven Schutz des Inn und seiner beheimateten Arten zu erarbeiten. Weitere Informationen zum EU-Interreg-Projekt „INNsieme“ unter: https://www.innsieme.org/