Ernährung Wolf
Wölfe sind Fleischfresser. Sie sind auf die Jagd großer Huftiere (Schalenwild) spezialisiert. Die Hauptbeutetiere (meist über 90% der Nahrung) sind in Mitteleuropa v.a. Rehwild, Rotwild, Schwarzwild, je nach Region und Verfügbarkeit auch Gamswild, Muffelwild oder Damwild. Als Nahrungsopportunist ist die Zusammensetzung des Beutespektrums vom Ausmaß der vorhandenen Wildart abhängig. Zusätzlich bevorzugen sie jene Tiere, welche am einfachsten zu erbeuten sind, dies sind meist junge, alte oder kranke Tiere. Neben den freilebenden Huftieren werden auch Hasen, Mäuse, Murmeltiere oder gebietsweise auch Biber gefressen. Gelegentliche pflanzliche Nahrung wie z.B. Heidelbeeren und Brombeeren erweitern das Nahrungsspektrum des Wolfes. Bietet sich die Gelegenheit, dann tötet der Wolf auch Nutztiere, jedoch nimmt der Anteil von Nutztieren in der Ernährung des Wolfes in der Regel nur eine geringe Rolle ein. In Ländern in denen wildlebende Huftiere weitestgehend fehlen, kann der Anteil an Nutztieren in der Nahrung von Wölfen hingegen einen erheblichen Anteil einnehmen (z.B. in Spanien, Portugal). Die Nahrungsverfügbarkeit ist ein wesentlicher Faktor für das Vorkommen und die Dichte einer Wolfspopulation. Österreich hat eine der höchsten Schalenwilddichten in Europa und somit eine sehr gute Nahrungsgrundlage an Wildtieren.
In freier Natur kommt es durchaus vor, dass ein Wolf über längere Zeit keine Beute macht. Jedoch ist er dann auch imstande auf einmal bis zu 10 kg Fleisch zu verzehren. Ein erwachsener Wolf benötigt täglich etwa 4 kg Beute (Fleisch, Haut, Knochen). Oft wird die Frage gestellt, wieviel Schalenwild ein Wolf pro Jahr benötigt. Übers Jahr gerechnet kommt man bei 4 kg Beute pro Wolf auf etwa 1500 kg. Laut einer BOKU Studie zu den Auswirkungen von rückkehrenden Wölfen (2018) wären das grob geschätzt 130 Rehe oder 35 Stück Rotwild (aufgebrochen, Durchschnitt aller Altersklassen). Wotschikowsky (2006) berechnete den ungefähren Nahrungsbedarf eines Wolfes auf Grundlage der Nahrungsanalysen in der deutschen Lausitz (Sachsen und Brandenburg). Unter Berücksichtigung neuerer Daten aus der Nahrungszusammensetzung ergibt sich, dass ein Wolf im Jahr etwa 67 Stück Rehwild, neun Stück Rotwild und 16 Stück Schwarzwild erlegt. Wenn man diesen Wildbedarf auf ein Rudel und die dort durchschnittliche Reviergröße von 25.000 ha umlegt, kann man berechnen, wieviel Stück Schalenwild ein Rudel pro 100 ha jährlich erlegt: 1,6 Rehe, 0,22 Stück Rotwild und 0,4 Wildschweine. Das sind 2,22 Stück Schalenwild pro 100 ha. Diese Erkenntnisse weisen darauf hin, dass die Nutzungsrate der Wölfe in der Regel unter jener durch nachhaltige Bejagung liegt. Die genaue Berechnung können Sie im Artikel Wölfe und Schalenwild nachlesen.
Vor allem bei Übergriffen auf Nutztiere kommt es immer wieder vor, dass Wölfe mehrere Tiere töten als sie auf einmal fressen können. Man spricht von Mehrfachtötung (Surplus killing). Dieses Phänomen ist von mehreren Beutegreifern wie z.B. Fuchs oder Marder im Hühnerstall oder auch von Hunden bekannt. Bei der Jagd auf freilebende Huftiere hat der Wolf kaum die Gelegenheit mehr als ein Tier zu erbeuten, da die übrigen Tiere die Flucht ergreifen und nicht mehr fassbar sind. Unter menschengeschaffenen Bedingungen, wie bei der Nutztierhaltung von z.B. Schafen tritt dies hingegen häufiger auf und es wird oft mehr als ein Schaf getötet. Grund dafür ist, dass das Fluchtverhalten von Nutztieren wie Schafe durch die Domestikation deutlich weniger ausgeprägt ist und diese Tiere meist in hoher Dichte auf begrenztem Raum stehen. Diese in freier Natur kaum gegebene Situation, stellt für den Wolf eine günstige Gelegenheit dar und führt dazu, dass mehr Tiere getötet als gefressen werden. Gegebenenfalls würde er zu einem späteren Zeitpunkt zu einer weiteren Nutzung zurückkommen.