Dreier-Landtag: Erster Sitzungstag

  • 6 von 21 Anträgen abgestimmt, Sitzung wird morgen fortgesetzt
  • Leitanträge von Südtirol und Trentino angenommen
  • Zudem Bereiche Umwelt und Wirtschaft behandelt

Heute Mittwoch begann die zweitägige Sitzung des Dreier-Landtags in Riva del Garda. 106 Abgeordnete von Tirol, Südtirol und Trentino fanden sich im Kongresszentrum der Stadt ein, um über die ersten sechs Anträge der 21 Punkte umfassenden Tagesordnung zu debattieren. Zu Beginn der Sitzung wurden die beiden Leitanträge von Südtirol und Trentino behandelt, die sich der Verbesserung der institutionellen Zusammenarbeit zwischen den drei Ländern widmen. Tirols Leitantrag zum Gesamtkonzept für den Brennerkorridor wird morgen im Zuge des Themenblocks Verkehr diskutiert.

„Die vergangenen Dreier-Landtage haben gezeigt, dass es in den allermeisten Bereichen möglich ist, dass wir uns rasch länderübergreifend einigen. Es gehört jedoch auch zum Parlamentarismus, dass es einzelne Themen gibt, die teils sehr emotional diskutiert werden und bei denen es etwas herausfordernder ist, einen gemeinsamen Weg zu finden, der von den 106 Abgeordneten aus drei Regionen und einer Vielzahl an unterschiedlichen Parteien mitgetragen werden kann. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass wir auch bei diesen Themen durch sachliche Debattenbeiträge das Verbindende vor das Trennende stellen werden“, so Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann. „Ein Blick auf die vielfältige Tagesordnung macht jedenfalls deutlich, dass der Dreier-Landtag auch weiterhin in vielen Lebensbereichen die Rolle eines zentralen Impulsgebers für unsere gemeinsame Europaregion einnimmt.“

 

Die Leitanträge von Südtirol und Trentino

Der von Südtirols LTPinRita Mattei eingebrachte Leitantrag mit dem Titel „Stärkung der institutionellen Zusammenarbeit zwischen Dreier-Landtag und EVTZ“ sieht vor, dass der Austausch zwischen dem Dreier-Landtag und dem Euregio-Generalsekretariat intensiviert werden solle, um mögliche Synergien zwischen den eingebrachten Beschlusstextanträgen und dem Arbeitsprogramm der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino auszuloten. Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen.

Um den zwischenstaatlichen Charakter der bestehenden Zusammenarbeit von Tirol mit seinen beiden südlichen Nachbarregionen etwa in den Bereichen Wirtschaft, Soziales, Gesundheit oder Kultur deutlich zu stärken, soll eruiert werden, in welchem Rahmen rechtliche Vorschriften zwischen Italien und Österreich harmonisiert werden könnten. Im Trentiner Leitantrag von LTP Walter Kaswalder wird eine Studie angeregt, die diese Harmonisierungspotentiale aufzeigen solle. Der Euregio-Präsident wurde vom Plenum einstimmig aufgefordert, die Studie in Auftrag zu geben.

 

Bereich Umwelt

Antrag „Interregionale Wildtierkorridore: eine Chance, um innerhalb der Europaregion Biotopvernetzungen zum Schutz der Biodiversität zu schaffen“

Beschlusstext: Die Errichtung von Biotopvernetzungen in Form von Wildtierkorridoren sei vorzusehen, die es den Wildtieren ermöglichen, sich frei zu bewegen und den Bürgern der betroffenen Gebiete mehr Sicherheit geben sowie sich als Beispiel der Kooperation zwischen verschiedenen Alpenregionen für eine Umweltplanung einzusetzen, die Wildtierkorridore vorsieht, um die Biodiversität zu erhalten. Im Sinne einer gewinnbringenden Zusammenarbeit soll diese Kooperation harmonisch, gemeinsam und mit der Beteiligung aller Akteure weiterentwickelt und ausgebaut werden. Dieser Antrag fand keine Mehrheit im Plenum.

 

Antrag „Gemeinsame Initiativen zur Förderung der Forschungstätigkeit der eigenen universitären Einrichtungen auch im Bereich des Großraubwildmanagements und insbesondere des Wolfmanagements voranzutreiben.“

Beschlusstext: Die Regierungen des Bundeslands Tirol und der beiden Autonomen Provinzen Bozen und Trient verpflichten sich, gemeinsame Initiativen zur Förderung der Forschungstätigkeit der universitären Einrichtungen in die Wege zu leiten, mit dem Ziel, die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen des Großraubwilds im alpinen Raum vor allem auf die landwirtschaftliche Tätigkeit in den drei Landesteilen zu analysieren. Insbesondere soll auf europäischer Ebene eine Überprüfung des Schutzstatus des Wolfes unter Berücksichtigung der neuesten Daten aus den Einzelstaaten und aus Europa gefordert werden, nachdem sich die Rahmenbedingungen, die vor mehr als 30 Jahren zur Einführung dieses Schutzstatus geführt haben, inzwischen wesentlich verändert haben. Zudem spricht sich der Dreier-Landtag dafür aus, das gemeinsame Büro der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino und das Generalsekretariat des EVTZ (Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit) mit der Aufgabe zu betrauen, spezifische Initiativen zur Erreichung der im vorhergehenden Punkt angeführten Ziele voranzubringen. Mehrheitliche Annahme!

 

Antrag „Gemeinsame Strategien gegen den Borkenkäfer“

Beschlusstext: Der Dreier-Landtag fordert die jeweiligen Landesregierungen auf, folgende Initiativen zu ergreifen, um vorteilhafte länderübergreifende Strategien gegen die Ausbreitung des Borkenkäfers, aber auch die Bringung und Nutzung des anfallenden Schadholzes betreffend, zu entwickeln:

  • Laufende Erhebungen zu machen, um die Ausbreitung des Schädlings zu monitieren, und die Daten regelmäßig auf EUREGIO Ebene auszutauschen;
  • Möglichkeiten der gegenseitigen Unterstützung auf EUREGIO-Ebene zu überprüfen, die eine schnelle Entnahme des Schadholzes aus den betroffenen Waldflächen fördern;
  • Die gemeinsame Forschung zur Erarbeitung neuer Bekämpfungsstrategien intensivieren;
  • Förderung auf EUREGIO Ebene der Ausbildung für Arbeitskräfte im Bereich Waldarbeit zwecks Reduzierung der Unfallgefahr;
  • Gemeinsame Strategie zur Wiederbewaldung unserer Forstflächen mit standortangepassten Forstpflanzen zu erarbeiten in Zusammenarbeit mit den Landesforstgärten.

Der Beschluss folgte einstimmig.

 

Bereich Wirtschaft

Antrag „Qualitäts- bzw. Herkunftsbezeichnung der Europaregion Tirol“

Beschlusstext: Der Dreier-Landtag überprüft die Schaffung einer Qualitäts- bzw. Herkunftsbezeichnung für Produkte aus der Europaregion Tirol und beauftragt die Landesregierungen, die notwendigen Maßnahmen zu prüfen. Der Antrag wurde angenommen.

 

Die Sitzung wird morgen Donnerstag, 15. Juni 2023 um 9.30 Uhr wieder aufgenommen. Dann werden die Themenblöcke Schulwesen und Kultur, Gesundheit und Sozialwesen sowie Verkehr, bei dem auch der Tiroler Leitantrag enthalten sein wird, behandelt. Im Anschluss findet um ca. 13.30 Uhr die gemeinsame Pressekonferenz der PräsidentInnen im Kongresszentrum statt.

 

Über den Dreier-Landtag

Planmäßig alle zwei Jahre kommen die Landtagsabgeordneten von Tirol, Südtirol und Trentino zu einer Sitzung zusammen, um über gemeinsame Anliegen zu debattieren und entsprechende Beschlüsse zu verabschieden. Diese Dreier-Landtage sind in ihrer Form einzigartig und ein europäisches Vorzeigeprojekt. Begonnen hat alles am 21. Mai 1991, als Südtirols Landtagspräsidentin Rosa Franzelin-Werth erstmals alle Abgeordneten von Tirol, Südtirol, Trentino und auch Vorarlbergs zu einer Plenarsitzung in das Kurhaus Meran lud. Der Grundstein für den späteren Dreier-Landtag war gelegt. Ziel war es damals, das 1949 geschlossene „Accordino“ zu reformieren. Während dieses „kleine Abkommen“ die Annäherung der historisch eng verbundenen Länder noch primär über wirtschaftliche Beziehungen zu erreichen versuchte, strebte man 1991 auch eine verstärkte Kooperation in kulturellen, sozialen und politischen Bereichen an.

Als sich der Vorarlberger Landtag nach der zweiten Sitzung wieder aus dem Gemeinsamen Landtag zurückzog, um seinen Fokus verstärkt auf die Bodenseeregion zu legen, tagte 1996 erstmals der Dreier-Landtag in der heute noch bestehenden Zusammensetzung – das „Ländle“ nimmt Beobachterstatus ein.