EU-Umweltrecht
In den die Europäische Union begründenden Verträgen wurde die nachhaltige Entwicklung zu einem der vorrangigen Ziele der EU erklärt. Diese Verträge unterstreichen, dass die weitere Entwicklung der Gemeinschaft auf dem Grundsatz der Nachhaltigkeit sowie einem hohen Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität beruhen muss.
Die Erfordernisse des Umweltschutzes sind bei der Festlegung und Durchführung aller sonstigen Politiken der Union auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet einzubeziehen. Dazu gehören auch Handel, Industrie, Energie, Landwirtschaft, Verkehr und Tourismus. Unter bestimmten Umständen können die Mitgliedstaaten auch Umweltnormen und Forderungen einführen bzw. beibehalten, die strenger als die der Union sind.
Subsidiarität und Aufteilung der Zuständigkeiten:
Die Union tritt dann in Aktion, wenn ein Problem nicht allein durch die nationalen Regierungen gelöst werden kann. Manchmal steht sie an der Spitze der Bemühungen, fällt doch der Abschluss internationaler Umweltvereinbarungen ausschließlich in ihren Zuständigkeitsbereich. Beispiele dafür sind Abkommen betreffend ozonabbauende Substanzen oder über den Handel mit gefährdeten Arten. Demgegenüber sind die Mitgliedstaaten etwa für Raumordnung und Bebauungsfragen sowie für die Planung der Wasserressourcen verantwortlich.
Rechte der Bürger im Rahmen des EU-Umweltrechtes:
Recht auf Information
Damit Regierungen eine Politik zum Wohle des Gemeinwesens verfolgen können, müssen sie sich auf relevante, konkrete und ausreichende Informationen über die Umwelt stützen. Ein Großteil dieser Informationen ist den BürgerInnen zugänglich zu machen, sodass sie Entscheidungen, die ihr eigenes Leben berühren, verantwortungsbewusst fällen können. Transparenz in Bezug auf Umweltinformationen ermöglicht nicht zuletzt auch eine Kontrolle von Fehlern und eine Verhinderung von Machtmissbrauch.
Eine Richtlinie über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt hat staatliche Unterlagen und Daten in den Mitgliedstaaten für die Öffentlichkeit noch zugänglicher gemacht. Diese Richtlinie wurde in Österreich und in Tirol durch entsprechende Umweltinformationsgesetze umgesetzt.
Recht auf Konsultation
Seitdem die Europäische Gemeinschaft im Jahre 1985 die Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung angenommen hat, müssen die Regierungen Stellungnahmen der BürgerInnen zu bestimmten Umweltbelangen in ihre Entscheidungen einbeziehen. Diese Richtlinie wurde in Österreich durch das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz umgesetzt.
Um die BürgerInnen besser mit den Umweltpolitiken und -normen der Union vertraut zu machen, wurde 1994 im Rahmen des 5. Umweltaktionsprogramms ein beratendes Forum für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung ins Leben gerufen, das sich aus 32 VertreterInnen von Unternehmen, VerbraucherInnenschutzorganisationen, Gewerkschaften und Berufsverbänden, Umweltgruppen sowie örtlichen und regionalen Behörden zusammensetzt. Daneben wurden zwei weitere Dialoggruppen eingerichtet, die der Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und europäischen Institutionen dienen: IMPEL, das Netz der Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten, die für die Umsetzung des einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Umweltrechts zuständig sind, sowie die Gruppe zur Überprüfung der Umweltpolitik, der führende Umweltverantwortliche der Kommission und der Mitgliedstaaten angehören.
Recht auf Überprüfung von Regierungsentscheidungen
Die Umweltnormen der Europäischen Union stellen die Luft, das Wasser, den Boden, Tier- und Pflanzenarten sowie deren Lebensräume unter Schutz.
In diesem Zusammenhang können Einzelpersonen oder Gruppen bei der Europäischen Kommission Missstände anzeigen, die sich aus dem Tun oder Unterlassen einer Regierung ergeben. Als Hüterin des Gemeinschaftsrechts obliegt es dann der Kommission weitere Schritte zu setzen, die bis zu einer gerichtlichen Überprüfung des Missstands durch Klage beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften reichen.
In einer Mitteilung über die Umsetzung des EU-Umweltrechts und in einigen Vorschlägen für Umweltrichtlinien fasste die Kommission ins Auge, dass auf dem Gebiet des Umweltschutzes tätige Nichtregierungsorganisationen sowie Einzelpersonen zur Durchsetzung des EU-Rechts besseren Zugang zu den Gerichten erhalten sollen. Ob diese Vorschläge allerdings rechtliche Geltung erlangen, hängt von den Mitgliedstaaten der EU ab, die im Rat darüber zu befinden haben.
Recht auf Schutz durch EU-Vorschriften
EU-Rechtsakte sollen alle BewohnerInnen der Union ungeachtet dessen, wo sie wohnen oder arbeiten, in gleicher Weise schützen. Wenn ein Mitgliedstaat eine Richtlinie nicht ordnungsgemäß in einzelstaatliches Recht umsetzt, kann eine einzelne Person unter bestimmten Umständen eines Rechts beraubt werden, das sie den Vorschriften der EU gemäß besitzt. Vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wurde entschieden, dass dieses Recht unter bestimmten Umständen auch gegen einen Mitgliedstaat durchgesetzt werden kann, der die zugrundeliegende gemeinschaftsrechtliche Norm nicht in seine Rechtsordnung einbezogen hat.
Dieser Grundsatz der "unmittelbaren Anwendbarkeit" erlangt eine noch größere Bedeutung, wenn Nichtregierungsorganisationen das Recht erhalten, die Anwendung von EU-Umweltrichtlinien vor den Gerichten ihres Mitgliedstaates einzumahnen.
Wendet sich eine Einzelperson an das zuständige Gericht ihres Mitgliedstaats und ersucht um Schutz gemäß EU-Recht, kann das Gericht den Fall aussetzen und den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anrufen. Handelt es sich dabei um ein Höchstgericht des betreffenden Mitgliedstaats, muss dies sogar geschehen ("Vorabentscheidung").
Auf diese Weise konnten bereits zahlreiche BürgerInnen Urteile erwirken, die dazu führten, dass die Mitgliedstaaten das Umweltrecht der EU in Wort und Tat respektieren.