- Bedeutung der bundesländerübergreifenden Zusammenarbeit zeigt sich an Senkung des Schutzstatus Wolf und Auslaufen der KIM-Verordnung
- Stärkung des gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsraums Oberkärnten und Osttirol im Fokus
Kärnten und Tirol vertiefen weiter ihre Zusammenarbeit. Heute, Mittwoch, fand im Hotel Neusacherhof am Weissensee in Kärnten das zweite gemeinsame Treffen der beiden Landesregierungen statt. Über die Ergebnisse des politischen Austausches informierten die beiden Landeshauptmänner Anton Mattle und Peter Kaiser gemeinsam mit den Landeshauptmannstellvertretern Josef Geisler und Martin Gruber im Anschluss. Beschlossen wurden 14 Leitanträge, die von der immer schwieriger werdenden Budgetsituation von Ländern und Gemeinden über Klima- und Umweltschutzmaßnahmen, den öffentlichen Verkehr, Energie und Forschung bis hin zu Armutsbekämpfung, Wohnbau, Kultur und Tourismus reichen. Themen sind aber auch der Schutzstatus des Wolfes, die Renaturierungs- und Entwaldungsverordnung oder der Ausbau grenzüberschreitender Rettungsdienste. Das erste gemeinsame Regierungstreffen fand im Dezember des Vorjahres im Osttiroler Lienz statt.
Dass die bundesländerübergreifende Zusammenarbeit weit mehr ist als Austausch- und Vernetzungstreffen, betonte LH Mattle: „Sei es die Herabsetzung des Schutzstatus für den Wolf oder die nun im Juni 2025 auslaufende KIM-Verordnung: Beides zeigt, dass ein bundesländerübergreifendes, starkes Auftreten und Einsetzen für gemeinsame Interessen wichtig ist. Das Ganze ist bekanntlich mehr als die Summe seiner Teile und so sind es auch geballte, länderübergreifende Kräfte, die etwas bewirken und Druck erzeugen. Das umfasst die enge Zusammenarbeit zweier oder mehrerer Bundesländer ebenso wie den Zusammenschluss aller neun Länder in der Landeshauptleutekonferenz. Wir Länder haben eine starke Stimme, die wir auch künftig im Sinne der Interessen der Bevölkerung einsetzen.“ Diese geballten Kräfte wolle man auch dafür nutzen, um die künftige Bundesregierung aufzufordern, mit den Bundesländern in Neuverhandlungen zum Finanzausgleichsgesetz zu treten. „Die Kostenaufteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zeigt eine massive negative Verschiebung hin zu Ländern und Gemeinden, während ihre Ausgaben in den vergangenen Jahren im Vergleich zum Bund noch stärker anstiegen. Dieses Ungleichgewicht können und wollen wir nicht akzeptieren – es braucht mehr Gerechtigkeit“, so LH Mattle.
Kärntens LH Peter Kaiser bläst ins selbe Horn: „Wir reden miteinander und handeln auch miteinander. So hat unsere intensive Zusammenarbeit auch bereits Früchte getragen“, betonte Kaiser. Es gehe darum, Synergien herzustellen und alle Möglichkeiten des Föderalismus zu forcieren. Als Beispiel dafür zog auch LH Kaiser die Änderung der Berner Konvention in Bezug auf den Schutzstatus des Wolfes heran. Und auch der Kärntner Landeshauptmann hob die schwierige finanzielle Situation der Länder und Gemeinden hervor. „Wir brauchen eine gravierende Änderung des Finanzausgleichsgesetzes. Es muss zu einer den Bedürfnissen der Bevölkerung gerechteren vertikalen Verteilung der Beiträge der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler kommen“, forderte er im Hinblick auf Mehrkosten, die vor allem bei Gesundheit und Pflege weiterbestehen werden.
Länderübergreifende Wertschöpfung, Wohnungsdatenbank und Tourismus
So sind es beispielsweise gerade die Regionen Osttirol und Oberkärnten, in denen ein stark verflochtener Lebens- und Wirtschaftsraum existiert – dies umfasst Osttiroler Unternehmen wie IDM oder Liebherr ebenso wie PendlerInnen und den Tagestourismus. „Gemeinsame wirtschaftliche Projekte haben das Potenzial, die Wertschöpfung länderübergreifend zu erhöhen und Arbeitsplätze zu sichern“, ist LH Mattle überzeugt. Eine solche Wertschöpfung lasse sich auch über gemeinsame kulturtouristische Initiativen generieren, weshalb sich Tirol und Kärnten zur gezielten Erschließung der Regionen Oberkärnten, Lienzer Talboden und Pustertal aussprechen. Unter dem Motto „Kultur zum Hinradeln“ soll das existierende Radnetz als verbindende Radroute ausgebaut, mit Infotafeln beschildert und als attraktives Angebot etabliert werden. „Für die Umsetzung müssen EU-Fördermöglichkeiten nun ausgelotet und regionale Tourismusverbände ins Boot geholt werden, bevor anschließend Gespräche mit Südtirol aufgenommen werden. Wesentlich ist, dass nicht nur der Tourismus, sondern auch die einheimische Bevölkerung profitiert“, betont LH Mattle.
Denn die gegenseitige Verflechtung wirkt sich nicht nur wirtschaftlich und touristisch aus – auch auf die Wohnsituation. „Gerade in den Grenzregionen wäre eine gemeinsame Bedarfserhebung eine gute Grundlage für die künftige Planung und Errichtung von betreutem Wohnraum, weshalb ich es besonders begrüße, dass wir uns heute gemeinsam für den Aufbau einer Wohnungsdatenbank ausgesprochen haben, bei der vor allem der Wohnbedarf in den Grenzgebieten erhoben wird. Dies dient auch als Grundlage für die Planung von gemeinnützigen Wohnbauprojekten“, erläutert LH Mattle.
Ebenso ein bundesländerübergreifender Austausch könnte künftig bei MusikschullehrerInnen stattfinden: Beide Grenzregionen – Oberkärnten und Osttirol – stehen auch im Musikschulwesen aufgrund sich ändernder Demografie und der Herausforderung ländlicher Regionen vor vakanten Stellen. Um das zu überbrücken, soll nun die Möglichkeit geprüft werden, MusikschullehrerInnen bei anteilsmäßiger Übernahme von Personalkosten im jeweils anderen Bundesland unterrichten zu lassen. Kärntens LH Kaiser: „Beide Länder haben 27 Musikschulen, in denen Landesbedienstete unterrichten. Ausbildungen, insbesondere in seltenen Instrumenten, sollen über die Grenzen hinweg erfolgen können.“
Wolf, Wasserstoff und Wald – Bekenntnisse für Tirols und Kärntens Zukunft
Nicht nur bei der Förderung eines gemeinsamen Wirtschaftsstandortes, auch in Sachen Energie sind sich Tirol und Kärnten einig, wie Energiereferent LHStv Geisler berichtet: „Beide Ländern bekennen sich zu Wasserstoff als alternative Energie- und Antriebsquelle und in beiden Ländern wird bereits an Projekten gearbeitet. Um Wasserstoff – allen voran in der Industrie und Schwerlastmobilität – sowie andere alternative Energieformen weiter zu stärken, braucht es auch attraktive Rahmenbedingungen sowie ein ausgewogenes Fördersystem. Ein solches fordern wir von der zukünftigen Bundesregierung ein.“ Ebenso eingefordert wird eine standortverträgliche Adaptierung der Entwaldungs-Verordnung: „Das Inkrafttreten wurde von der EU-Kommission um ein Jahr verschoben. Diese Zeit müssen wir nutzen, dass diese Verordnung adaptiert wird. Tirol und Kärnten zählen zu den waldreichsten Bundesländern, die durch eine Überregulation der EU negativ beeinflusst werden würden“, so LHStv Geisler, der auch in Sachen Wolf hervorhebt: „Auch wenn der Schutzstatus nun gesenkt wurde, muss sich eine klare Positionierung Österreichs zum Wolf in der künftigen Bundesregierung wiederfinden.“
Auch Kärntens LHStv Gruber verwies auf die Renaturierungs- und die Entwaldungsverordnung der EU. „Hier muss es zu einer standortgerechten Umsetzung kommen.“ Gruber forderte auch, dass bereits erbrachte Renaturierungs-Leistungen von der EU anerkannt werden und dass entsprechende Ausgleichszahlungen für Maßnahmen erfolgen. „Die Kosten dürfen nicht zu Lasten der Länder, Städte und Gemeinden gehen.“ Vom Bund aus müsse es hier ein gemeinsames Auftreten gegenüber der EU und der europäischen Kommission geben. „Wir haben im Naturschutz und in der nachhaltigen Waldbewirtschaftung schon unsere Hausaufgaben gemacht und dürfen nicht für die Fehler anderer Regionen bezahlen“, betonte Gruber. Immerhin gehe es um Arbeitsplätze, Wertschöpfung in der Waldwirtschaft und auch um Schutzwälder. Als positives Beispiel hob auch Gruber den Paradigmenwechsel bezüglich Schutzstatus des Wolfes hervor. „Die Bundesregierung muss in Zukunft bei diesem Thema in Brüssel mit einer Stimme sprechen und sich dafür einsetzen, dass im nächsten Schritt auch die EU-Kommission eine entsprechende Abänderung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie umsetzt“, so Gruber.
Bekenntnisse auch im Bereich Soziales
Weitere Beschlüsse umfassen den Bereich Soziales: So soll gemeinsam aktiv gegen Kinderarmut vorgegangen werden, auch die Zusammenarbeit beim Angebot für Menschen mit Behinderungen und der Kinder- und Jugendhilfe in den Grenzregionen wird forciert. Die Bedeutung zeigt sich auch an Zahlen: 34 Menschen mit Behinderungen aus Tirol werden derzeit in Kärntner Einrichtungen begleitet, 23 Kinder aus Kärnten sind im SOS Kinderdorf Osttirol und 58 TirolerInnen nehmen suchtspezifische Leistungen in Kärnten in Anspruch. Besonders für die Bevölkerung in den grenznahen Bezirken Lienz und Spittal an der Drau hat die gegenseitige Unterstützung einen Mehrwert. Die Zusammenarbeit zwischen Tirol und Kärnten soll nochmals intensiviert werden, sodass Unterstützungsleistungen partnerschaftlich ausgetauscht werden können.