Start des Bartgeiermanagements in Nordtirol

Der sanfte Riese kehrt zurück

  • Zusammenarbeit im Alpenraum – gemeinsames Projekt der fünf Tiroler Naturparke genehmigt
  • Land Tirol stellt bis Ende 2026 insgesamt bis zu 54.000 Euro zur Verfügung
  • Vogelart war zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Alpenraum ausgerottet
  • Artenschutz, Bewusstseinsbildung und Monitoring: Bartgeier-Population im Alpenraum soll wieder wachsen

Bis zu 2,90 Meter Flügelspannweite und ein prächtiges Federkleid machen den Bartgeier nicht nur zu einem der größten, sondern wohl auch beeindruckendsten Vögel in Europa. Die Beobachtung eines Bartgeiers in freier Wildbahn ist im Alpenraum etwas Besonderes. Nachdem die Vogelart im 20. Jahrhundert hierzulande ausgerottet war, tragen die Wiederansiedelungsversuche der letzten Jahrzehnte langsam Früchte. 2023 gab es neun bestätigte Brutpaare in Österreich, drei davon in Tirol. Im gesamten Alpenraum wird die Population derzeit auf 300 bis 400 Tiere geschätzt. Für Nordtirol wurde nun ein eigenes Bartgeier-Management ins Leben gerufen, das sich um den Fortbestand der Greifvögel kümmert. Das Land Tirol stellt dafür in den kommenden drei Jahren insgesamt bis zu 54.000 Euro zur Verfügung, wobei rund 43 Prozent über EU-Fördermittel gedeckt werden. „Seit der ersten erfolgreichen Auswilderung im Nationalpark Hohe Tauern Mitte der 80er-Jahre geht es Stück für Stück bergauf“, freut sich Naturschutzlandesrat René Zumtobel. „Unter Federführung einer eigenen Bartgeier-Managerin, die im Naturpark Ötztal angestellt ist, wird nun in den kommenden Jahren intensiv am Schutz der bestehenden Population und ihrer Brutplätze sowie an der Bewusstseinsbildung gearbeitet.“

Mythen führten zur beinahen Ausrottung des „Lämmergeiers“

Im Volksmund oft als „Lämmergeier“ bezeichnet, war der Bartgeier lange Zeit dafür gefürchtet, Lämmer, Kitze und sogar Kinder zu stehlen. Ein mittlerweile widerlegter, falscher Mythos: Heute weiß man, dass sich der Bartgeier fast ausschließlich von Knochen verunfallter oder verendeter Tiere und von Aas ernährt. Die intensive Bejagung der Tiere in Kombination mit einem Rückgang der Wildpopulation und die Verbreitung von Giftködern, die für andere Tiere gedacht waren, führten bis Anfang des 20. Jahrhunderts zum Verschwinden der Vögel. „Jede Tierart ist ein wichtiger Bestandteil des natürlichen Kreislaufs und ein Mosaikstein der Artenvielfalt. Auch der Bartgeier, der als Aasfresser die wichtige Funktion als ,Abfallsammler‘ in der Natur übernimmt. Es freut mich, dass Bartgeier in Tirol brüten und ich hoffe, dass wir mit dem professionellen Management nun zur langfristigen Erholung des Bestands beitragen können. Wichtig ist auch, dass mehr Menschen von der Sanftheit dieser Riesen der Lüfte erfahren und sich alte Mythen nicht länger halten“, betont der Naturschutzlandesrat auch anlässlich des Tages der Artenvielfalt am 22. Mai.

Über das Bartgeiermanagement

Die fünf Tiroler Naturparke Karwendel, Kaunergrat, Tiroler Lech, Ötztal, der Hochgebirgs-Naturpark Zillertaler Alpen und die Abteilung Umweltschutz des Landes Tirol bilden unter der Federführung von Elisabeth Weninger den zentralen Netzwerkknoten des Projekts. Diese arbeiten wiederum mit einem breiten Partner- und Beobachternetzwerk – unter anderem mit dem Nationalpark Hohe Tauern – zusammen. Insbesondere mit den bayerischen Nachbarn besteht eine enge Zusammenarbeit durch ein bereits vorangegangenes Interreg-Projekt. „Durch gezielte Maßnahmen sollen bestehende Brutplätze erhalten und gesichert werden. Zudem sollen durch besucherlenkende Maßnahmen externe Störungen, insbesondere während der sensiblen Brutzeit, künftig vermieden werden. Vorträge, Workshops und andere Kommunikationsmaßnahmen tragen dazu bei, die Sensibilität und die Faszination für diese einzigartige Vogelart zu fördern“, erklärt Weninger.

Mehr Informationen zum Thema erhalten Interessierte auf der Website des Naturpark Ötztal und auch bei den folgenden Veranstaltungen:

  • 24. Mai 2024: Lange Nacht der Forschung, Universität Innsbruck
  • 21. Juni 2024: Familienwanderung im Naturpark Ötztal „Die Rückkehr des Bartgeiers“
  • 12. Oktober 2024: International Observation Days IODs: Mitmach-Aktion zur Bargeier-Zählung in ganz Tirol