Zurück zum Ursprung: Tiroler Lech fließt wieder in natürlichen Bahnen

LIFE-Projekt „Dynamic River System Lech“ nach sechs Jahren Laufzeit abgeschlossen

  • Renaturierungsmaßnahmen bringen Artenvielfalt zurück und verbessern Hochwasserschutz
  • Eröffnung der FußgängerInnen-Hängebrücke in Forchach

Ausgedehnte Sand- und Kiesbänke, verzweigte Flussläufe und ein weitläufiges Flussbett mit einer Breite von bis zu 400 Metern sowie seltene Fauna und Flora wie Purpurweiden, gefleckte Schnarrschrecken, Flussläufer und Kreuzkröten – all das ist im Naturpark Tiroler Lech im Bezirk Reutte zu finden. Auf rund 65 Kilometern Länge stellt der Lech in Tirol eines der letzten naturnahen alpinen Flussgebiete Österreichs und eine der letzten größeren zusammenhängenden Wildflusslandschaften im nördlichen Alpenraum dar – doch das war nicht immer so:  Mit den umgesetzten Renaturierungsmaßnahmen im Rahmen der zwei LIFE-Projekte konnte der Flusslandschaft wieder mehr Natürlichkeit und Dynamik zurückgegeben werden.

Das zweite LIFE-Projekt „Dynamic River Stystem Lech“ wird diesen September nach sechs Jahren Laufzeit abgeschlossen. Im Rahmen der Abschlussveranstaltung wurde gemeinsam von LHStvinIngrid Felipe, LHStv Josef Geisler, LTPinSonja Ledl-Rossmann sowie Rosemarie Hingsamer, EU-Exekutivagentur CINEA, Karl Heinz Weirather, Bürgermeister der Gemeinde Forchach und Markus Federspiel, Vorstand der Abteilung Wasserwirtschaft, auch die neue FußgängerInnen-Hängebrücke über den Lech in Forchach eröffnet.

LIFE-Projekte als Paradebeispiel zukunftsfähiger Gewässerentwicklung

Im Jahr 2000 wurde das Flusssystem Lech als Natura 2000 Gebiet ausgewiesen und damit unter besonderen Schutz gestellt. Bereits 2001 bis 2007 konnten im Rahmen des LIFE-Projekts „Wildflusslandschaft Tiroler Lech“ erste erfolgreiche Maßnahmen im Mittel- und Unterlauf des Flusses gesetzt werden, die dem Lech seine Natürlichkeit an vielen Streckenabschnitten zurückgegeben haben. Auf dieser Erfolgsgeschichte aufbauend startete 2016 das zweite LIFE-Projekt ‚Dynamic River System Lech‘. „Der Lech ist ein Paradebeispiel zukunftsfähiger Gewässerentwicklung und zeigt, dass Hochwasserschutz, Gewässerschutz und Naturschutz Hand in Hand gehen können“, erklärt der für Wasserwirtschaft zuständige LHStv Geisler. Naturschutzreferentin LHStvin Felipe ergänzt: „Im Rahmen der Flussregulierungen in der Vergangenheit wurde der Lech stark eingeengt. Daraus resultierend verloren Tiere und Pflanzen ihren natürlichen Lebensraum. Durch die LIFE-Projekte konnten wir diese Eingriffe weitestgehend rückgängig machen. Heute ist der Lech mehr denn je ein einzigartiges Naturjuwel.“ Das untermauert auch die aus dem Bezirk stammende LTPin Leld-Rossmann: „Das gesamte Außerfern besticht durch eine einzigartige Naturlandschaft, die auch vom Lech geprägt wird. Als über die Grenzen hinweg bekannter Wildfluss ist er in seiner Art und seinem Charakter zu schützen. Projekte wie diese sind es, die dafür sorgen, dass auch kommende Generationen von unserer Natur in der Form profitieren können. Gleichzeitig ist der Lech auch Anziehungspunkt für viele Naturliebhaberinnen und Naturliebhaber aus verschiedensten Ländern, der durch bewusste BesucherInnenlenkung auch in touristischer Form genutzt wird.“

Zurück zur Natur samt Hochwasserschutz mit einer Fläche von 32 Fußballfeldern

Insgesamt 13 Flussbaumaßnahmen zur Re-Dynamisierung des Lechs wurden im Rahmen des mit sechs Millionen Euro dotierten Projektes im Oberlauf des Lech sowie im Grenzverlauf auf deutschem Staatsgebiet umgesetzt. Unter anderem wurden Flussverbauungen entfernt, das Flussbett verbreitert, Nebenarme angelegt und Querverbauungen gekürzt. Dabei wurden rund 72.000 Kubikmeter Flussbausteine abgetragen und über 7.000 Meter an Längsverbauungen entfernt. Gleichzeitig wurde auch der Hochwasserschutz verbessert: „Durch die Flussaufweitungen konnten rund 23 Hektar an zusätzlichen Flussraum geschaffen werden – das entspricht einer Fläche von rund 32 Fußballfeldern. Diese Flächen wirken als zusätzlicher Puffer bei Hochwassergefahr“, erklärt LHStv Geisler. Durch den gezielten Rückbau der Verbauungen kann sich der Lech in Zukunft auf über 60 Hektar weiter natürlich entwickeln.

50 Laichgewässer für Amphibien und Libellen

Neben den Baumaßnahmen am Lech wurden unterschiedliche Schritte zum Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten umgesetzt – so etwa die Schaffung von mehr als 50 neuer Laichgewässer für Amphibien und Libellen. Auch aus der Lech-Region nahezu verschwundene Pflanzenarten wie der Zwergrohrkolben wurden wieder angesiedelt. „Im Rahmen eines umfangreichen Monitoringprogrammes werden die getätigten Maßnahmen auch in Zukunft laufend kontrolliert und gegebenenfalls adaptiert“, so LHStvin Felipe.

Hängebrücke dient der Bewusstseinsbildung

Ein wesentlicher Teil des LIFE-Projektes ist die Bewusstseinsbildung: „Informationsveranstaltungen und geführte Exkursionen durch das Gebiet bringen Interessierten die Wildflusslandschaft näher, sensibilisieren für eine nachhaltige Gewässerentwicklung und steigern die Akzeptanz für das Projekt in der Bevölkerung. Gleichzeitig kann der BesucherInnenstrom gelenkt und somit die empfindliche Naturzone entlastet werden“, erklärt Markus Federspiel. Teil der Bewusstseinsbildung stellt die neue Hängebrücke in Forchach dar. Wo zuvor eine der letzten Engstellen des Flusses zu finden war, spannt sich die Hängebrücke heute 150 Meter über den natürlich fließenden und verzweigten Lech. Somit bietet die attraktive BesucherInneneinrichtung die Möglichkeit, das Ökosystem Lech auf besondere Art und Weise von oben kennenzulernen. Direkt am Ausgangspunkt der Brücke, am rechten Lech-Ufer, findet sich zudem ein neu errichteter Erlebnis- und Erholungsraum für Einheimische und Gäste. Neben Informationsangeboten zum Thema Wildfluss bieten Grillplätze und ein Auwald-Niederseilgarten unterschiedliche Freizeitangebote.

Projektträger von „Dynamic River System Lech“ ist die Bundeswasserbauverwaltung Tirol. Als Projektpartner sind zudem die Abteilung Umweltschutz des Landes und das Wasserwirtschaftsamt Kempten mit an Bord. Die Kosten werden zu 60 Prozent durch den LIFE-Natur-Fonds der Europäischen Union gefördert.